2024-11-21
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Kommentar: Klimaschutz als Wahlkampfthema? (K)ein Widerspruch-?-

In den USA nähert sich der Wahlkampf dem Ende, in knapp zwei Wochen wird abgestimmt. Bemerkenswert an der Schlammschlacht, zu der sich der Zweikampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump entwickelt hat, ist vor allem die Tatsache, dass in vier öffentlichen TV-Duellen (rechnet man die Debatte der designierten Vize-Präsidenten mit ein) das Thema Klimaschutz nicht einmal auf den Tisch gekommen ist. Weder die Moderatoren noch die Zuschauer vor Ort stellten dazu eine einzige Frage. Motto: „Wir haben wirklich wichtigere Probleme…“

Oder?

Ein Blick auf die neuesten Zahlen macht deutlich, dass das Klimaabkommen von Paris aus dem letzten Jahr, das weltweit noch für Jubel gesorgt hatte, vielleicht schon zu spät kam. Der September war weltweit der heißeste, jemals aufgezeichnete September, wie die NASA berichtet. Zum 386. Mal in Folge lag die Temperatur eines Monats über dem Durchschnitt. Die CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchstwert erreicht, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) vermeldet. Es wird also dringend Zeit, dass auf schnellstem Wege Konsequenzen gezogen werden. Der CO2-Ausstoß muss sinken, dazu ist es notwendig, endlich die Drecksschleudern unter den Kohlekraftwerken abzuschalten. An Speicherlösungen muss ebenso gearbeitet werden, wie an der Sektorkopplung, denn die Energiewende muss die gesamte Gesellschaft durchdringen und darf sich nicht nur auf bestimmte Teilbereiche begrenzen. Alternativen dafür gibt es nicht - das Zerschellen der europäischen Sonde auf dem Mars hat gerade eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass wir eben keinen zweiten Planeten in der Hinterhand haben, sollte es auf der Erde doch schief gehen.

Welche Rolle solche Zahlen im Wahlkampf spielen, macht auch ein Blick in die Berliner Regierungsbüros deutlich. Dort wird zur Zeit über den deutschen Klimaschutzplan für 2050 gestritten, der das Pariser Abkommen umsetzen soll. Dabei ist der Wahlkampf auch hier bereits in vollem Gang, denn schließlich gehen die Deutschen im kommenden Jahr an die Urne. Und er tobt, der Kampf um Wählerstimmen und Stammklientel. Anders kann man das von der CDU in den vergangenen Tagen zelebrierte Anbiedern an die Kohlewirtschaft nicht nennen.

Der von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vorgelegte Entwurf eines Klimaschutzplans bis zum Jahr 2050 ist beim Koalitionspartner nicht gut angekommen. Das jedenfalls macht der Verriss deutlich, den einige Spitzenpolitiker der CDU als Antwort schickten und der einigen Medien wie dem Handelsblatt vorliegt.

In ihrem Papier legen die Damen und Herren von der CDU eine beeindruckende Blindheit gegenüber dem Klimawandel an den Tag – alles unter dem Deckmantel 'Wirtschaft, Wohlstand und sozialen Zusammenhalt in unserem Land' erhalten zu wollen. Erstes Opfer wird dabei die Sektorkoppplung, die zukünftig nicht weiter gefördert werden soll. Stattdessen müsse man über einen längerfristigen Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken mit CCS-Technologie nachdenken, denn „unsichere Strom- bzw. Gasimporte“ aus dem Ausland gefährden die deutsche Republik.

Ein Schelm, wer dabei Böses denkt. Erinnern wir uns, vor ein paar Jahren, es war auch Wahlkampf, was der damalige Bundesumweltminister und heutige Kanzleramtschef Peter Altmeier in die Welt setzte: Blackouts werden Deutschland heimsuchen, wenn es zu viel erneuerbaren Strom im Netz gibt. Ein Versuch, die deutsche Atomindustrie bei Stange zu halten und den Atomausstieg vielleicht doch noch irgendwie rückgängig zu machen. Natürlich sieht die Realität völlig anders aus: Nirgends auf der Welt gibt es so wenig Stromausfälle wie in Deutschland. Daran wird auch das Herunterfahren des letzten Reaktors 2022 nichts ändern.

Nun sollen uns also die Kohlekraftwerke vor dem Blackout schützen. Zusätzlich ist in dem Papier immer wieder die Rede von Wettbewerb und Konkurrenz, die zwingend nötig seien, um alle Technologien zu fördern. Auf gut deutsch: Keine Extra-Förderung mehr für erneuerbare Energien. Sollen die auf einem Markt mit den Dreckschleudern doch sehen, wer am Ende günstiger ist. Das dürfte vielleicht sogar das ein oder andere Wirtschaftsunternehmen freuen und ein paar Wählerstimmen einbringen. Von den Milliarden an Subventionen, die jahrzehntelang in die fossile Energiewirtschaft geflossen sind - und noch fließen -, spricht leider keiner.

Aber halt? Ist es wirklich so, dass die Wirtschaft uneingeschränkt hinter diesem Kurs steht? Eine Initiative aus den Niederlanden zeigt gerade, dass die Industrie vielleicht doch schneller im Umschalten ihrer Denkmuster ist als die regierenden Herrschaften. Dort haben sich 39 Wirtschaftsbetriebe zusammen geschlossen und fordern ihre Regierung auf, mehr Tempo bei der Umsetzung der Energiewende an den Tag zu legen. Dies sei zwar teurer, aber auch nachhaltiger und letztlich klüger.

Wer hat denn nun den Wandel der Zeit verschlafen? Es ist wohl in den Köpfen vieler Politiker noch nicht angekommen, dass das Thema Klimaschutz/Energiewende für immer mehr Menschen eine immer zentralere Rolle spielt. 85 Prozent der Bevölkerung sprechen sich in aktuellen Umfragen für mehr Umweltschutz aus. Da müsste doch mal jemand nachrechnen, wie viele Wählerstimmen das sein könnten.

(Foto rechts: Turbine im Hamburger Hafen, Bild: Katrin Radtke)

Autor:
Katrin Radtke
Email:
kr@windmesse.de
Windenergie Wiki:
Turbine, Trump, Sektorkopplung, Hamburg, Energiewende, Barbara Hendricks



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