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Klimaschutz-Index 2016: Vorsichtig optimistisch auf der Zielgeraden
Dabei geben einige Indikatoren Anlass zum vorsichtigen Optimismus, dass tatsächlich eine Kehrtwende beim globalen Klimaschutz bevorsteht. Es scheint, als hätte die Weltgemeinschaft endlich erkannt, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Ähnliche Anzeichen deuten sich derweil auch in Paris an, wo einige Beobachter vor Ort schon von einer sich anbahnenden Sensation sprechen.
Ein endgültiges Ergebnis der Verhandlungen wird für morgen erwartet. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie verbindlich die Ziele sein werden, die die Staaten beschließen. Können sich wirklich alle Staaten darauf einigen, sich zukünftig verstärkt für den Klimaschutz einzusetzen?
„Weltweit sehen wir in wichtigen Sektoren starke Anzeichen für einen beginnenden Umbau der Energiesysteme“, sagt Jan Burck vom Thinktank Germanwatch, der Hauptautor des Index. „Die Energieintensität der Weltwirtschaft sinkt. Zudem wurden 2013 und 2014 weltweit mehr Kapazitäten im Erneuerbare-Energien-Bereich installiert als in den fossilen und nuklearen Energiesektoren zusammen. Das ist ein deutliches Anzeichen für den beginnenden Umbau der Energiesysteme in vielen Staaten. Der Klimagipfel hat nun die Chance die Weichen dafür zu stellen, dass aus diesen Anzeichen eine tatsächliche weltweite Trendwende wird.“
Wirft man einen Blick auf den Klimaschutz-Index 2016, bleiben jedoch die ersten drei Plätze wie schon in den letzten Jahren frei, da in den Augen der Initiatoren kein Land genug unternimmt, um den Klimawandel zu vermeiden. 'Best of the Rest' auf Platz 4 ist weiterhin Dänemark. Unser nördlicher Nachbar hat allerdings ein wenig an Boden auf die Verfolger verloren, denn derzeit ist unklar, ob die neue dänische Regierung die ambitionierten Pläne auch zukünftig weiter verfolgt.
Auf Platz 5 folgt in diesem Jahr Großbritannien, das mit Schweden die Plätze getauscht hat. Diesen Erfolg hat das Königreich vor allem dem kontinuierlichen Ausbau der erneuerbaren Energien zu verdanken. Hinzu kommt die Ankündigung, als erste Industrienation überhaupt aus der Kohle aussteigen zu wollen. Gleichzeitig hat David Camerons Regierung aber auch einen Förderstopp für Onshore-Windkraft auf den Tisch gelegt, sodass abzuwarten bleibt, wie sich das Land entwickelt.
Deutschland hängt wie auch bereits im letzten Jahr weiter im Mittelfeld auf Platz 22 fest. Schuld daran ist der noch immer sehr hohe Anteil an Braunkohle bei der Energiegewinnung, deren Emissionen Deutschlands Erfolge bei der Energiewende ruinieren. Allerdings hat Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bereits angedeutet, dass sich die Rolle der Kohle zukünftig ändern könnte.
Dass der Klimaschutz in Deutschland keine Rolle spielt, kann man dem Land allerdings nicht vorwerfen. So setzte Kanzlerin Angela Merkel das heikle Thema vor einem halben Jahr beim G7-Gipfel im heimischen Elmau kurzerhand auf die Tagesordnung und zwang so die anderen Industrienationen dazu, sich ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen. Heraus kam eine gemeinsame Absichtserklärung, bis zum Jahr 2100 die Dekarbonisierung der industriellen Welt voranzutreiben – eine Absicht, die überraschenderweise auch in Paris noch Bestand hat.
Zwar versucht Japan dort momentan, die Verbindlichkeiten in den Formulierungen zu untergraben, allerdings haben es auch die Japaner nicht gewagt, sich davon vollends abzuwenden. Im Klimaschutz-Index gibt es für die Asiaten jedoch auch weiterhin keine positiven Bewertungen, ganz im Gegenteil: In fast jeder Bewertungskategorie verschlechtert man sich und rutscht auf Rang 58 (von 61) ab.
Kurz vor der Veröffentlichung des Klimaschutz-Indexes im letzten Jahr hatten auch die USA und China ihre historische gemeinsame Absichtserklärung zur CO2-Reduzierung veröffentlicht. Beide Staaten, die zu den größten CO2-Emittenden weltweit gehören, haben seitdem an der Umsetzung ihres Versprechens gearbeitet. US-Präsident Obama hat im Sommer diesen Jahres einen umfassenden Klimaschutz-Plan veröffentlicht und verschiedene Maßnahmen sind bereits angelaufen, wodurch das Land im Klimaschutz-Index einen Sprung von 12 Plätzen auf Rang 34 macht.
Die Chinesen haben derzeit vor allem unter den Auswirkungen ihrer verfehlten Klimapolitik der letzten Jahre zu leiden, in denen der Energiehunger des Landes vor allem mit Kohle gefüttert wurde. Mittlerweile ist die Smogentwicklung in den chinesischen Städten so heftig, dass die Regierung sogar Schließungen von Fabriken angeordnet hat. Neuere Daten von 2014 und 2015 zeigen aber immerhin eine Entkopplung von Energienachfrage und Wirtschaftswachstum und lassen auf einen um beinahe sechs Prozent verminderten Kohleverbrauch im Jahr 2015 schließen. Bis diese Maßnahmen vollends greifen, dauert es aber noch eine Weile.
Andernorts ist man da schon weiter: Im Vorfeld von Paris bestand die große Unsicherheit in der Frage, wie sich die Schwellenländer verhalten würden. Bisher waren alle ambitionierten Pläne immer am Veto von Nationen wie Indien oder Brasilien gescheitert. Während Brasilien im Klimaschutz-Index im Vergleich zum Vorjahr keine großen Bewegungen vollzog, schickte Deutschland kurzerhand eine Delegation zu seinem Handelspartner, um die Brasilianer davon zu überzeugen, keine Entscheidungen in Paris zu blockieren. Offenbar mit Erfolg, wie Spiegel Online berichtet, denn als erstes großes Schwellenland verkündete Brasilien kürzlich, aus Öl, Gas und Kohle aussteigen zu wollen.
Schwierig bleiben nach wie vor die Positionen von Indien sowie den Erdölstaaten. „Entscheidend ist, dass die aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländer die Energiewende schaffen, bevor sie eine so große Abhängigkeit von der Kohle erreichen wie die aktuellen Industrienationen. Da insbesondere afrikanische Staaten und Indien vor wichtigen Entscheidungen zu ihren künftigen Pfadabhängigkeiten stehen, spielt die Bereitstellung von Unterstützung für diese Länder eine Schlüsselrolle“, kommentiert Jan Burck die Verhandlungen.
Auch hier versucht Deutschland aktuell, entsprechende Impulse zu geben: Zehn Milliarden Dollar wollen die Industrienationen in den kommenden Jahren für den Ausbau erneuerbarer Energie in Afrika bereitstellen – allein drei Milliarden davon stammen aus Deutschland. Und sollte sich das Kohleland Polen weiterhin als Quertreiber der EU inszenieren, könnte Deutschland vielleicht erneut auch beim Nachbarn für zusätzliche Anreize sorgen.
Es bleibt also noch genug zu tun, bis man in Paris vorsichtig den Daumen heben darf.
- Author:
- Katrin Radtke
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