2024-04-25
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Windmesse Kommentar: Die Macht der Zahlen

Verschiedene Studien sollen in der Bevölkerung erneut Panik vor der Energiewende schüren – und einige Medien mischen munter mit. Erinnerungen an Peter Altmaier und sein 'Billionenspiel' werden wach.

Foto: krFoto: kr

Deutschlands Energiewende ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte. Das wird nicht zuletzt immer wieder dann deutlich, wenn neue Ausbauzahlen veröffentlicht werden. Aber wo Erfolg herrscht, da gibt es auch Neider. Und die kommen in der Energiewirtschaft vor allem aus dem Lager der alteingesessenen Energiekonzerne, die auf fossile Energieträger gesetzt haben. Nicht nur, dass deren Konzerngewinne immer weiter einbrechen, nein, den großen deutschen Versorgern stehen auch noch die Atom-Rückstellungen ins Haus: Mehrere Milliarden Euro, die zurückgelegt werden müssen, damit in Deutschland in (kaum) absehbarer Zeit endlich alle Reste der Atomkraftwerke verschwinden - vom Problem der Mülllagerung mal ganz zu schweigen.

Und während in regelmäßigen Abständen aus der Branche der Erneuerbaren neue Erfolgszahlen veröffentlicht werden, zieht die Gegenseite in gleichem Maße nach und wirft der Bevölkerung samt Medien Zahlen an den Kopf, die einem in der Tat angst und bange werden lassen.

In den letzten Tagen wurden gleich mehrere Studien veröffentlicht, die die Kritiker der Energiewende wieder einmal zufrieden nicken lassen. So veröffentlichte das Max-Planck-Institut für Biogeochemie eine Studie, in der dargestellt wurde, dass die Windenergie gar nicht so effektiv sein soll wie bisher immer gedacht. Es wurde tatsächlich erstmalig festgestellt, dass auch Windenergie endlich ist. Verpackt wurde das in Zahlen, die zeigen, dass der Ertrag von Windturbinen in Windparks sinkt, je mehr Turbinen aufgestellt werden. Eine einzelne Turbine auf freiem Feld, die der gesamten Kraft des Windes ungebremst ausgesetzt ist, hat demnach einen höheren Ertrag als jene Turbinen, die in Reih und Glied oder auf einem Haufen stehen und bei denen die vorderste Anlagenreihe den Wind abbremst. Brauchten wir für diesen Erkenntnisgewinn tatsächlich eine Studie?

Zusätzlich wird in dieser Studie festgestellt, dass es in Deutschland eine natürliche Ertragsobergrenze für Windenergie gibt, die bei etwa 357 Gigawatt liegt. Es ist also nicht möglich, hier mehr als diese Leistung zu erwirtschaften. Davon mal ganz abgesehen, dass niemand vor hat, jeden Quadratmeter des Landes mit einer Turbine zuzupflastern, bleibt die Frage, warum uns diese Zahl Angst machen soll? Deutschland verfügt momentan über eine Leistung von ca. 40 Gigawatt an Windenergie und einige Bundesländer stoßen bereits jetzt an Grenzen, was den Flächenausbau angeht. Die Zahl von 357 GW ist also ohnehin nicht zu erreichen.

Und warum wird das Ausland bei der Energieproduktion nicht mit einbezogen? Deutschland importiert seit Jahrzehnten fossilen Strom aus der ganzen Welt. Interessanterweise zählt bei den Erneuerbaren aber immer nur, was im Inland produziert werden kann. Mit entsprechenden Leitungen und Speichern ist es aber durchaus möglich, auch regenerative Energie aus dem Ausland importieren. Doch wenn es um Erneuerbare geht, wird eine nie dagewesene Energieautarkie gefordert.

Eine weitere horrende Zahl wurde derweil vom Handelsblatt in Umlauf gebracht: Eine Studie, die das Blatt übrigens selbst in Auftrag gegeben hat, stellt die Rechnung auf, dass die Stromkunden 28 Milliarden Euro für die Energiewende zahlen müssen. Das erinnert an den ehemaligen Bundesumweltminister Peter Altmaier, der vor der EEG-Reform mit der Zahl von 1 Billion Euro an Kosten versuchte, die Bevölkerung in Panik zu versetzen. Die Berechnungen, die in dieser neuen Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft angestellt wurden, beinhalten sowohl die Kosten für die Förderung der erneuerbaren Energien, als auch die Kosten für den Netzausbau.

