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Auf der letzten Rille – Bundestag beschließt EEG-Reparaturgesetz
(Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses abrufbar hier). Kern der Novelle ist der schrittweise Aufbau einer nationalen Wasserstoffinfrastruktur.
Angedockt an dieses Artikelgesetz wurde – wie bereits Ende 2020 absehbar war – auch das EEG 2021 noch einmal angefasst. Anders als die weithin geläufige Bezeichnung „EEG-Reparaturgesetz“ vermuten lässt, finden sich darin keineswegs nur dringend notwendige redaktionelle Änderungen. So sollen nun 2022 die Sonderausschreibungen für Wind und Solar kommen (wir berichteten hier). Auch die bereits seit April absehbare Streichung des Ausschreibungsverfahrens zur Anschlussförderung von Windenergieanlagen an Land (wir berichteten hier) findet sich im Änderungsgesetz. Darüber hinaus hält das Gesetz aber auch die eine oder andere Überraschung bereit:
Finanzielle Beteiligung von Kommunen
Der bisherige § 36k EEG 2021 wird in § 6 EEG 2021 überführt und in diesem Zuge erfreulicherweise auch auf Freiflächenanlagen erstreckt. Hierauf hatte die Solarbranche gedrungen, um mit diesem Instrument ebenfalls auf Akzeptanzprobleme gerade bei großen Freiflächenanlagen reagieren zu können. Begünstigt sind alle Freiflächenanlagen unabhängig von ihrer installierten Leistung und der Frage, ob überhaupt eine Förderung nach EEG in Anspruch genommen wird.
Ebenso wie bei Windenergieanlagen dürfen künftig auch hier 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge an die betroffenen Gemeinden gezahlt werden. Als betroffen gelten hierbei allerdings ausschließlich die Standortgemeinden, auf deren Gemeindegebiet sich die Anlage befindet. Vereinbarungen über freiwillige Zuwendungen an die Gemeinde dürfen vor Genehmigung der Freiflächenanlage geschlossen werden, allerdings nicht vor dem Beschluss des notwendigen Bebauungsplans.
Die freiwillig an die Gemeinden geleisteten Zahlungen werden sowohl für Windenergieanlagen als auch für Freiflächenanlagen im Rahmen der Endabrechnung im Folgejahr vom Netzbetreiber erstattet. Insoweit hat der Gesetzgeber nunmehr klargestellt, dass der Erstattungsanspruch nur dann besteht, wenn die Anlagenbetreiber auch eine Förderung nach dem EEG 2021 in Anspruch nehmen. Damit dürfte ein Erstattungsanspruch jedenfalls dann ausgeschlossen sein, wenn der Förderzeitraum abgelaufen ist oder sich die Anlagen – trotz Vorliegen eines Zuschlags –über PPA finanzieren. Dies war zur bisherigen Gesetzesfassung des § 36k Abs. 3 EEG 2021 umstritten. Die Fachagentur Windenergie an Land hatte hierzu eine abweichende Auffassung vertreten (abrufbar hier).
Windenergie
Auch für Windenergieanlagen schärft der Gesetzgeber die Regelung zur finanziellen Beteiligung von Kommunen noch einmal nach, um bestehende Rechtsunsicherheiten zu beseitigen. So wird nun klargestellt, dass zur Ermittlung der betroffenen Gemeinden auf einen Umkreis von 2.500 m um die Turmmitte der Windenergieanlagen abgestellt werden soll. Zudem findet sich nun eine Regelung zum Umgang mit gemeindefreien Gebieten. Insoweit soll der nach Landesrecht jeweils zuständige Landkreis als betroffen gelten.
Einen weiteren zeitlichen Aufschub erhalten Bürgerenergiegesellschaften, die im Jahr 2017 einen Zuschlag ohne immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhalten hatten. Aufgrund der Verzögerungen durch die Corona-Pandemie können diese bei der Bundesnetzagentur eine einmalige Fristverlängerung von weiteren zwölf Monaten beantragen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass dem Zuschlag bereits eine Genehmigung zugeordnet wurde.
Um die Ausbauhemmnisse im Windbereich zu minimieren, wird in § 99a EEG 2021 zudem eine jährliche Berichtspflicht für die Bundesregierung zum Thema Funknavigation und Windenergieanlagen eingeführt. Ziel ist die Erfassung und das Monitoring von möglichen Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Windenergieanlagen und dem Betrieb von Drehfunkfeuern.
Biomasse
Gute Nachrichten für die Betreiber bestehender Biomasseanlagen: Der Gesetzgeber nimmt die Kürzung des Flexibilitätszuschlages in der Anschlussförderung weitgehend zurück. Völlig überraschend war Mitte Dezember 2020 die Regelung in das EEG 2021 aufgenommen worden, dass eine Flexibilitätsprämie während der Anschlussförderdauer nur noch für den Leistungsteil in Anspruch genommen werden konnte, die gegenüber der Flexibilitätsprämie zusätzlich flexibel bereitgestellt wird (wir berichteten hier). Damit wurden letztlich Anlagenbetreiber bestraft, die in Vorbereitung auf die Anschlussförderung ihre Anlage bereits durch Leistungszubau flexibilisiert hatten. Dies warf eine Reihe ungeklärter Anwendungsfragen auf und führte nicht zuletzt zu einer erheblichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen der Anschlussförderung.
