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Das Projekt EnBW Baltic 2
Obwohl Deutschland den Vorteil besitzt, zwei Meere vor der Haustür zu haben, liegt das bauliche Hauptaugenmerk klar in der Nordsee. Schwierigere Bodenverhältnisse, stark frequentierte Schifffahrtsrouten und hohe Umweltschutzanforderungen erschweren den Offshore-Bau in der Ostsee. Trotzdem ist dort ein erster deutscher Windpark bereits ans Netz angeschlossen: Der EnBW Baltic 1 liefert seit 2011 Strom für rund 50.000 Haushalte.
Der deutsche Energieversorger EnBW konnte so bereits erste Erfahrungen sammeln und verwertet diese nun beim Bau des zweiten Ostsee-Windparks EnBW Baltic 2. Der Park liegt 32 Kilometer nördlich der Insel Rügen im Dreiländereck zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden. Dort befindet sich ein Flachwassergebiet mit Wassertiefen von 23 bis 44 Metern, wo derzeit auf einer Fläche von rund 27 km² der Park errichtet wird. „Wir nutzen unsere wertvollen Erfahrungen aus dem Bau unseres ersten Windkraftprojekts EnBW Baltic 1, um EnBW Baltic 2 mit ganzer Kraft zu realisieren”, so Jens Kühnel, Manager Maritime Logistik der EnBW über das Projekt. Der neue Park ist vier Mal so groß wie EnBW Baltic 1 und liefert nach der Fertigstellung sechs Mal so viel Strom.
Das Projekt EnBW Baltic 2
Erste Pläne für diesen Windpark gab es bereits seit dem Jahr 2001, damals noch von der Offshore Ostsee Wind AG initiiert. Zunächst fungierte das Projekt unter dem Namen 'Kriegers Flak', wurde jedoch im Laufe der Jahre zu Baltic 2 geändert. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) erteilte 2005 die Baugenehmigung, im Jahre 2008 wechselte der Besitzer: EnBW übernahm die Anteile der Offshore Ostsee Wind AG und fungiert seitdem als ausführender Bauherr.
Im Jahr 2010 wurden letztlich die Großaufträge vergeben, so wurde u.a. Siemens als Turbinenlieferant ausgewählt. Das Unternehmen liefert 80 Anlagen vom Typ SWT 3,6-120, die knapp 139m aus dem Meer herausragen und über einen Rotordurchmesser von 120m verfügen. Der Baubeginn wurde zunächst für das Jahr 2012 festgelegt, allerdings kam es aufgrund schwierige Bodenbedingungen zu Verzögerungen, sodass die Bauvorbereitungen mehr Zeit in Anspruch nahmen. Letztlich wurde 2013 mit dem Bau begonnen.
Im Park kommen aufgrund der unterschiedlichen Wassertiefe unterschiedliche Fundamenttypen zum Einsatz: Da Monopiles nur bis 35m Wassertiefe verwendbar sind, wird Baltic 2 mit 39 Monopiles ausgerüstet, die restlichen 41 Turbinen werden auf Jackets aufgestellt. Der Park wird nach seiner Fertigstellung über eine Leistung von 288 MW verfügen und kann 340.000 Haushalte mit sauberer Energie versorgen. Zusätzlich werden durch die Offshore-Energie 900.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart.
Voranschreiten der Bauarbeiten
Anfang des Jahres 2013 wurde schließlich mit dem Verlegen der Seekabel begonnen. Dabei wird auf die bereits vorhandene Logistik zurück gegriffen: Der Strom wird in Zukunft per Kabel von der von Alstom und Weserwind gefertigten Umspannstation über den ersten Windpark EnBW Baltic 1 an Land transportiert, wo er im Umspannwerk Bentwisch hoch transformiert und von der 50 Hertz Transmission GmbH ins deutsche Netz eingespeist wird.
Im August letzten Jahres begann schließlich die Installation der Fundamente. „Mit der Installation der Fundamente starten wir in die entscheidende Projektphase, in der nun unser zweiter Offshore-Windpark draußen auf dem Meer konkret Gestalt annimmt. Darauf haben wir – und insbesondere unser Offshore-Team – lange hingearbeitet“, erklärte der EnBW-Technikvorstand Dr. Hans-Josef Zimmer.
