2024-12-04
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Schweden vs. Dänemark: Offshore-Windenergie in Nordeuropa

Auf der 13. Hamburg Offshore Wind Conference, die vor einer Woche stattfand, stellten Experten verschiedene europäische Offshore-Märkte vor. Dabei zeigten sich besonders in Nordeuropa signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern.

Dänemark gilt weltweit als das Mutterland der Windenergie. In den letzten 30 Jahren hat sich die Branche dort zu einem bedeutenden Wirtschaftszweig entwickelt, in dem mittlerweile über 30.000 der insgesamt rund 5,7 Millionen Dänen beschäftigt sind. Allein der Jahresumsatz der Turbinenbauer liegt bei 7,2 Milliarden Euro – kein Wunder, stellt Dänemark mit Vestas doch den größten Turbinenhersteller der Welt.

Aber auch in der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien liegt das Königreich ganz weit vorne. Der nationale Klimaschutzplan sieht vor, dass bis zum Jahr 2050 die gesamte dänische Stromversorgung durch Erneuerbare gedeckt wird und das Land ist bereits jetzt sehr weit auf diesem Weg.

Den größten Anteil daran hat mit rund 40 Prozent die Windenergie. Morten Basse Jensen, der Vorsitzende des dänischen Clusters Offshoreenergy.dk, betonte bei der Konferenz in Hamburg, dass dieser Anteil bis 2020 noch auf 60 Prozent ausgebaut werden soll. Am 9. Juli 2015 machte Dänemark international auf sich aufmerksam, als heimische Turbinen 140 Prozent der Strommenge produzierten, die das Land im Durchschnitt benötigt.

Turbinen mit einer Leistung von 4,8 Gigawatt sind bereits installiert, darunter auch verschiedene Offshore-Projekte. Bis 2020 ist laut Jensen ein weiterer Ausbau der Offshore-Windindustrie auf 1,5GW geplant. Dazu gehören vor allem die Projekte Horns Rev 3 sowie die Gebiete um Kriegers Flak, die direkt an die deutsche AWZ in der Ostsee grenzen. Des Weiteren will Dänemark in den kommenden Jahren mehrere Projekte realisieren, die als 'Near Shore'-Windparks geplant sind, d.h. die in einem Abstand von bis zu 12 Kilometern vor der Küste stehen. „Wir haben 'near shore' schließlich erfunden und wollen bis 2020 verschiedene Windparks mit einer Leistung von 450MW bauen“, so Jensen.

Der Zuschlag für den 400MW-Offshore-Windpark Horns Rev 3 in der Nordsee ging dabei kürzlich an das schwedische Energieunternehmen Vattenfall, das mit einem besonders niedrigen Preis für den zu erzeugenden Strom punkten konnte: Erstmals wurde Offshore-Windstrom für 10,31 Cent/kWh auf dem Markt angeboten. Der dänische Energieminister Rasmus Helveg Petersen kommentierte diese Entwicklung: „Mit Horns Rev 3 schreibt Dänemark Windenergie-Geschichte, indem wir signifikante Preisreduktionen im Offshore-Sektor umsetzen. Der niedrige Preis ist nicht nur gut für Dänemark, sondern gut für die internationale Energiewende.“

Karte von Horns Rev 3 (Quelle: Danish Energy Agency)

Auch im Gebiet um Kriegers Flak in der Ostsee will Dänemark neue Wege beschreiten. Dadurch, dass die dänische AWZ hier direkt an die deutsche und schwedische AWZ grenzt, ergeben sich neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit. In Deutschland ist der Windpark Baltic 2 vor einigen Tagen ans Netz gegangen. Wenn der Park in dänischen Gewässern fertig ist, sollen beide mit einer Stromtrasse verbunden werden, die den Stromfluss zwischen Nord- und Kontinentaleuropa vereinfacht.

Das Gebiet der drei AWZ um Kriegers Flak (Quelle: Energinet.dk)

 

Ganz anders sieht die Situation in Schweden aus: Das Land bezieht gegenwärtig noch immer knapp 50 Prozent seiner Energie aus Atomstrom. Die vor einem Jahr neu gewählte Regierung hat allerdings angekündigt, dass zukünftig nur noch auf regenerative Quellen gesetzt wird und bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, um aus der Atomenergie endgültig auszusteigen.

