Meldung von Windmesse.de
Zum Branchenprofil von
US-Offshore-Markt: Europäer greifen Amerikanern unter die Arme
Die Amerikaner haben bislang ein reserviertes Verhältnis zur Offshore-Windenergie. Zwar wird derzeit endlich das erste Projekt vor Rhode Island realisiert, wo man aktuell die Fundamente des Block-Island-Windparks installiert, doch andere große Projekte wie Cape Wind sind bereits grandios gescheitert. Nun scheint allerdings Bewegung in den Offshore-Wind zu kommen – und das ausgerechnet vor der Küste von Massachusetts, wo auch der Cape-Wind-Park entstehen sollte.
Schuld daran sind – wie sollte es anders sein – die Europäer. Schon lange wird von Europa aus auf den lukrativen US-Markt geschielt, umso mehr, da das amerikanische Energieministerium kürzlich neue Zahlen zum Potenzial des Offshore-Winds in amerikanischen Gewässern veröffentlicht hat. Das soll sich auf knapp 4.150 Gigawatt belaufen und bietet momentan anscheinend noch grenzenlose Expansionsmöglichkeiten. Voraussetzung: Man sollte von Anfang an dabei sein.
Kein Wunder, dass der weltweite Marktführer unter den Offshore-Projektierern DONG Energy auf den US-Markt drängt. Die Dänen haben kürzlich den Zuschlag bei einer der amerikanischen Ausschreibungsrunden erhalten und präzisierten nun ihre Pläne für den Bau eines Windparks. Dieser soll mit 100 Turbinen 25 Kilometer südlich der Insel Martha's Vineyard entstehen.
Vergleiche mit dem deutlich kleineren Cape-Wind-Projekt, das unter anderem am Protest der Einwohner der Region scheiterte, liegen auf der Hand. Entsprechend schnell wies DONG auch auf die Unterschiede hin. Man habe Erfahrung im Bau von Offshore-Parks, außerdem sollen die Turbinen viel weiter draußen auf See aufgestellt werden. Selbst an klaren Tagen seien sie kaum vom Ufer aus zu sehen. So betonte auch Thomas Brostrom, Manager der Nordamerika-Sparte von DONG Energy, gegenüber dem Boston Globe: „Wir haben die Erfahrung und die Expertise.“
Das scheint bislang auch die Gegner des Cape-Wind-Projekts zu überzeugen. Die 'Alliance to Protect Nantucket Sound', bisher entschiedenster Gegner von Cape Wind, etwa schlägt viel leisere Töne gegenüber DONG an. Audra Parker, Präsidentin der Allianz, sagte: „Es ist ein viel besserer Plan. Wir finden, dass diese Gegend viel besser für einen Offshore-Windpark geeignet ist.“
Der von DONG Energy errichtete Offshore-Windpark Anholt (Foto: DONG Energy)
Ein weiterer Vorteil liegt bei der Finanzierung: Während Cape Wind in finanzielle Bedrängnis geriet, nachdem zwei der Investoren abgesprungen waren, wird so etwas bei DONG nicht passieren. Das Unternehmen geht davon aus, die Kosten selbst tragen zu können. „Es ist für uns nicht beängstigend. Wir wissen, was wir tun“, so Brostrom, der auch die Vergleichbarkeit zu Projekten in der Nordsee zitiert. Wind- und Bodenverhältnisse seien sich ähnlich, auch wenn Genaueres erst in langwierigen Gutachten und Tests in den kommenden Jahren bestätigt werden muss.
Die generell sinkenden Kosten in der Offshore-Windbranche tragen ebenfalls dazu bei, dass sich auch die Amerikaner langsam überzeugen lassen. So veranstaltete das US-Innenministerium kürzlich die fünfte Ausschreibungsrunde für Offshore-Flächen, bei der es um zwei Gebiete mit einem Potenzial von bis zu 3400 MW vor der Küste von New Jersey ging. Den Zuschlag erhielten die Unternehmen RES America und US Wind. „Wir sind erfreut darüber, dass sich das kommerzielle Interesse an der Offshore-Windindustrie fortsetzt, wie man an dieser Ausschreibung gesehen hat“, sagte BOEM-Direktorin Abigail Ross Hopper in einem Statement.
