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Von den Problemen einer Energieunion in der Nordsee
Die Windindustrie hat in den letzten Jahren große Sprünge nach vorne gemacht, auch die Offshore-Windtechnologie ist endlich in Gang gekommen. Aus Sicht der EU sind aber vor allem im Bereich des Netzausbaus noch große Probleme vorhanden, die mit besserer Abstimmung und neuen Regularien zu beheben wären. Gerade für die Zeit von 2020 bis 2030 müssen noch einige Anstrengungen unternommen werden, um die vorhandenen Synergien besser auszuschöpfen.
So kritisiert Devlin, der bei der Europäischen Kommission für Energieprojekte in der Nordsee zuständig ist, unter anderem die fehlende Zusammenarbeit der einzelnen Nordsee-Anrainerstaaten. „Die Offshore-Windenergie verfügt über enormes Potenzial. Wenn Deutschland beispielsweise mit seinen beiden Nachbarn (Dänemark und den Niederlanden), aber auch mit Großbritannien besser zusammen arbeiten würde, wäre das Potenzial noch größer“, kommentiert Devlin die aktuelle Situation. In Deutschland besteht das Problem seiner Meinung nach vor allem darin, dass die einzelnen Bundesländer sich im Moment bezüglich der großen Stromtrassen einigen müssten. Die EU wartet derweil darauf, das Deutschland seine internen Probleme endlich löst, damit es sich auch mit seinen internationalen Nachbarn zusammensetzen kann.
Von der EU wird derweil ein 'Coordinated Development' angestrebt: Die einzelnen Länder werden durch die Nordsee mit einigen wenigen, leistungsstarken Stromtrassen miteinander verbunden, sodass der Energieaustausch der Länder einfacher wird. Ein koordiniertes Vorgehen sei dabei besser, denn so würden insgesamt weniger Trassen benötigt. Dadurch könne langfristig auch mit einer Steigerung der Akzeptanz in der Bevölkerung gerechnet werden, denn bei einer koordinierten Entwicklung seien weniger Trassen und dadurch weniger Masten und Umspannstationen nötig, erklärt Devlin.
Derzeit rechnet die EU mit Kosten von 67 bis 100 Milliarden Euro für den Ausbau des gesamten Nordseenetzes. Eine immense Summe, die nur gemeinsam über einen längeren Zeitraum gestemmt werden kann. Dazu sei es allerdings auch notwendig, so Devlin, dass man sich auf ein gemeinsames Design des Netzes einige und vor allem legale Hürden in den einzelnen Staaten aus dem Weg räume. Wenn man sich einmal geeinigt habe, dann dürfe es keine Einmischung mehr von den Regierungen geben – dass etwa nach einem Regierungswechsel in einem Land das Design über den Haufen geworfen werde, fordert er. „Wenn ich mir die rechtlichen Voraussetzungen in den einzelnen Ländern im Moment so anschaue, dann weiß ich gar nicht, wie bislang überhaupt irgendetwas gebaut werden konnte“, so Devlin.
Die EU drängt derweil auf eine schnelle Einigung der Anrainerstaaten, damit mit der Koordination begonnen werden kann. Bis 2030 könnte das System dann fertig gestellt sein und weit über dieses Jahr hinaus dafür sorgen, dass die Windenergie die größte Rolle bei der Stromversorgung in Nordosteuropa einnimmt.
Einen interessanten Vergleich zieht Devlin unterdessen zur Ostsee. Dort läuft die Koordination der Anrainer wesentlich besser. Auch die baltischen Staaten sind bereits in die bestehenden Netze integriert. Dort gab es von Anfang an weniger Ressentiments gegenüber einer internationalen Zusammenarbeit: „Ich habe den Eindruck, die Staaten dort sind von der Einstellung her viel weiter.“
Die WINDFORCE 2015 fand im Atlantic Hotel Sail City in Bremerhaven statt (Foto: Katrin Radtke)
- Autor:
- Katrin Radtke
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