2024-05-04
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Klimaschutz „widerspricht den sozialdemokratischen Grundwerten“

Pressemeldung des Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) - Vorab: Die Dezemberausgabe des SPD-Organs 'Vorwärts' enthält gleich mehrere Werbeanzeigen für Verstromung der Braunkohle.

In Zusammenhang mit einer vom 'Vorwärts' abgelehnten Anzeige des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV) veranlasste dies Rüdiger Haude, Soziologe und Privatdozent an der RWTH Aachen, zu folgenden Überlegungen:

Der „Vorwärts“ hat eine bezahlte SFV-Anzeige, die auf die Dringlichkeit einer Energiewende und auf die insofern katastrophalen  Formulierungen im Koalitionsvertrag aufmerksam machen sollte,  abgelehnt, weil diese Anzeige „den sozialdemokratischen Grundwerten  widersprechen“ würde. Eine derart grundwertwidrige Anzeige ließen, so wurden wir beschieden, die „Richtlinien“ des Blattes nicht zu.

Gegen solche Richtlinien haben wir im Prinzip nichts einzuwenden. Es wäre fatal, wenn das SPD-Organ zum Beispiel Reklame für die Zerschlagung der deutschen Gewerkschaften oder für die Wahl der „Partei bibeltreuer Christen“ abdrucken müsste. Aber was an unserem Anzeigentext stand im Widerspruch zu den sozialdemokratischen Grundwerten? In der ablehnenden Mail war noch der Hinweis enthalten, dass ein Aufruf zur „Ablehnung des gesamten KOA-Vertrages aufgrund eines Satzes/eines Themas “nicht akzeptabel" sei. Wirklich nicht? Wir hätten den SPD-Mitgliedern eigentlich zugetraut, dass sie ihr Abstimmungsverhalten selbstständig im Lichte des gesamten
Vertragstextes ausrichten, so dass wir als Umweltschutz-Organisation auf jenen Punkt hinweisen durften, der nach
unserer Überzeugung allerdings tatsächlich schwerer wiegt als die meisten anderen. Inwiefern es zu den sozialdemokratischen Grundwerten gehört, dass man sich zu allen Aspekten eines 92-seitigen Papieres
äußern muss, wenn man auf den Skandal einer darin enthaltenen Passage hinweisen will, ist uns nicht verständlich geworden.
Dennoch haben wir der freundlichen Aufforderung, eine andere Anzeige einzureichen, postwendend Folge geleistet. Die Aufforderung, den „KOA-Vertrag abzulehnen", war darin durch das Bekenntnis ersetzt: „Als Umweltschutzverein sind wir über diesen Punkt entsetzt.“

Auf diese Entschärfung der Anzeige reagierte der „Vorwärts“ mit einer erneuten Absage, wobei auf die bereits zuvor genannten Gründe erwiesen wurde. Also: Auch unser Entsetzen widerspricht den sozialdemokratischen Grundsätzen?
Eigentlich lässt die ganze Affäre nur den Schluss zu, dass Kritik an der Pro-Kohle-Position der entstehenden Großen Koalition nach Meinung des „Vorwärts“ nicht mit „den sozialdemokratischen Grundwerten“  vereinbar ist. Also noch einmal: um welche Grundwerte geht es dabei?

