2024-11-24
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Diskussionsrunde in Hamburg: „Windenergie: Auch nach 2014 Lokomotive der Energiewende?“

Vergangene Woche trafen sich in Hamburg Branchenvertreter zu einem Windstammtisch des BWE in Zusammenarbeit mit dem Cluster Erneuerbare Energien Hamburg

Im Rahmen der Veranstaltung gab es eine Diskussionsrunde mit prominenter Beteiligung, die unter der Fragestellung „Windenergie: Auch nach 2014 Lokomotive der Energiewende?“ aktuelle Themen der Windbranche erörterte. Geleitet wurde die Gesprächsrunde von Olaf Preuß, Wirtschaftsredakteur des Hamburger Abendblatts und ausgewiesener Energieexperte, der bereits mehrere Bücher zum Thema veröffentlicht hat.

 

Weitere Teilnehmer des Panels:

  • Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands WindEnergie (BWE)

  • Staatsrat Dr. Christoph Krupp, Senatskanzlei Hamburg

  • Hendrik Böschen, Geschäftsführer Senvion Deutschland

  • Dr. Helmut Klug, Managing Director bei DNV GL

  • Nils Driemeyer, Senior Vice President der HSH Nordbank

  • Heinrich Lieser, Geschäftsführer der NOTUS Energy.

Im Fokus standen der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des EEG, die derzeitige Stimmung der Branche sowie die Einschätzung zu Zukunftsaussichten für die Windenergie.

BWE-Präsident Hermann Albers kritisierte zunächst die Reformvorschläge von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel als unangemessen. Im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion stehe vor allem das Potenzial zur Kosteneinsparung für die Bürger, indem weniger Investitionen in die Branche der erneuerbaren Energien fließen sollen. Der BWE hat aus diesem Grund eine Studie in Auftrag gegeben, in der untersucht wird, wie hoch das Sparpotenzial wirklich ist. Die Studie sei zu dem Schluss gekommen, dass die erneuerbaren Energien tatsächlich mit bis zu 15% weniger Finanzhilfen auskommen könnten, ohne dass die Energiewende gefährdet sei. Die von Gabriel nun vorgestellten Pläne würden diesen Wert jedoch noch einmal um 15 bis 18% unterschreiten und der Windenergiebranche dadurch erheblichen Schaden zufügen. Heinrich Lieser vom Projektierer NOTUS Energy unterstützte diese Ansicht und warnte: „Die Situation ist nicht auf eine deutliche Expansion ausgelegt.“

Staatsrat Dr. Christoph Krupp aus dem Hamburger Senat war direkt an den Verhandlungen zur EEG-Reform beteiligt und konnte die Kritik an dem Gesetzentwurf nicht nachvollziehen. Er verwies stattdessen auf die gravierenden Unterschiede zu den ersten Reform-Vorschlägen, die seit letztem Jahr im Raum standen. Vor allem der Zusammenschluss der norddeutschen Bundesländer habe Schlimmeres verhindert: Gemeinsam wurde für den Erhalt der Windenergie gekämpft und allzu strenge Ausbaubegrenzungen verhindert. Er nannte vor allem die Änderung vom sogenannten 'Brutto-' zum 'Netto-Deckel' als wichtigen Punkt, da in seinen Augen ein Brutto-Deckel den weiteren Zubau faktisch zum Erliegen gebracht hätte. Zwar wäre die Windenergie gerne komplett ohne Deckel ausgekommen, aber als eine Art Zwischenmodell für die nächsten Jahre sollte das reformierte EEG laut Krupp für die nächsten Jahre Ausbausicherheit bringen.

Ähnlich äußerte sich Hendrik Böschen als Vertreter einer der großen deutschen Windturbinenhersteller: „Der Netto-Deckel ist in Ordnung, wir erwarten auch in diesem Jahr noch einen Zubau von 3000 MW onshore.“ Allerdings forderte er eine schnelle Verabschiedung des Gesetzes, möglichst zum anvisierten Termin im August 2014, da ansonsten die Verunsicherung wieder um sich greifen würde. Für dieses Jahr seien die Projekte zwar bereits in Auftrag gegeben, aber wenn die Verhandlungen zu lange dauern, würde das Wachstum für 2015 ausgebremst.