Bis sich tatsächlich Windturbinen vor der Küste von New Jersey drehen, kann es allerdings noch eine Weile dauern, denn beide Ausschreibungsgewinner haben nun zunächst ein Jahr Zeit, um ihre genauen Pläne vorzulegen, die wiederum der Zustimmung der zuständigen Behörden – auf nationaler und regionaler Ebene – bedürfen. Daran sind bereits andere Projekte gescheitert beziehungsweise kämpfen mit Problemen, wie das Projekt von Fishermen's Energy vor Atlantic City zeigt.
Einen anderen Weg geht daher das Unternehmen Trident Winds vor der amerikanischen Westküste. Dort arbeitet man aktuell an Plänen für einen schwimmenden Windpark, denn da der Seeboden bereits kurz vor dem Ufer steil abfällt, sind schwimmenden Turbinen die einzige Möglichkeit, den reichlich wehenden Wind an der Pazifikküste zu ernten. Aktuell versucht Alla Weinstein, CEO von Trident Winds, in Kalifornien Unterstützung für das Projekt zu sammeln. "Es ist kein Öl. Es ist keine fossile Energiequelle. Es gibt keine Ölpest. Es ist Energie aus dem Golfstrom, so pur, wie es überhaupt geht", betont sie.
Das Unternehmen hat aktuell eine Fläche vor der Kleinstadt Morro Bay im Auge. Dort soll, nach dem Willen der Firma aus Seattle, demnächst ein schwimmender Windpark mit einer Leistung von 1000 MW entstehen. Zwar gehört Kalifornien nach Texas zu den amerikanischen Bundesstaaten mit der meisten Windenergie, aber offshore hat sich dort bislang noch nicht viel getan. Entsprechend skeptisch zeigen sich Anwohner und die örtlichen Fischer, die Angst um ihre Fischgründe haben. „Sie wollen den Park in einer Region aufstellen, in der viele Männer fischen“, sagt Tom Hafer, Vorsitzender der örtlichen Fischereivereinigung, gegenüber den San Jose Mercury News. „Wir sind gewillt, mit ihr zusammen zu arbeiten. Aber wir machen uns Sorgen.“
Auch die Naturschützer wissen noch nicht recht, wie sie Offshore-Wind einordnen sollen. So betrachtet Andrew Christie, Vorsitzender des örtlichen Ablegers vom Sierra Club – der größten Naturschutzorganisation der USA – die Idee von schwimmenden Turbinen mit gemischten Gefühlen: „Alles, was wir bis jetzt wissen, ist, dass es sehr groß wird und schwimmt. Es werden keine Betonpfähle in den Seeboden gerammt, was gut ist. Wir machen uns aber Gedanken um vorbeiziehende Wale, Lichter bei Nacht und generell um die Vögel. Sind die Rotoren langsam genug, um zu verhindern, dass sie als Vogelfrikassee enden?“
Bei den Kollegen von der Ostküste hat sich mittlerweile die Erkenntnis durchgesetzt, dass Wind das kleinere Übel in der Energiegewinnung sein könnte, weshalb Emily Norton vom Sierra Club Massachusetts kürzlich an der Einweihungszeremonie für den Block-Island-Windpark teilnahm. „Ich werde mich an diesen Tag erinnern und meinen Kindern und Enkeln erzählen, dass ich dabei war, als der erste US-Offshore-Windpark gebaut wurde. Wir haben die Wahl, ihnen entweder eine Zukunft mit fossiler Energiegewinnung, die zu extremen Stürmen, Hitzewellen und Dürre führt, zu hinterlassen oder aber eine Zukunft, die durch Wind- und Sonnenenergie sowie Smart Technology geprägt ist.“
Einweihungszeremonie Block Island Windpark (Foto: Clint Plummer, Vizepräsident von Deepwater Wind, @clint_plummer)