2024-11-21
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Energiewende: Kraftakt auf dem Balkan

In fast allen Teilen Europas gelten erneuerbare Energien mittlerweile als selbstverständlicher Teil des nationalen Strommixes und Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes. Auf dem Balkan dagegen stehen Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien nach wie vor zahlreiche Herausforderungen auf institutioneller, politischer und regulatorischer Ebene entgegen.

Erst einen Monat ist es her, da verkündete der kroatische Umwelt- und Energieminister Tomislav Coric auf der WindEurope 2019, dass sein Land plane, die Windenergiekapazitäten in den nächsten 10 Jahren um den Faktor drei und seine Solarenergiekapazitäten um den Faktor 20 zu erhöhen. Zwar verfügt Kroatien – wie fast alle Länder auf dem Balkan – über einen hohen Anteil an Wasserkraft (fast 25 Prozent), doch die Branchenbereiche Wind und Solar stecken immer noch in den Kinderschuhen.

Zur Erzeugung von elektrischer und Wärmeenergie werden in dem Mittelmeeranrainerstaat vorrangig fossile Brennstoffe genutzt. Daneben versorgt das Atomkraftwerk Krško in Slowenien, ein gemeinsames Projekt der beiden Länder, vor allem den Norden Kroatiens und die Stadt Zagreb mit Strom. Zusätzlich wird Energie importiert – aber das ist teuer. Kein Wunder, dass die kroatischen Behörden mittlerweile der Ansicht sind, dass ein weiterer Anstieg der Investitionen in den Sektor der erneuerbare Energien die Schaffung von Arbeitsplätzen und das industrielle Wachstum des Landes vorantreiben wird, wie Balkan Green Energy News berichtet.

Wasserkraft hat auf dem Balkan traditionell einen hohen Anteil an der Stromproduktion (Bild: Pixabay)

Schließlich gehen auch an EU-Mitglied Kroatien die Anforderungen der Europäischen Union nicht vorbei. Mit Wind und anderen erneuerbaren Energiequellen will das Land daher den Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Energieverbrauch auf 32% bis 2030 und mindestens 56% bis 2050 erhöhen.

Ein weiter Weg, wie Zahlen aus dem Grünbuch Kroatiens belegen, das Analysen zur Vorbereitung einer Entwicklungsstrategie für den Energiesektor des Landes enthält. Demnach verfügte das Land Mitte 2018 über 22 Windparks mit einer installierten Gesamtleistung von 573 MW, während sich weitere fünf Projekte mit einer Gesamtleistung von 162 MW in Entwicklung und/oder Bau befanden. Der Bau der restlichen Anlagen soll bis Ende 2020 abgeschlossen sein. Auch die Solarleistung Kroatiens ist bislang winzig: Ende 2017 waren 1.223 Solarparks mit einer installierten Gesamtleistung von 51,49 MW in Betrieb und erhielten Fördermittel sowie weitere acht Projekte mit einer Leistung von 1.972 MW in Entwicklung/Bau.

Der Aussichtsturm Toranj na Dajbabskoj Gori über der Hauptstadt Montenegros, Podgorica (Bild: Pixabay)

Ähnlich sieht es auch in anderen Ländern auf dem Balkan aus, etwa in Montenegro. Der südöstliche Nachbar von Kroatien ist erst seit 2006 unabhängig und hat nur knapp 642.000 Einwohner. Aber auch hier gibt es Bestrebungen, künftig mehr in erneuerbare Energien zu investieren.

Das geht allerdings nicht ohne Hilfe aus dem Ausland. So sorgten im Jahr 2015 die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), unterstützt von Norwegen, für die Finanzierung des montenegrinischen Windparks Krnovo. Dabei handelte es sich laut The Financial um das erste private Stromerzeugungsprojekt des Landes und die erste große Investition in die Stromerzeugung seit den 1980er Jahren überhaupt. Heute macht der Windpark acht Prozent der gesamten installierten Stromleistung aus und trägt sechs Prozent zur Stromerzeugung in Montenegro bei. 100.000 Haushalte werden durch ihn mit Grünstrom versorgt und gleichzeitig mehr als 180.000 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr vermieden.

„In einem Land, in dem Wärmekraft immer noch eine wichtige Stromquelle ist, ist die Nutzung der reichlich vorhandenen Windressourcen Montenegros der Schlüssel zur Verbesserung der Kapazitätserzeugung im Land“, erklärt Jaap Sprey, der die EBWE in Montenegro leitet. „Der Windpark Krnovo (siehe Foto links: akuo energy) in Niksic im Mittelwesten Montenegros ist ein perfektes Beispiel für die Auswirkungen der EBWE auf die Region."

Dabei stellen fehlende Verwaltungskapazitäten den entscheidenden Engpass für die weitere Förderung von Ökostrom dar. Mit Unterstützung der erfahrenen Norweger hat die Bank allerdings mittlerweile in Zusammenarbeit mit den Behörden des Landes einen solideren Rechtsrahmen für die Unterstützung von Projekten im Bereich der nachhaltigen Energie geschaffen. Dazu gehören u.a. die Unterstützung bei der Höhe der Einspeisevergütung, die Erarbeitung von Regelungen zur staatlichen Förderung und die Entwicklung eines bankfähigen Stromabnahmevertrags für Grünstrom-Projekte.

Vor allem grenzüberschreitende Projekte sollen der gesamten Region Südosteuropa künftig helfen – zumindest nach dem Willen der EU, die von 2021 bis 2027 eine Finanzierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei Infrastrukturprojekten im Bereich der erneuerbaren Energien in Höhe von 1,3 Mrd. EUR zur Verfügung stellen wird. Neben der Finanzierung von Erneuerbaren sollen auch Netzanschluss- und Energiespeicherprojekte gefördert werden.

Kein einfaches Unterfangen in den Ländern, die noch immer geprägt sind vom Misstrauen aus Kriegstagen. „Wir sehen Integration als ein sehr wirksames Instrument zur Ausweitung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, zur Steigerung der grenzüberschreitenden Investitionen und, was vielleicht am wichtigsten ist, zur Förderung des Austauschs neuer Ideen und Innovationen“, betonte daher EBWE-Präsident Sir Suma Chakrabarti kürzlich. Er verwies auf die Integration durch physische Infrastruktur, die Regionen über Straßen, Eisenbahnen, Häfen, Flughäfen und Telekommunikation miteinander verbindet und Menschen und Waren leichter bewegen kann. Bereits 2018 konnte Montenegro dadurch mit einem Wirtschaftswachstum von fast fünf Prozent überraschen.

Letztlich machen die nordeuropäischen Länder vor, dass gerade auch bei der Energiewende die Verknüpfung untereinander der richtige Schritt ist.

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
Balkan, Energiewende, Wind, Solar, Ausbau, EU, EBWE, Bank, Finanzierung, Windenergie, CO2
Windenergie Wiki:
Windpark, MW



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