Die SPD ist bei den Bundestagswahlen aufgrund eines 120-seitigen „Regierungsprogramms“ gewählt worden, von dem wir unterstellen, dass es den sozialdemokratischen Grundwerten nicht widerspricht. Dort heißt es zum Thema Klimawandel: „Wir werden den Klimawandel bekämpfen und bis zum Jahr 2050 mindestens 95 Prozent unserer CO2-Emissionen im Vergleich zum Basisjahr 1990 absenken.“ (S.91) Zur Energiepolitik ist zu lesen, die Sozialdemokraten wollten „vor allem durch eine echte Energiewende den Produktions- und Industriestandort Deutschland sichern und stärken“ (S.11). Zu den konkreten politischen Weichenstellungen hieß es freilich schon in diesem Programm, „nur in Windparks auf See“ könnten „auf regenerativer Basis große Strommengen produziert werden“; und überdies setze man „ebenso (noch) auf konventionelle Energieerzeuger, wie Kohle- und Gaskraftwerke, als Brückentechnologie, solange wir sie brauchen“ (S.35).
Nehmen wir an, diese irrigen Positionen, die vor allem einem Unverständnis gegenüber den Vorzügen eines dezentralen Energieversorgungssystems geschuldet zu sein scheinen, würden ebenso „sozialdemokratischen Grundwerten“ entsprechen, wie das Bekenntnis zu einer „echten Energiewende“ und zu ehrgeizigen Reduktionszielen beim CO2-Ausstoß: Dann widersprechen die diversen sozialdemokratischen Grundwerte einander, und die SPD täte gut daran, in die Debatte darüber einzutreten, welche dieser Grundwerte vorrangig sein sollen.  
Sie könnte dann auch darüber streiten, ob z.B. Arbeitsplätze im Braunkohle-Tagebau wichtiger sind als die in den Produktions- und  Installationsbetrieben der Wind- und Solarstrom-Anlagen. Ministerpräsidentin Kraft (NRW) scheint ja dieser Ansicht zu sein.  
Unsere SFV-Anzeige im „Vorwärts“ hätte einen kleinen Beitrag auch zu solcher überfälligen Klärung der sozialdemokratischen Grundwerte und ihrer möglichen Überführung in die Realität des 21. Jahrhunderts leisten können.

Wahrscheinlich gibt es aber gewichtigere Beiträge zu dieser Debatte. Diese geraten selten ans Licht der Öffentlichkeit. Aber auf den „Vorwärts“ vom Dezember 2013 ist hier Verlass. Das gleiche Heft, das aus Grundwerttreue keine Anzeige des SFV zugunsten der Energiewende drucken kann, bringt auf S.37 eine halbseitige Anzeige der RWE, in der dieser Kohle- und Atom-Konzern sich als Vorweggeher der Energiewende feiern darf (Schlagzeile: „Sind wir Deutschen eigentlich verrückt geworden?“).
Auf S.25 haben die Kollegen von Vattenfall ebenfalls halbseitig die Lausitzer Braunkohle zum „Partner für den Energiemix der Zukunft“ erklärt. EnBW hat eine Drittelseite auf S. 41. Nur E.ON hat den Schuss offenbar nicht gehört. Dass oberhalb der EnBW-Anzeige kein EnBW-Vertreter interviewt wird, sondern Alexander Jung, Generalbevoll-mächtigter von Vattenfall für Berlin – darin zeigt sich die journalistische Unabhängigkeit der „Vorwärts“-Macher!

Jung‘s Einsichten werden unter der Überschrift präsentiert: „Energiewende zum Nulltarif gibt es nicht!“ Er fordert: „Wir müssen […] die Systemverantwortung der Erneuerbaren stärken, ihre Marktintegration beschleunigen“ und für „weniger Subventions-Automatismus“ sorgen. Die Redaktion kommentiert unter einem Foto von Offshore-Windrädern:  
„Großkonzern auf grünen Wegen“. Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll.

Kurzum: Im gesamten Vorwärts-Heft vom Dezember 2013 werden uns die bekannten Feinde der Energiewende, die Verderber des Weltklimas, als Helden der Energiewende präsentiert – Böcke als Gärtner. Unser Inserat hätte bei dieser monströsen Operation offenbar gestört. Man gewinnt zunehmend des Eindruck, dass beim SPD-Wahlkampfslogan von 2013, der auch dem oben zitierten Regierungsprogramm als Titel diente, der  
Druckfehlerteufel ein paar Buchstaben durcheinandergewirbelt hat.  
Nicht „Das WIR entscheidet“ hätte es heißen müssen, sondern „Das RWI entscheidet“. Oder, noch eine Stufe ehrlicher: „Die RWE entscheiden“.

Ist das der heutige Stand der sozialdemokratischen Grundwerte? Der Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag wird es ans Licht bringen!

(Anmerkung des SFV: RWI = Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung - ein Institut mit engen finanziellen und inhaltlichen Verbindungen zum RWE)

Windenergie Wiki:
Windpark, Offshore, Energiewende




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