Foto: EWEA

Stimmt diese Rechnung? Der Netzausbau wird von den fossilen Energieproduzenten immer wieder gern den Erneuerbaren in die Schuhe geschoben, doch die Netze in Deutschland hätten so oder so erneuert werden müssen. Auch ohne Energiewende waren und sind die Stromleitungen, die zum Großteil aus den Fünfziger bis Siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammen, marode und bedurften und bedürfen einer Erneuerung – und sei es nur, um den Atomstrom aus Bayern in den Norden zu transportieren.

Was passiert wäre, wenn die deutschen Netze nicht zeitnah erneuert worden wären, kann man regelmäßig in den USA sehen, wo wiederholte Stromausfälle ganze Landstriche lahmlegen, da die Freileitungen vollkommen veraltet sind.

Das Handelsblatt zitiert in seinem Artikel entsprechend Lobbyisten, die Angst vor der Zukunft verbreiten wollen: „Die Folgen der Energiewende entwickeln sich zu einem bedrohlichen Standortnachteil, der Investoren abschreckt und Arbeitsplätze kostet“, so lässt sich Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, zitieren. Sicherlich und erfreulicherweise werden durch die Energiewende so manche Investoren abgeschreckt – beispielsweise die aus der Atomindustrie.

Wie wäre es dagegen mit einem Blick auf die Zahl der Beschäftigten in der Branche der Erneuerbaren? Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten in diesem Sektor – Tendenz steigend. In den kommenden Jahren werden mehr Personen in der Branche der erneuerbaren Energien beschäftigt sein als in Deutschlands einstiger Vorzeigeindustrie, der Automobilbranche!

Entscheidungen wie die kürzlich von Siemens getroffene, in Cuxhaven ein Werk für die Fertigung von Windturbinen zu bauen und 1000 Arbeitsplätze zu schaffen, sprechen für sich.

Neben den 'horrenden' Kosten wird von den Gegnern der Energiewende auch gern der Blackout beschworen. Das hat bei Altmaier prima funktioniert und wird immer wieder gern aus der Mottenkiste geholt. So sorgt die Ankündigung diverser Kraftwerksbetreiber in den nächsten Jahren in Deutschland bis zu 57 konventionelle Kraftwerke wegen Unrentabilität abzuschalten für Angst beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, der laut Handelsblatt „vor Problemen für die Versorgungssicherheit“ warnt.

Wie gut, dass gegen Zahlen ein Kraut gewachsen ist: Weitere Zahlen. So zeichnen die der Bundesnetzagentur aus der letzten Woche ein ganz anderes Bild: In Deutschland ist die Qualität der Stromversorgung so hoch wie noch nie. Im Durchschnitt hatte der Bundesbürger 2014 nur 12:28 Minuten keinen Strom – und das trotz einer Rekordeinspeisung von erneuerbarer Energie. Damit liegt man weltweit ganz vorn – übrigens zusammen mit einem anderen Land, das sich vor allem mit erneuerbarer Energie aus Windstrom versorgt: Dänemark. Ein Blick auf die anderen Industrieländer lässt einen dagegen schaudern: In Großbritannien quälte man sich mit fast 60 Minuten Blackout, in Frankreich und Spanien lag die Zahl bei knapp unter 100 Minuten. In den USA haben die Menschen im Durchschnitt sogar mehrere Stunden pro Jahr keinen Strom.

Also, wie wär's mit einem etwas genaueren Blick auf die Zahlen und stattdessen etwas weniger lobbygeschürter Panik, vor allem in Deutschland?

Foto: Energy Transition

 

Autor:
Katrin Radtke
Email:
kr@windmesse.de
Windenergie Wiki:
Windpark, Versorgungssicherheit, Turbine, Energiewende, Cuxhaven



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