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Alle gegen die Energiewende?
In Frankreich werden es die die Entwickler von Onshore-Windenergieprojekten künftig schwerer haben. So erließ das Verteidigungsministerium Mitte Juni eine Anordnung, laut der Windkraftanlagen nun mindestens 70 Kilometer von militärischen Radaranlagen entfernt installiert werden müssen, anstatt wie bisher 30 Kilometer. Die Begründung: So solle verhindert werden, dass Windkraftanlagen Radarsignale stören, wie The Connexion berichtet.
Dadurch wird die Fläche, auf der in Frankreich Windparks errichtet werden können, erheblich eingeschränkt. Paul Neau, Mitglied der Umweltforschungsorganisationen négaWatt und Abies, sagte gegenüber La Dépêche, dass die neue Regel "die Menge an Land, die von militärischen Radaren abgedeckt wird, um das Fünffache erhöhen würde." Bezieht man Radaranlagen der Luftfahrt und Wetterradaranlagen mit ein, sind plötzlich 30 bis 40 Prozent der Fläche in Frankreich nicht mehr für Turbineninstallationen geeignet.
Im gleichen Zuge haben die Bürgermeister des Landes das Recht erhalten, ein Veto gegen neue Windkraftanlagen einzulegen, um zunächst den Gemeinderat mit einzubeziehen. Die neue Regelung würde auch bedeuten, dass lokale Volksabstimmungen darüber abgehalten werden können, ob Turbinen installiert werden sollen. Was in Deutschland Gang und Gäbe ist, wurde in Frankreich bislang nicht praktiziert. Die französische Umweltministerin kritisierte daher die Maßnahme, die allerdings erst noch vom Parlament genehmigt werden muss, bevor sie Gesetz wird.
Was der Einfluss von Außen für Auswirkungen auf geplante Bauvorhaben haben kann, zeigt auch das Beispiel Deutschland. Dort kritisierte kürzlich der Wirtschaftsminister aus Brandenburg, Jörg Steinbach, das Planungsrecht in Deutschland. Genehmigungen brauchen viel zu lange, daher forderte er laut rbb24 eine Reform – samt einer Einschränkung der Klagerechte für Umweltverbände.
Konkret nannte er das Beispiel des juristischen Streits um den Bau der Tesla-Fabrik und nannte es „fragwürdig, mit welcher Berechtigung sich ein bayerischer Umweltverein hier in Brandenburg gegen die Tesla-Ansiedlung engagiert“. Auch die Länge der juristischen Verfahren müsse auf den Prüfstand. "Dazu gehört die Frage, inwieweit die Zahl der gerichtlichen Instanzen reduziert werden kann", so rbb24.
Die Bauarbeiten für einen Teil der Stromautobahn wurden vorerst gestoppt (Bild: Pixabay)
Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz sieht sich ebenfalls als Opfer solcher Klagen. So hat vergangene Woche das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in der Verwaltungsstreitsache des NABU Brandenburg gegen das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe (LBGR) im Eilverfahren einen Beschluss zur Uckermarkleitung zwischen den Umspannwerken Bertikow und Neuenhagen bei Berlin verkündet. Dieser stoppt den Bau der dringend benötigten Stromtrasse im Biosphärenreservat Schorfheide bis zu einem endgültigen Beschluss.
Nach Auffassung von 50Hertz gewichtet das Bundesverwaltungsgericht die Belange des Vogelschutzes sehr hoch. „Wir hoffen nun, dass sich das Gericht der Klage in der Hauptsache rasch annimmt, damit die Situation schnell geklärt und dieses für die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft so wichtige Leitungsbauvorhaben weiter umgesetzt werden kann“, kommentiert Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz.
Die jetzige Entscheidung macht nach Ansicht von 50Hertz deutlich, dass der politische Wille, die Klimaschutzziele schneller zu erreichen als bisher, nicht im Einklang steht mit der Realität bei Planungs- und Genehmigungsprozessen. In konkreten Einzelfällen rangiert der Klimaschutz stets hinter anderen einklagbaren Rechtsgütern wie etwa dem Natur- und Artenschutz.
Damit haben auch Interessenten an Kleinwindanlagen in Deutschland zu tun. So berichtet Hans-Günter Feddersen, Geschäftsführer des Kleinwindanlagenherstellers EasyWind, von einem Spießrutenlauf bei den beteiligten Behörden, obwohl seine Anlage EasyWind 6 schon an über 300 Standorten in Deutschland und auch im Ausland installiert wurde.
Gegenüber Energie und Management sagte er, dass es vor allem an den Bauämtern liege, die in vielen Kreisen und Städten entweder die Genehmigungsprozesse extrem verlangsamten oder sie am Ende sogar verhinderten: „Das ist eine Katastrophe.“ So verlangte etwa das Husumer Bauamt von einem Antragsteller ein Vogelschutzgutachten, das am Ende rund 5.000 Euro kostete. Der heutige Betreiber ließ das Gutachten erstellen, weil er partout die Anlage auf seinem Grundstück aufstellen wollte. Hätte er allein die betriebswirtschaftlichen Zahlen sprechen lassen, wäre die Anlage nie gebaut worden: Bei einer Investitionssumme von rund 27.500 Euro bleibt kaum Luft nach oben. Ohne einen gehörigen Schuss Idealismus würde sich das Ganze nicht rechnen.
Doch damit nicht genug. Seit einiger Zeit fordert das Husumer Bauamt zusätzlich bei Neuanträgen noch ein Eiswurf-Gutachten. EasyWind führt das auf die fehlende Lobby der Kleinwindanlagen zurück – und ist damit in guter Gesellschaft, denn auch bei den großen Megawattanlagen fehlt oftmals die Lobby bei den entsprechenden Behörden bzw. Politikern. Und so setzten sich am Ende doch wieder die Lautesten durch, denn wenn die Automobilbranche anklopft, wird ihnen noch der rote Teppich ausgerollt. (Bild siehe oben: Pixabay).
- Autor:
- Katrin Radtke
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- Keywords:
- Energiewende, Lobby, Ausbau, erneuerbare Energie, Deutschland, Politik, Behörde, Frankreich, Militär, Kleinwind, Umweltschutz, Leitung, 50Hertz
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