Meldung von BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.
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BDEW zum „Fit for 55“-Paket der EU-Kommission
Hierzu erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung:
„Die neuen EU-Klimaziele sind äußerst ambitioniert und die daraus resultierenden Herausforderungen für die Unternehmen gewaltig. Zusätzlich zu den höheren CO2-Einsparzielen wächst auch der Zeitdruck - bis 2030 sind es nur noch wenige Jahre. Ziel muss es daher sein, möglichst schnell und möglichst effizient ein Klimaschutz-Wachstum zu entfesseln mit den notwendigen Investitionen in den Ausbau Erneuerbarer Energien sowie der Energie- und Ladeinfrastruktur. Es ist daher gut, dass die EU-Kommission mit dem „Fit for 55“-Paket nun wichtige Leitlinien für einen Transformationsprozess vorgelegt hat. Die Vorschläge müssen dabei auch die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Europa unter Wahrung der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit im Blick behalten.“
Regelungen zum Emissionshandel
„Das Schlüsselinstrument für kosteneffiziente und marktgetriebene CO2-Minderung ist die CO2-Bepreisung“, so Kerstin Andreae. „Daher ist es positiv, dass das bestehende EU-Emissionshandelssystem vorerst als separates System erhalten bleibt. Richtig ist auch, dass die Treibhausgasminderungsziele im Energiesektor und der energieintensiven Industrie durch eine ambitionierte, aber angemessene Anhebung des linearen Reduktionsfaktors auf 4,2 Prozent an den neuen Klimazielen ausgerichtet werden. Das geplante neue Emissionshandelssystem für das Inverkehrbringen von Brennstoffen in den Bereichen Gebäude und Verkehr weist ebenfalls in die richtige Richtung, allerdings gibt es hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung noch einige Fragezeichen.
Unklar ist beispielsweise die genaue Abgrenzung der erfassten Sektoren. Hier kann der deutsche Brennstoffemissionshandel eine hilfreiche Blaupause darstellen. Wichtig ist, dass auf europäischer Ebene Kongruenz mit nationalen Regelungen hergestellt wird. Insbesondere mit Blick auf den Gebäudebereich muss auch der notwendige soziale Ausgleich sichergestellt werden.“
Regelungen zu den Erneuerbaren Energien und Wasserstoff
„Die Erreichung der Klimaziele erfordert sektorenübergreifend eine erhebliche Erhöhung des Anteils Erneuerbarer Energien und muss von dekarbonisierten Gasen flankiert werden“, erklärt Kerstin Andreae. „Das heißt konkret: Für die Dekarbonisierung braucht Europa Erneuerbare Energien, und zwar möglichst viel, möglichst schnell und möglichst günstig. Und das in Form von Strom, von Wasserstoff und von Wärme, in allen Sektoren, in allen Regionen und zu jeder Zeit. Die Anhebung des EU-weiten Ziels für den Anteil Erneuerbarer Energien auf mindestens 40 Prozent im Rahmen der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) ist hierfür ein wichtiges Signal.
