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Unsicherheit hat Europa fest im Griff
Im neuen 'Wind Energy Outlook to 2023' gibt der europäische Windkraftverband WindEurope einen Ausblick auf die Entwicklung der Windenergie in Europa in den kommenden fünf Jahren. Diese ist vor allem durch große Unsicherheit geprägt, sodass genaue Vorhersagen mittlerweile schwer zu treffen sind.
So wird der jährliche Zubau an neuer Windleistung bis 2023 irgendwo zwischen 13 und 22 GW schwanken. Diese Diskrepanz in Höhe von fast 10 Gigawatt entspricht der Gesamtkapazität des italienischen Windmarkts im Jahr 2018. Die Lieferkette wird durch die Schwankungen erheblich belastet. Außerdem werden die in den letzten Jahren erzielten Kostensenkungen für Windenergie gefährdet.
Schuld daran ist die Politik der EU-Staaten. Dabei stehen vor allem die Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) im Fokus, die laut Europäischer Kommission final bis Ende des Jahres vorgelegt werden müssen. Wenn die einzelnen Regierungen am Ende klare und ehrgeizige Pläne für ihre Länder erstellen, die die Genehmigungsregelungen für Windparks verbessern und Investitionen in neue Netzkapazitäten beinhalten, würde die europäische Windenergiekapazität bis 2023 um 88 GW auf 277 GW wachsen können.
Wenn die NECPs wiederum nicht ehrgeizig genug sind und die derzeitigen großen Probleme bei der Zulassung bestehen bleiben, dann werden in Europa bis 2023 sehr viel weniger neue Windkraftanlagen installiert: nur 67 GW. Sollte sich die Genehmigungslage allerdings verbessern, könnten in den nächsten fünf Jahren im besten Fall sogar 112 GW installiert werden.
Gerade in Deutschland haben Genehmigungsprobleme in den letzten Monaten zu massiv unterzeichneten Ausschreibungen geführt. Die Auswirkungen auf die gesamte Industrie sind bereits erheblich: Arbeitsplätze in der Windbranche fallen weg, verschiedene Unternehmen sind in Schieflage geraten. Darunter auch der deutsche Anlagenhersteller Senvion, der Insolvenz anmelden musste.
WindEurope-CEO Giles Dickson legt die Probleme offen: "Die Windenergie sollte eigentlich schnell wachsen, wenn man das derzeitige Interesse am Klimawandel und die Tatsache berücksichtigt, dass der Wind die billigste Methode der erneuerbaren Energieerzeugung ist. Aber es besteht eine echte Unsicherheit darüber, wie weit die Windenergie in den nächsten fünf Jahren wachsen wird. In vielen Ländern wird es immer schwieriger, Genehmigungen für neue Windparks zu erhalten. Die Netze und Energiemärkte funktionieren noch immer nicht so, wie sie sollten."
Onshore dominiert weiterhin
WindEurope geht in der Studie davon aus, dass über drei Viertel der neu installierten Anlagen onshore errichtet werden. Vor allem in den Ländern Spanien, Schweden und Norwegen ist hier mit einem deutlichen Wachstum zu rechnen. Auch in Frankreich stehen die Aussichten derzeit gut.
Im Offshore-Bereich dominiert weiterhin Weltmarktführer Großbritannien. Das Königreich wird in den nächsten fünf Jahren 35% des Wachstums in der Offshore-Windenergie ausmachen, gefolgt von den Niederlanden und Deutschland, so die Vorhersage.
Altanlagen erreichen Ende der Nutzungsdauer
In den nächsten fünf Jahren werden außerdem 22 GW Windenergieleistung das Ende ihrer theoretischen Nutzungsdauer von 20 Jahren erreichen. Der größte Teil davon wird eine Verlängerung der Lebensdauer erhalten, während rund 2 GW einem Repowering unterzogen werden. Weitere 2 GW werden vollständig stillgelegt. Zwar möchte die Windindustrie gerne mehr Anlagen einem Repowering unterziehen, allerdings unterstützen Politik und Regulierungen durch die jeweiligen Regierungen diese Vorhaben immer noch nicht intensiv genug.
Bis 2023 wird Deutschland das Land mit der größten Windflotte bleiben (72 GW im zentralen Vorhersageszenario), gefolgt von Spanien (32 GW) und Großbritannien (29 GW). Diese drei Länder werden bis 2023 knapp die Hälfte der kumulierten installierten Windkapazität Europas stellen.
Appell an Politik
Dickson weist darauf hin, dass sich viele Regierungen immer noch nicht entschieden haben, wie viel neue Windenergie sie wollen und wann und wie sie sie bauen werden. Die nationalen Energie- und Klimapläne für 2030 werden hierfür entscheidend sein: Wenn sie nicht ehrgeizig sind, wird Europa das Ziel von 32% erneuerbarer Energien nicht erreichen, geschweige denn höhere, eigentlich notwendige Ziele.
"Und hier geht es um Arbeitsplätze. Die Windindustrie beschäftigt in Europa über 300.000 Menschen, hat aber in den letzten vier Jahren allein in Deutschland 35.000 Arbeitsplätze verloren, was größtenteils auf politische Probleme zurückzuführen ist", so Dickson. "Der 'European Green Deal' muss eine klare Industriepolitik für die europäischen kohlenstoffarmen Industrien beinhalten: Unterstützung der von uns etablierten Erfolgsgeschichten, Sicherstellung des weiteren Handels mit dem Rest der Welt und Förderung kontinuierlicher Innovationen, um wettbewerbsfähig zu bleiben".
- Autor:
- Katrin Radtke
- Email:
- presse@windmesse.de
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