Künftig soll nur noch eine moderate Kürzung des Flexibilitätszuschlages erfolgen, falls der Anlagenbetreiber zuvor bereits die Flexibilitätsprämie in Anspruch genommen hatte. Zum einen ist im Gesetz nun explizit geregelt, welcher konkrete Leistungsanteil betroffen sein soll. Der Berechnungsmodus orientiert sich an den tatsächlich erhaltenen Zahlungen aus der Flexibilitätsprämie und führt so zu einer deutlichen Entlastung von Betreibern, die erst kurz vor dem Wechsel in die Anschlussförderung flexibilisiert hatten. Zum anderen entfällt für den so berechneten Leistungsanteil der Flexibilitätszuschlag nicht vollständig. Stattdessen wird er lediglich von 65 €/kW auf 50 €/kW abgesenkt.
Das Nachsehen haben hier allein die 33 Bestandsanlagen, die in der Gebotsrunde zum 01.03.2021 einen Zuschlag erhalten haben. Denn für sie bleibt es bedauerlicherweise bei der unklaren und unwirtschaftlichen Kürzung des Flexibilitätszuschlages.
Solarenergie
Im Bereich der Solarenergie erfährt vor allem das Ausschreibungsdesign für Dachanlagen (Anlagen des zweiten Segments) erhebliche Vereinfachungen. So berechtigt der Zuschlag künftig unmittelbar zur Inanspruchnahme der Förderung. Die bisher zusätzlich notwendige Zahlungsberechtigung entfällt. Zudem verfällt der Zuschlag nicht mehr bei Überschreitung bestimmter Realisierungsfristen, sondern gilt ab Veröffentlichung 21 Jahre. Bei sehr zügiger Realisierung wird dadurch sogar die Gesamtförderdauer um bis zu ein Jahr verlängert. Wird die Anlage dagegen erst mehr als ein Jahr nach Zuschlagserteilung in Betrieb genommen, bleibt der Zuschlag – anders als bisher – weiter gültig.
Im Zusammenhang damit müssen die Bieter künftig anstelle einer Sicherheit in Höhe von 70 €/kW einen sog. Projektsicherungsbeitrag in Höhe von 35 €/kW leisten. Dieser kann – anders als die vorherige Sicherheit – nicht als Bürgschaft hinterlegt werden, sondern muss bar auf ein Verwahrkonto der Bundesnetzagentur eingezahlt werden. Nach Realisierung der Dachanlage zahlt der Netzbetreiber den Betrag im Rahmen der ersten Endabrechnung zurück.
Für Solaranlagen des ersten Segments (Freiflächenanlagen) entfällt das Erfordernis der Zweitsicherheit. Künftig ist unmittelbar bei Gebotsabgabe eine Sicherheit in Höhe von 50 €/kW zu leisten. Diese reduziert sich künftig nicht nur bei Vorlage eines beschlossenen Bebauungsplans auf 25 €/kW, sondern auch bei einem Nachweis für die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nach § 38 BauGB.
Zudem verlängert der Gesetzgeber die Realisierungsfrist für Freiflächenanlagen, die in den Gebotsterminen 2021 und 2022 einen Zuschlag erhalten haben, von 24 auf 32 Monate. Die Meldung im Marktstammdatenregister muss innerhalb von 34 Monaten erfolgen. Damit verbunden ist allerdings eine zusätzliche Verringerung des anzulegenden Werts um 0,3 ct/kWh, falls die ursprünglich geltenden Realisierungsfristen überschritten werden.
Schließlich gibt es noch eine gute Nachricht für besondere Solaranlagen (Agri PV und Floating Solar): Das zusätzliche Ausschreibungsvolumen für 2022 im Rahmen der Innovationsausschreibung wird von 50 MW auf 150 MW heraufgesetzt. Ursprünglich geplant waren hier 100 MW (wir berichteten hier). Weitere Informationen zu besonderen Solaranlagen finden Sie hier.
EEG-Umlage
Freuen können sich auch die Betreiber kleiner EE-Anlagen bis 30 kW, die ihren Strom zur Eigenversorgung nutzen. Die bisherige Freigrenze von 30.000 kW pro Jahr entfällt komplett, so dass künftig der gesamte aus diesen Anlagen selbstverbrauchte Strom EEG-umlagefrei ist. Dies bringt erhebliche Erleichterungen mit Blick auf das erforderliche Messkonzept sowie die administrativen Pflichten mit sich.
Beihilferechtlicher Genehmigungsvorbehalt
Ein Großteil der Neuregelungen bedarf zu ihrer Wirksamkeit allerdings noch der Genehmigung durch die europäische Kommission. Vor Erteilung der Genehmigung dürfen Neuregelungen wie die Erhöhung des Ausschreibungsvolumens oder die finanzielle Beteiligung von Kommunen bei Freiflächenanlagen nicht angewandt werden. Die nächste (unter Umständen monatelange) Hängepartie ist also vorprogrammiert. Wie immer werden wir Sie hierzu auf dem Laufenden halten.
- Quelle:
- prometheus
- Autor:
- Pressestelle
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- Windenergie Wiki:
- MW, Bundesnetzagentur