Gerade die Offshore-Windindustrie hat in den letzten Monaten immer wieder mit Sorge die Diskussion um die EEG-Reform verfolgt, stand sie doch aufgrund der hohen Kosten besonders in der Kritik. Helmut Klug von DNV GL äußerte sich zur momentanen Situation nach der Vorstellung des Gesetzentwurfs: Er betonte, dass in Deutschland momentan ein wahrer Offshore-Boom ausgebrochen sei – es sei hierzulande momentan sogar mehr Aktivität zu verzeichnen, als beim bisherigen Branchenprimus Großbritannien. Allerdings kann er die Einführung eines Offshore-Deckels nicht nachvollziehen und hätte gerne mit unbegrenztem Zubau weitergearbeitet. Gerade in der Offshore-Branche stehe aber Kontinuität im Vordergrund, ohne die der Zubau zum Erliegen kommen würde. Durch das reformierte EEG sieht er diese Kontinuität nun wieder hergestellt und betonte: „Es geht voran.“

Als ein problematischer Punkt im Gesetzentwurf wird neben der Deckelung gemeinhin die Einführung einer Ausschreibungspflicht ab dem Jahr 2017 gesehen. Moderator Preuß warf daher die Frage in den Raum, wer denn diese Ausschreibungen tätigen solle – die Regierung oder die Netzbetreiber? Heinrich Lieser ging darauf ein, dass bisher überhaupt nichts Konkretes festgelegt worden sei. Es handele sich nur um eine politische Absichtserklärung, mehr nicht. Wie der Ablauf der Ausschreibungen vonstatten gehen solle, konnte er sich allerdings auch nicht vorstellen. Bevor tatsächlich das Ausschreibungsmodell in Deutschland eingeführt wird, bedarf es also erst einer weiteren Reform, da im bisherigen Gesetzentwurf keine weiteren Vorgaben zu dem Thema konkretisiert worden sind.

Ohnehin konnte man in den letzten Wochen immer wieder Dissonanzen zwischen Berlin und Brüssel zu diesem Thema beobachten. Es ist unklar, wer für die Hereinnahme in den Gesetzentwurf überhaupt verantwortlich ist. Handelt es sich um eine Vorgabe der EU, die das Modell gerne europaweit einführen möchte oder hat die deutsche Regierung in einem Alleingang beschlossen, dass sie zu diesem Modell wechseln möchte? Albers kritisierte vor allem das Verhalten des zuständigen EU-Kommissar Joaquin Almunia, der „sich dazu einfach ausschweigt“. Der BWE-Präsident glaubt darin eine Schwäche der Europäischen Union zu erkennen, die sich in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht leisten könne, gegen den Willen der stärksten Industrienation der Gemeinschaft – Deutschland – vorzugehen. Gleichzeitig machte er deutlich, dass er in dem Modell keine Option für Deutschland sieht: „Auch eine starke Wirtschaft wie Deutschland kann es sich nicht leisten, ein Modell einzuführen, das in den meisten EU-Ländern bisher gescheitert ist.“

Welche Schäden die zögerliche Haltung der Politik bisher bereits angerichtet hat, machte Klug im Anschluss anhand des Beispiels Offshore-Windenergie deutlich. Zwar boomt das Geschäft in Deutschland, aber eine Lernkurve ist zur Zeit schlichtweg nicht vorhanden. Innovationen fehlen, weshalb Offshore-Windenergie in den letzten Monaten nicht signifikant günstiger geworden ist. Besonders deutlich werde das aktuell an den Kosten für den Offshore-Park Gemini, die bei rund 2 Milliarden Euro liegen.

Problematisch wurde von allen Teilnehmern des Panels die Lobbyarbeit gesehen, die überhaupt erst zu dieser Investitionsunsicherheit geführt hat. Henrik Böschen von Senvion, einer der erfolgreichsten Hersteller von Offshore-Windturbinen, machte darauf aufmerksam, dass die Windenergiebranche trotz aller Erfolge noch immer recht klein sei. Gerade im Bereich der Lobbyarbeit komme dies immer wieder zum Tragen, wenn es darum gehe, sich gegen die Atom- und Kohlelobby durchzusetzen, die permanent gegen die erneuerbaren Energien wettere. Er forderte auch die Medien auf, ihre Berichterstattung dahingehend zu ändern, viel mehr zu betonen, dass die Windbranche kein Geld mehr für die Entwicklung brauche. Das könne man mittlerweile sehr gut allein, denn gerade in Europa herrsche ein gesunder Wettbewerb, der Innovationen vorantreibe.

