2024-11-24
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Die Stimmung in Deutschland ist düster

Deutschland kommt in Europa eine besondere Stellung zu: Als größte Volkswirtschaft der EU, ehemaliger Exportweltmeister und früherer Pionier in der Energiewende schauen andere Länder ganz genau hin, wie es um die Wirtschaft im Land bestellt ist. Und die Stimmung ist aktuell düster.

Dauerstreit in der Regierungskoalition, hohe Energiepreise, Druck aus dem Ausland: Die Liste der Sorgen in der deutschen Wirtschaft sind aktuell lang. Kein Wunder, dass die Stimmung schlecht ist. So zeigt der Daumen im Energiewende-Barometer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) eindeutig nach unten. 3.572 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen des Landes haben sich beteiligt und sorgen für den schlechtesten Wert seit dem Start der Befragungen im Jahr 2012. „Nie waren die Sorgen um die eigene Wettbewerbsfähigkeit größer“, so Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der DIHK, bei der Vorstellung der Umfrageergebnisse.

Und auch das Konjunkturbarometer des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hat keine positiveren Aussichten zu bieten: „Noch ist für die deutsche Wirtschaft kein deutlicher Aufschwung in Sicht“, erklärt Timm Bönke, Co-Leiter des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik im DIW Berlin. „Die Wirtschaft hat nach der Winterrezession im zweiten Quartal stagniert und dürfte auch in der zweiten Jahreshälfte nur verhalten zulegen.“

Die Konjunkturschwäche zieht sich aktuell durch alle Bereiche. Gerade die Energiebranche hat aktuell große Probleme – dabei sind die langfristigen Prognosen durchaus positiv. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und die darauf folgende Energiekrise hat sich Deutschland von russischen Gasimporten losgelöst. Die Erneuerbaren boomen und genießen mittlerweile auch in weiten Teilen der Bevölkerung großen Rückhalt. Trotzdem profitieren davon momentan noch zu wenig Unternehmen.

Das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die Energiepolitik ist nachhaltig gestört (Bild: DIHK)

"Während früher die Unternehmen auch Chancen in der Energiewende gesehen haben, überwiegen nun in der Einschätzung der gesamten Wirtschaft die Risiken", so Dercks von der DIHK. "Weite Teile unserer Wirtschaft treiben die Sorge um eine auch mittel- und langfristig mangelhafte Energieversorgung stark um. Das ist eine insgesamt besorgniserregende Entwicklung, die wir alle sehr ernst nehmen sollten."

Obwohl die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, um die Energiewende zu beschleunigen – etwa durch den Abbau von Bürokratie beim Bau von neuen Grünstromanlagen – reichen die Maßnahmen nicht aus, um der Wirtschaft die Sorgen zu nehmen. „Nach dem Energiepreisschock Ende letzten Jahres und dem relativ glimpflich verlaufenen Winter sind die Unternehmen zutiefst in Sorge, was die weitere Entwicklung angeht. Sie sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit infrage gestellt“, so die DIHK.

Dabei hat die Energiekrise bei fossilen Brennstoffen durchaus auch positive Seiten, wie die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) aufzeigt: So wurde die Wettbewerbsfähigkeit von Strom aus erneuerbaren Energien beschleunigt. Rund 86 Prozent aller neu in Betrieb genommenen erneuerbaren Kapazitäten im Jahr 2022 wiesen niedrigere Kosten als Strom aus fossilen Brennstoffen auf. Hinzu kommen Senkungen der CO2-Emissionen und der lokalen Luftschadstoffe, die insgesamt erhebliche wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, wie Organisation betont: „Ohne den Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten zwei Jahrzehnten wäre der wirtschaftliche Umbruch infolge des Preisschocks bei fossilen Brennstoffen im Jahr 2022 weitaus gravierender gewesen, und viele Länder wären möglicherweise nicht in der Lage gewesen, ihn mit öffentlichen Mitteln abzufedern.“

Energieintensive Industrien (hier BASF in Ludwigshafen) blicken besonders sorgenvoll in die Zukunft (Bild: Pixabay)

„Die wirtschaftlichen Argumente für erneuerbare Energien sind heute mehr als überzeugend, bis 2030 müssen jedoch weltweit jedes Jahr durchschnittlich 1.000 GW an erneuerbarer Energie zugebaut werden, damit das 1,5°C-Ziel greifbar bleibt, d. h. mehr als das Dreifache von 2022. Wir haben keine Zeit für einen schrittweisen Ausbau eines neuen Energiesystems, wie es bei den fossilen Brennstoffen der Fall war. Im Vorfeld der COP28 in Dubai Ende dieses Jahres zeigt der aktuelle Bericht einmal mehr, dass die Länder mit den erneuerbaren Energien die beste Klimalösung zur Hand haben, um ehrgeizigere Ziele festzulegen und Maßnahmen auf kosteneffiziente Weise zu ergreifen“, erklärt Francesco La Camera, Generaldirektor der IRENA.

In Deutschland zeigt sich dagegen ein gegenteiliger Effekt. Gerade in der energieintensiven Industrie schränkt fast die Hälfte der Firmen ihre Investitionen ein. „Das ist das Gegenteil von dem Investitionsaufschwung, den wir zur Bewältigung der aktuellen Krisen und zur Beschleunigung der Transformation in Richtung Klimaneutralität brauchen", macht Dercks deutlich. Das dürfte sich auch in den kommenden Monaten nicht ändern: „Die Unternehmen dürften sich mit Investitionen wohl noch eine ganze Weile zurückhalten,“ sagt Laura Pagenhardt, DIW-Konjunkturexpertin. Keine guten Aussichten für die deutsche Wirtschaft.

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
Deutschland, Stimmung, Prognose, Wirtschaft, Energiewende, energieintensiv, Inflation, Kosten, Umfrage, Monitor, Maßnahme, Politik



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