Der Ausbau wird allerdings nur gelingen, wenn Planungs- und Genehmigungsverfahren zukünftig spürbar beschleunigt werden. Hier hätten wir uns von der EU-Kommission mehr Unterstützung gewünscht, um dieses zentrale Hemmnis beim Erneuerbaren-Ausbau aus dem Weg zu räumen. Das neue indikative Erneuerbare Energien-Ziel von 49 Prozent im Gebäudesektor ist sehr ambitioniert und kann nur erreicht werden, wenn alle Erfüllungsoptionen ausgeschöpft werden. Dazu gehören sowohl die direkte Elektrifizierung als auch die Nutzung erneuerbarer Gase und der Ausbau der Fernwärme.“
„Neben dem Ausbau Erneuerbarer Energien muss auch das Potenzial klimaneutraler Gase gehoben und der Hochlauf der dringend notwendigen Wasserstoffwirtschaft gefördert werden“, betont Kerstin Andreae. „Positiv ist daher, dass der Kommissionsvorschlag für die Erneuerbare-Energien-Richtlinie einen klaren Rahmen für die Anrechnung erneuerbarer Gase, wie Wasserstoff, auf die Zielerreichung in allen Sektoren vorgibt. Damit wird ein verlässlicher Markt geschaffen und notwendige Investitionen angereizt. Vorgaben zur Additionalität dürfen den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft nicht ausbremsen. Um das Potenzial klimaneutraler Gase voll zu erschließen, sollte außerdem noch ein System handelbarer Herkunftsnachweise ergänzt werden.“
Regelungen zur Mobilität
„Die ambitionierten europäischen Vorgaben zu den CO2-Flottengrenzwerten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sind ein wichtiger Schritt bei der Reduzierung von Emissionen im Verkehrsbereich“, sagt Kerstin Andreae. „Die Erfahrung zeigt: Sie sind ein wesentlicher Treiber für die Entwicklung zunehmend emissionsarmer Fahrzeuge. Um das Potenzial aller alternativen Antriebsformen auszuschöpfen, sollte bei den CO2-Flottengrenzwerten der bestehende Tank-to-Wheel-Ansatz um einen Technologiebonus oder ein gleichwertiges Instrument ergänzt werden. Damit würden CO2-Einsparungen von allen Fahrzeugen berücksichtigt werden, die mit erneuerbaren und CO2-armen Kraftstoffen fahren.
Mit Blick auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur ist es positiv, dass die Kommission in der künftigen AFI-Verordnung die Zielvorgaben auf einen dynamischen Ansatz umstellen will, der die Ladeleistung pro registriertem Fahrzeug berücksichtigt. Damit verabschiedet sie sich richtigerweise von der pauschalen Betrachtung „Ein öffentlicher Ladepunkt je 10 Fahrzeuge“. Für einen bedarfsgerechten Ausbau in Europa ist es entscheidend, dass bei der Ermittlung des Ausbaubedarfs im jeweiligen Mitgliedstaat die nationale Marktentwicklung sowie der Kundenbedarf, das Nutzungsverhalten und die Entwicklung der Fahrzeugzahl und technologischen Parametern berücksichtigt werden. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie die Entwicklung der einhergehenden Services sollte weiterhin marktgetrieben und wettbewerblich erfolgen.
Positiv ist auch, dass die Bezahlsysteme für das ad-hoc Laden bei Ladepunkte unter 50 kW technologieoffen sind. Nicht nachvollziehbar sind allerdings die Einschränkung auf NFC oder Kartenterminals für Ladepunkte mit einer höheren Ladeleistung und die geplante Nachrüstpflicht bis 2027. Diese Vorgaben bremsen den Ausbau der jetzt dringend benötigten öffentlichen Schnellladeinfrastruktur ohne Not aus.
Mit Blick auf die Gas- und Wasserstoffmobilität ist es positiv, dass die Kommission die Vorgabe für den Aufbau der Wasserstofftankinfrastruktur durch Mindestziele zur Dichte des Tankstellennetzes konkretisieren möchte. Bei der Ausgestaltung ist jedoch darauf zu achten, dass der Aufbau bedarfsgerecht erfolgt und den Betreibern ermöglicht, auf Marktentwicklungen zu reagieren. Bedauerlich ist es, dass die Kommission dem Potential der Gasmobilität in ihrem Vorschlag nicht angemessen Rechnung trägt. Während die bestehenden Zielvorgaben für den Ausbau der LNG-Tankstellen zumindest fortgeführt werden, wurden sie für CNG-Tankstellen gänzlich gestrichen. Dies steht im Kontrast dazu, dass der sich entwickelnden CNG-Nutzfahrzeugmarkt zunehmend an Bedeutung gewinnt.“
- Quelle:
- BDEW
- Autor:
- Pressestelle
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- Keywords:
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