Mittlerweile sind alle Fundamente installiert und die nächste Bauphase steht unmittelbar bevor: Die Errichtung der Turbinen. Seit Anfang Juni werden die Großkomponenten für die Turbinen im Hafen Sassnitz-Mukran auf Rügen angeliefert, von wo aus der Bau durch EnBW gesteuert wird. Turmteile, Verbindungsstücke zwischen Gondel und Rotorblatt, Schaltschränke, Transformatoren sowie die Rotorblätter und Gondeln werden hier zunächst zwischengelagert, bevor ENBW in den kommenden Sommermonaten die Turbinen in der Ostsee aufstellt.
Auch die Verlegung der Seekabel läuft derweil auf Hochtouren weiter: Mehr als die Hälfte der rund 86 km Kabellänge sind bereits verlegt, sodass eine Inbetriebnahme des Parks noch in diesem Jahr sehr wahrscheinlich ist.
Das Projekt Offshore Interkonnektor
Ursprünglich sollte Baltic 2 Teil eines großen internationalen Projekts sein: Dänemark plante im Dreiländereck ebenfalls einen Windpark, allerdings mit sehr viel größeren Ausmaßen: Der 600 MW Park – mit dem Namen Kriegers Flak – sollte über eine spezielle Netzverbindung mit dem deutschen Park verbunden werden. So wäre der Stromhandel zwischen den beiden Ländern vereinfacht worden. Auch Schweden hätte nachträglich an dieses 'Supergrid' angeschlossen werden können, wodurch europaweit mehr Verbraucher mit umweltfreundlicher Energie hätten versorgt werden können. Zusätzlich hätte dies eine Stärkung der regionalen Energiemärkte sowie eine erhöhte Liefersicherheit für alle beteiligten Länder bedeutet.
Die EU hatte dieses einzigartige Pilotprojekt bereits 2010 mit Fördergeldern in Höhe von 150 Millionen Euro ausgestattet. „Auf internationaler Ebene wird dieses Projekt mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, da es als Modell für zukünftige Offshore-Stromnetze in der Ostsee, Nordsee und im Mittelmeer dienen kann“, so damals Peter Jorgensen vom beteiligten dänischen Energieversorger Energinet.dk. Auf deutscher Seite ist 50 Hertz beteiligt, die auch den Anschluss für Baltic 2 durchführen.
Allerdings hat sich dieses Projekt Anfang Juni zerschlagen: Dänemark gab zunächst bekannt, dass der Bau von Kriegers Flak um zwei Jahre nach hinten verschoben wird. Ursprünglich war angedacht, den Park in den Jahren 2018 bis 2020 ans Netz anzuschließen, jetzt wird jedoch nicht mit einem Baustart vor 2020 gerechnet. Das macht eine Inbetriebnahme vor 2022 unwahrscheinlich. Dänemark will die Stromkosten für Verbraucher senken und stattdessen die Produktivität anderer Projekte erhöhen, wodurch man auf ein sicheres Klima für Investoren hofft.
Im gleichen Atemzug verkündete Energinet.dk jedoch auch, dass Kriegers Flak mit einem herkömmlichen AC-Netzanschluss ausgestattet wird und das DC-Supergrid damit vom Tisch ist. Die Ausschreibung für die benötigte Umspannstation vor Ort hatte letztlich gezeigt, dass die Kosten viel höher als geplant geworden wären. Das Projekt eines international verbundenen Netzes wäre damit unter diesen Umständen ökonomisch unrentabel geworden.
Allerdings betonte das Unternehmen, auch weiterhin an diesem Projekt arbeiten zu wollen. „Gleichzeitig setzen wir unsere Zusammenarbeit mit unserem deutschen Partner 50 Hertz Transmission fort, um eine neue technische Lösung für eine Stromverbindung zwischen Dänemark und Deutschland zu suchen, die an ein AC-Netz angeschlossen werden kann“, stellte Dorthe Vinther, Vizepräsidentin von Energinet.dk klar. Die Pläne für ein Supergrid sind damit also noch nicht komplett vom Tisch.
Quelle der Fotos: EnBW - Bautagebuch EnBW Baltic 2
- Autor:
- Katrin Radtke
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