Source: Wikimedia Neben der intensiven Nutzung von Wasserkraft kann Schweden aber durchaus auch Erfolge in der Windenergie vorweisen. Das Land hat derzeit Windturbinen mit einer Leistung von 6000 Megawatt installiert, allerdings befinden sich diese alle onshore. Offshore hat Schweden mit seiner Küstenlänge von 3218 Kilometern gerade einmal 200 Megawatt installiert.

Göran Dalén, der auf eine lange Karriere in der Windbranche zurückblicken kann und aktuell für Trinda Energy als Senior Advisor arbeitet, benannte in Hamburg das Potenzial für Offshore-Wind in der Ostsee mit allen Anrainerstaaten mit 17.000 Megawatt. Es gibt aber verschiedene Faktoren, die den Ausbau der Offshore-Windenergie in der Ostsee erschweren. Da die Ostsee stark durch die Eiszeit mit ihren sich bewegenden Landmassen geprägt wurde, findet man im Wasser viele verschiedene Bodenarten vor. Durch ausgiebige Untersuchungen verfügt man aber über eine gute Kenntnis der Böden und kann bei der Auswahl der Fundamente und Gründungsstrukturen darauf zurückgreifen.

Das Eis, das in der Ostsee als Binnengewässer eine größere Rolle spielt als in der Nordsee, stellt laut Dalén dagegen kein Problem dar: „Das Eis ist beherrschbar, wie die vielen Leuchttürme zeigen, die wir in der Ostsee schon errichtet haben.“ Einzige Unwägbarkeit sei das Packeis, das man nicht kontrollieren könne. Aber gegen zufrierende Landungsstellen an den Turbinen könne man beispielsweise eine zweite Landeplattform weiter oben am Turm bauen, die mit dem Boot angelaufen wird, wenn die untere Plattform zugefroren ist.

Dalén verwies aber auf ein weiteres Problem, das den Ausbau der schwedischen Offshore-Branche bisher verhindert hat: das schwierige Verhältnis zwischen der On- und Offshore-Windbranche. Zwar wurde der letzte Offshore-Park in Schweden - von Eon errichtet -  komplett ohne Subventionen gebaut, allerdings liegt darin auch das Problem: Die Preise sind noch zu hoch, als dass sich die Offshore-Branche ohne Unterstützung durch die Regierung entwickeln könnte. Die Onshore-Befürworter sehen darin allerdings gerade auch den Hinderungsgrund: Die Windparks mit den gleichen Megawattzahlen können auch onshore errichtet werden und wären dort viel billiger, weshalb sie kein Interesse daran haben, dass offshore überhaupt gebaut wird.

Zwar hat die Regierung in den vergangenen Monaten an einem Konzept gearbeitet, aber eine Entscheidung wird es frühestens 2017 geben, wenn die Energiekommission dann einen endgültigen Entwurf vorlegen soll.

Insgesamt erinnert die Situation in Schweden an die derzeitigen Umstände in den USA. Auch dort konnte sich in den letzten Jahren durch die Unterstützung des PTC ein florierender Onshore-Markt entwickeln, während die Offshore-Windindustrie dort bis heute nicht Fuß fassen konnte. Durch den Bau des ersten Offshore-Parks Block Island sowie die Unterstützung der Regierung Obama, die sich im Zuge des 'Climate Action'-Plans speziell auch die Förderung von Offshore-Wind auf die Fahnen geschrieben hat, besteht allerdings Hoffnung, dass die Amerikaner nachziehen.

Ein Blick über den Tellerrand - gerade auch zum Nachbarn Dänemark - würde den Schweden sicherlich helfen, denn gerade die Dänen zeigen, dass nur ein guter Mix aus Offshore- und Onshore-Windenergie den Strommix nachhaltig zugunsten der Erneuerbaren verändern kann.

Autor:
Katrin Radtke
Email:
kr@windmesse.de
Windenergie Wiki:
Windpark, Turbine, Offshore, Megawatt, Hamburg, Energiewende



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