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Auf der Suche nach dem perfekten System
In Deutschland, wo im vergangenen Jahr erstmals Ausschreibungen für Windenergie an Land durchgeführt wurden, zeigte sich schnell, dass die Idee zur Förderung von Bürgerwindprojekten zwar gut gemeint, in der Ausführung allerdings mangelhaft war und ernste Konsequenzen für die professionellen Projektierer hatte. Die gingen in den ersten Ausschreibungsrunden bis auf wenige Ausnahmen komplett leer aus, da sie unter Vorlage einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz mit den aktuellen Preisen kalkulieren mussten, während die Bürgerwindprojekte ohne entsprechende Genehmigung und in einer größeren Zeitspanne zur Umsetzung in der Hoffnung auf eine weitere Kostenreduzierung die Preise drücken konnten.
Nach massiver Kritik aus der Branche reagierte die Politik und änderte 2018 die Voraussetzungen zur Teilnahme an den Ausschreibungen. Die Ergebnisse der ersten Runde 2018 – eine Teilnahme war nur mit bereits erteilter Genehmigung möglich – wurden von den Projektierern jedenfalls bereits mit Wohlwollen aufgenommen. Die Nachjustierung am EEG hatte zur Folge, dass wieder realistischere Projektpreise möglich waren.
Bild: K. Radtke
„Die zurückgehende Zahl der Gebote zeigt, dass die Ausschreibungen von Windenergieanlagen kein Selbstläufer sind“, sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, bei der Verkündung der Ergebnisse. „Die Steigerung des Zuschlagswertes auf nunmehr 4,6 Cent verdeutlicht, dass in den früheren Geboten ohne Genehmigung und Realisierungszeiträumen von 4,5 Jahren andere Technologie- und Preisentwicklungen unterstellt wurden, als dies bei Geboten mit Genehmigungen und Realisierungsfristen von 2,5 Jahren der Fall ist.“
Aktuell läuft bereits die zweite Ausschreibung des Jahres über eine Menge von knapp 700 Megawatt. Noch bis zum 1. Mai können Gebote abgegeben werden.
Auch in Italien sollen in diesem Jahr noch einige hundert Megawatt Leistung per Ausschreibungsverfahren vergeben werden. Dies hat die italienische Regierung angekündigt. Dabei soll es zukünftig auch technologieoffene Ausschreibungen geben, sprich gemischte Solar- und Windkraft-Ausschreibungen für Projekte mit mehr als 1 MW Leistung. Kleinere Leistungsmengen werden in separaten Verfahren vergeben, wie das PV Magazin berichtet.
In den kommenden beiden Jahren sollen so insgesamt ca. 4,8 Gigawatt bei den Großprojekten ausgeschrieben werden. Da auch in Deutschland künftig technologieoffene Ausschreibungen anstehen, dürfte dabei im Mittelpunkt des Interesse stehen, wie sich das Verhältnis von Solar- und Windkraftanlagen entwickeln wird. Welche Technologie kann sich langfristig eher in diesem System durchsetzen?
Derweil treten in Frankreich ganz andere Probleme zutage. Bereits 2012 und 2014 wurden dort ca. 3 Gigawatt für Offshore-Windparks per Ausschreibung vergeben. Allerdings hat es bislang keines der Projekte in die Bauphase geschafft, obwohl die Windparks eigentlich demnächst ihren Betrieb aufnehmen sollten. In der Zwischenzeit sind andere Länder im Offshore-Bereich längst an den Franzosen vorbei gezogen.
Länder wie Großbritannien, Deutschland, Dänemark und die Niederlande haben ihre Offshore-Industrie massiv voran getrieben. Dadurch sind auch die Preise für Offshore-Strom signifikant gefallen. Auch die Forschung hat mit verschiedenen technischen Innovationen, die zum Zeitpunkt der Vergabe in Frankreich noch undenkbar waren, die Preise weiter gedrückt.
Nun vermeldet die Nachrichtenagentur Reuters auf Berufung auf das französische Medium Les Echos Quellen, dass die französische Regierung nicht mehr glücklich mit den damaligen Preisen von rund 200 Euro pro MWh ist. Seitdem haben sich die Preise für Offshore-Windenergie mehr als halbiert, sodass die französische Energieregulierungsbehörde CRE die hohen Kosten der geplanten Subventionen kritisiert (Bild rechts: M. Tschierschke). Man will daher die Konditionen neu verhandeln. Wenn das nicht möglich ist, denkt die Regierung offenbar darüber nach, die Projekte zu annullieren und neue Ausschreibungen zu starten.
Erste Experten warnen allerdings bereits vor diesem Szenario, das ein schlechtes Signal in die gesamte Industrie senden könnte. Wie sich am Beispiel Spaniens gezeigt hat, ist nichts so sehr Gift für die Branche wie sich ständig verändernde politische Rahmenbedingungen.
- Autor:
- Katrin Radtke
- Email:
- presse@windmesse.de
- Keywords:
- Ausschreibung, Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, offshore, onshore, technologieoffen
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