2024-12-22
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Gefährliche Prognose: Droht Deutschland eine Stromlücke?

Dass das pandemiebedingte Absinken der Stromnachfrage im Jahr 2020 nicht von großer Dauer sein würde, sagten die Expert*innen schon zu Beginn der Coronapandemie voraus. Zwar gab es zunächst noch die Hoffnung, dass es vielleicht zu einem Umdenken und der gezielten Förderung von klimaneutralen Industrien durch Politik und Wirtschaft kommen würde, aber zwei Jahr später ist davon nicht mehr viel übrig geblieben.

So hat die Europäische Kommission trotz verabschiedetem Green Deal gerade erst Erdgas und Atomkraft in der Taxonomie für nachhaltig erklärt. Und auch die Zahlen von 2021 belegen, dass sich durch Corona nicht wirklich viel geändert hat: So erreichte der Stromverbrauch mit 505 TWh im vergangenen Jahr nahezu den Wert des Jahres 2018, wie eine aktuelle Erhebung von EuPD Research zeigt. Das Unternehmen entwickelt seit seiner Gründung im Jahr 2000 ganzheitliche Lösungsansätze für verschiedene Fragestellungen nachhaltig orientierter Unternehmen.

Das Problem: 2021 war ein ganz besonders schwaches Windjahr. So zeigen die Daten im ‚Ertragsindex Report 2021‘ von anemos, dass das vergangene Jahr das schwächstes Windjahr seit über 20 Jahren war. Insbesondere die Onshore-Windenergie kam lediglich auf 87 Prozent ihrer Stromerzeugung von 2020. Um den gestiegenen Stromverbrauch zu decken, mussten also andere Energieerzeuger einspringen, so etwa die klimaschädlichen Stein- und Braunkohlekraftwerke. Was aber passiert, wenn diese künftig wie geplant nach und nach abgeschaltet werden?

„Das Jahr 2021 liefert eine gute Vorschau auf die zukünftigen Entwicklungen der Energiewende. Mit der zunehmenden Elektrifizierung von Mobilität und Wärme wird der Stromverbrauch zukünftig stark ansteigen. Die Stromerzeugung auf Basis konventioneller Energieträger wird hingegen weiter zurückgehen“, erklärt Dr. Martin Ammon, Geschäftsführer der EUPD Research. Es sind also schnelle Lösungen notwendig: „Neben hohen Investitionen in erneuerbare Energien ist zudem der Aufbau umfangreicher Speicherkapazitäten sowohl zur Kurzfristspeicherung als auch als saisonaler Speicher notwendig“, so Ammon.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien kommt nicht schnell genug voran. Grund sind oft Hemmnisse wie lange Genehmigungsverfahren (Bild: AGEE)

Im Klartext: Deutschland droht eine Stromlücke, weil weniger Strom produziert als verbraucht wird. So rechnet das Unternehmen bereits in diesem Jahr mit einer Unterversorgung von 37 Twh für Deutschland. Dies kann nur mit teuren Stromimporten umgangen werden.

Zwar weiß auch die Bundesregierung von diesem Problem und hat bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, aber der Ausbau der erneuerbaren Energien ist immer noch viel zu langsam, um diese Lücke schnell und dauerhaft füllen zu können. Dass mehr Tempo in die Genehmigungsverfahren gebracht werden muss, hat die Ampelkoalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag verankert.

In der Eröffnungsbilanz Klimaschutz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck darauf hingewiesen, dass Deutschland dadurch auch seine Klimaschutzziele nicht wird erfüllen können: „Das wird Sie nicht überraschen: Wir starten nicht auf der Ziellinie, sondern mit einem gehörigen Rückstand. Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen sind in allen Sektoren unzureichend. Es ist absehbar, dass die Klimaziele der Jahre 2022 und 2023 verfehlt werden. Aber wir unternehmen alle Anstrengungen, um den Rückstand wettzumachen. Hierzu müssen wir die Geschwindigkeit unserer Emissionsminderung verdreifachen und deutlich mehr in weniger Zeit tun."

Geschieht dies nicht, ist bereits heute absehbar, dass Deutschland auch die Klimaschutzziele für 2030 verfehlen wird, so der Minister. Daher sind umfangreiche Sofortmaßnahmen nötig, die in den kommenden Monaten angegangen werden. „Die prioritären Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen setzen wir jetzt aufs Gleis - ein erstes Klimaschutz-Paket kommt bis Ende April, ein zweites im Sommer“, erklärte Habeck.

Bis dahin ist es noch ein weiter Weg mit viel Arbeit, wie auch BBH, eine der führenden Kanzleien für Energie- und Infrastrukturwirtschaft, deutlich macht. Die Beschleunigungshebel für die Planung und Genehmigung von Infrastrukturvorhaben sitzen dabei in ganz unterschiedlichen Bereichen, die alle beachtet werden wollen. Dazu hat die Kanzlei aktuell ein Gutachten im Auftrag für die DialogGesellschaft e.V. erstellt: „Wir möchten mit unserem Gutachten zeigen, mit welchen Ansätzen man wirklich Tempo in die Planungs- und Genehmigungsverfahren bringen kann. Und zwar parallel in der Gesetzgebung, bei den Vorhabenträgern und in der Behördenpraxis“, so BBH-Partnerin Prof. Dr. Ines Zenke.

Bis die Maßnahmen umgesetzt sind und Anwendung finden, dürften aber noch Monate ins Land gehen. Zu lange, um die deutsche Stromlücke zu verhindern – selbst wenn der Wind dieses Jahr wieder kräftiger weht.

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
Corona, Strom, Erzeugung, Verbrauch, Stromlücke, Wind, Ertrag, schwach, onshore, Ausbau, Energiewende, erneuerbare Energie, Genehmigung, Verfahren



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