Krupp als Vertreter der politischen Entscheidungsträger sah die Situation naturgemäß anders: Deutschland habe nun wirklich keinen Grund, betrübt zu sein, denn der Ausbau der Erneuerbaren komme gut voran. Die Regierung unterstütze die Energiewende weiterhin, alle Sorgen seien unbegründet. Die gesteckten Ziele zum Klimaschutz und im Zuge dessen zum Ausbau der Erneuerbaren seien zwar hoch, aber noch immer zu erreichen, auch mit dem neuen EEG-Entwurf.

Preuß wollte daraufhin von Hermann Albers wissen, ob er das als Vertreter der Branche ähnlich sehe. Ist der Schwung der Energiewende noch vorhanden oder ist er in den politischen Diskussionen der letzten Monate verschwunden? Kann die Windenergie noch Lokomotive der Energiewende sein? Albers beantwortete das mit einem deutlichen „Ja!“ Aber man müsse die Diskussion verschärfen und weitere Aspekte mit einbringen. Themen wie der aktuelle Ukraine-Konflikt, der die europäische Energiepolitik in Zukunft nachhaltig beeinflussen kann, müssten präsenter werden. Man müsse auch den Ländern in Süd- und Osteuropa deutlich machen, dass sie die Sicherheit, die sie vom Rest der EU fordern, nur dann bekommen können, wenn sich die EU in Energiefragen unabhängiger von Russland positioniert. Dazu gehöre auch ein Ausbau der Erneuerbaren in eben diesen Ländern.

Die Situation in Deutschland sah er kritisch. Hier laufe seit mehreren Jahren eine Kampagne gegen die Energiewende, die von der Kohle- und Atomlobby initiiert wurde. Die Debatte um die Energiewende müsse sich verändern. Momentan werde viel zu viel über die Kosten debattiert, stattdessen müsse viel mehr über den Nutzen diskutiert werden: „Die Bürger sparen in Zukunft eine Menge Geld, wenn Deutschland weniger Gas und Kohle zur Energieversorgung importieren muss. Das fällt in der Diskussion aber meistens unter den Tisch.“ Albers, der erst seit einem Monat wieder Präsident des BWE ist, machte deutlich, dass er in seiner Amtszeit auf die Menschen zugehen und mit ihnen kommunizieren möchte. Das EEG müsse endlich raus aus der politischen Debatte. Stattdessen müsse man die Menschen im Land mit ins Boot holen und ihnen deutlich machen, dass es keine Alternative zur Energiewende gebe.

Zum Abschluss der Debatte kam das Thema auf die Länderöffnungsklausel der Bayern zu sprechen, die allgemein für Unverständnis sorgte. Selbst der Hamburger Politiker Krupp konnte die Position seiner bayrischen Amtskollegen nicht nachvollziehen: Auf der einen Seite wollen sie keine Windenergie, haben gleichzeitig aber ehrgeizige Pläne für die Umstellung auf erneuerbare Energien in Bayern. Auf der anderen Seite würden sie gern Gaskraftwerke bauen, sperren sich aber gegen neue Stromleitungen, die die Energie an Ort und Stelle transportieren. Letztlich „wollen sie gar nichts“, kommentierte er die bayrische Position. Wie das gehen solle, wisse derzeit niemand, aber Krupp hofft, dass die bayrischen Kollegen ihr Problem möglichst schnell bemerken und die Blockadehaltung aufgeben. Albers sieht das ähnlich: Werde die Länderöffnungsklausel wie vorgeschlagen angewendet, würde der Ausbau in Bayern komplett zum Erliegen kommen: „Wir reden hier über 0%!“ Allerdings waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig, dass es derzeit gute Chancen gebe, die Klausel noch vom Tisch zu bekommen und die Bayern an einem Alleingang zu hindern.

 

Quelle:
Windmesse
Autor:
Katrin Radtke
Windenergie Wiki:
Offshore, MW, Hamburg, Energiewende, BWE, Ausschreibungen



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