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Gamechanger für die Offshore-Industrie? Forschungsprojekt stellt erste Ergebnisse für neues Installationsverfahren vor
In einer Testreihe wurde untersucht, ob das Einbringen von Fundamenten in den Meeresboden mit Hilfe von Vibration eine praktikable Alternative zur Installation mit einem Hydrohammer ist.
Die ersten Testergebnisse wurden nun von Projektleiter RWE Innogy vorgestellt und stimmen durchaus optimistisch: So ist das Vibrieren nicht nur bis zu 10 Mal schneller als das Hämmern, sondern auch viel leiser – was gerade offshore ein wichtiges Kriterium ist, um die sensible Umwelt nicht übermäßig zu gefährden.
Neben RWE Innogy gehören dem Konsortium Unternehmen wie DONG Energy, Vattenfall, EnBW, E.ON und Bilfinger Offshore an. Gefördert wurde das Projekt vom Carbon Trust Offshore Wind Accelerator, einem weltweit führenden Forschungs- und Entwicklungsprogramm zur Reduzierung der Kosten der Offshore-Windenergie. Diverse Institutionen und Forschungsanstalten sowie weitere Unternehmen trugen ebenfalls ihren Teil bei: So wurden die verwendeten Testpfähle von Steelwind Nordenham geliefert, während PVE Dieseko den Vibrator und IHC den Hydrohammer herstellten. Dass sich so viele Unternehmen für ein Forschungsprojekt zusammengeschlossen haben, kann durchaus als Glücksfall betrachtet werden und zeigt laut Jan Matthiessen, Director Innovation beim Carbon Trust, „was durch eine gute Zusammenarbeit in der Industrie erreicht werden kann“. Die Suche nach Möglichkeiten zur Kostensenkung in der Offshore-Industrie ist also auch weiterhin in vollem Gange.
Die Möglichkeit, Pfähle zu vibrieren statt zu rammen, wird in der Bauindustrie bereits häufig in Städten eingesetzt, weshalb bekannt ist, dass Pfähle auf diese Art schneller, geräusch- und ermüdungsärmer installiert werden können. Für das Offshore-Projekt stand daher die Fragestellung im Mittelpunkt, ob voll einvibrierte Pfähle genauso standfest wie gerammte Pfähle sind. Vor allem die laterale Standfestigkeit, d.h. die seitliche Belastung, war von Interesse, da diese durch die konstante Meeresströmung eine besonders große Rolle spielt.
Schlagrammen (Foto: RWE Innogy)
Um das Verfahren zu testen, wurde zunächst nach einem geeigneten Standort onshore gesucht. Erste Überlegungen, ein Testgelände in der Nähe der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin zu finden, wurden aufgrund der Pfahlgröße schnell wieder verworfen, da man die Pfähle schlichtweg nicht dorthin hätte transportieren können. So fiel die Wahl schließlich auf eine Sandgrube in Altenwalde nahe Cuxhaven, wo man perfekte Testeigenschaften vorfand: Der Boden vor Ort ist bedingt durch einen hohen Grundwasserspiegel wassergesättigt und ähnelt in der Sanddichte dem Nordseeboden.
Da die Pfähle durch den Wesertunnel transportiert werden mussten, gab es auch hier eine Einschränkung in der Größe. Man arbeitete mit einem Maßstab von 1:3 im Vergleich zu den in der Nordsee verwendeten Pfählen, die mit Hilfe des größten europäischen Onshore-Krans aufgerichtet wurden.
Die Versuchsanordnung sah in der ersten Testphase das Einarbeiten von drei Stahlpaaren mit jeweils einem eingerammten und einem vibrierten Pfahl vor. Nachdem die Pfähle installiert waren, führte man in der zweiten Testphase vier Monate später Untersuchungen zur lateralen Belastung durch, die in einer dritten Testphase von der Leibnitz-Universität Hannover ausgewertet wurden.
Erste positive Ergebnisse konnten bereits unmittelbar nach der Installation der Pfähle im Sandboden festgestellt werden: So dauerte das Einschlagen eines Pfahls 32 Minuten, während sein vibrierter Partner bereits nach zwei Minuten im Erdreich verschwunden war. Die Installationszeit der vibrierten Pfähle war insgesamt bis zu zehn Mal kürzer als die der gerammten Pfähle. Als Einschränkung muss allerdings erwähnt werden, dass diese Zahlen offshore nicht zu erreichen sind: Die Testpfähle konnten während des Vibrierens onshore nicht weiter gesteuert werden, da der Kran aufgrund der Bewegung sonst zusammengebrochen wäre. Hier müssen für die tatsächliche Offshore-Installation noch weitere Lösungen erarbeitet werden.
Belastungstest (Foto: RWE Innogy)
Auch die Standfestigkeit für gerammte und vibrierte Pfähle zeigte ähnliche Ergebnisse – hier kam das Konsortium allerdings insgesamt zu der Feststellung, dass diese maßgeblich vom gesamten Installationskonzept abhänge, sprich auch Pfahldesign und Rüttelfequenz etc. spielen eine Rolle. Nach Abschluss dieses Projekts Ende des Jahres wird RWE Innogy daher weitere Testreihen durchführen, um diesen Aspekt der Ergebnisse zu untersuchen, bevor das Vibrieren der Pfähle tatsächlich als alternative Installationsmethode zur Verfügung steht.
Besonderes Augenmerk lag während der Tests auch auf der Lärmbelastung: So konnte festgestellt werden, dass der maximale Schalldruckpegel beim Vibrationsverfahren deutlich geringer ausfällt als beim herkömmlichen Rammverfahren. Allerdings muss noch näher untersucht werden, was die insgesamt länger andauernde, dafür aber konstant gleich hohe Schallbelastung für Auswirkungen auf die Umwelt hat. Insgesamt blieb man bei den Tests aber unter den in Deutschland maßgeblichen 160 Dezibel bei der Installation. So ist es zukünftig denkbar, dass teure Methoden zur Lärmreduktion wie die Anwendung eines Blasenschleiers beim Vibro-Installationsverfahren wegfallen könnten.
Auch nach Abschluss des Projekts sind also noch eine ganze Reihe an weiteren Fragen zu klären. Das Vibro-Konsortium begleitet aktiv verschiedene R&D-Projekte, die die Installation von vibrierten Pfählen simulieren, z.B: die numerische Installation von vibrierten und geschlagenen Pfählen oder Drucksondierungstests bei der Vibration, die derzeit von der Universität Bremen durchgeführt werden.
RWE Innogy selbst untersucht nun im Zuge weiterer R&D-Projekte verschiedene Einflussfaktoren, um die Vibro-Methode zu optimieren. Projektleiter Benjamin Matlock gibt sich optimistisch, dass das Verfahren erstmals 2017 oder 2018 bei einem Offshore-Windpark eingesetzt werden kann: „Wir haben wichtige Daten gesammelt, die uns jetzt dabei helfen, die alternative Installationsmethode für den Einsatz unter Realbedingungen auf hoher See weiterzuentwickeln.“
- Autor:
- Katrin Radtke
- Email:
- kr@windmesse.de
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