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Fachartikel: Forschungsprojekt bestätigt Überlegenheit der hydraulischen streckgrenzgesteuerten Montage
Das selbsttätige Lösen von Schraubenverbindungen stellt in der Praxis ein hohes Sicherheitsrisiko dar und bedingt deshalb relativ kurze Inspektionsintervalle zur Erkennung unzureichender Verbindungen. Speziell unter Wasser bedeutet das einen enormen Aufwand, der auf die Rendite drückt. Besonders massiv ist der Kostenblock im Offshore-Bereich, beispielsweise bei Windenergieanlagen, aber auch bei Bauten der Offshore-Öl- und Gasindustrie, die im Meer errichtet werden. Aufgrund der hohen Relevanz dieser Problemstellung für den gesamten Stahlwasserbau untersuchten das Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP und die Technische Universität Dresden (TUD) den Themenkomplex. HYTORC unterstützte die Forschungsarbeiten mit Material und Personal.
Alle zyklisch belasteten Schraubenverbindungen eint dasselbe riskante Verhalten: Trotz hoher Prüf- und Nachziehaufwände treten regelmäßig kritische Schraubenverbindungsversagen auf, welche zu herabfallenden Bauteilen führen. Nochmals schwieriger ist die Situation im Offshore-Bereich. Die widrigen Bedingungen bei Servicearbeiten im Wasserwechsel- und Unterwasserbereich stellen besondere Anforderungen an die Servicetechniker. Zudem ist von einer medialen Beeinflussung der Reibungsverhältnisse durch Meerwasser auszugehen, sodass bei nicht angepassten Anziehverfahren keine qualitätsgerechte Verbindung mit definierter Vorspannung ausgebildet werden kann. „Durch die Entwicklung eines Verfahrens zur Schraubensicherung im Unterwasserbereich kann eine erhebliche Wartungskostenreduzierung von Schraubverbindungen in exponierten Lagen erreicht werden. Für die Sicherheit der Anlagen, den Umweltschutz und für unsere Kunden bedeutet das immense Vorteile. Deswegen haben wir diese wichtige Forschungsarbeit mit hohem Einsatz unterstützt“, sagt Patrick Junkers, Geschäftsführer der HYTORC Barbarino & Kilp GmbH.
Bild oben: Der Offshore-Bereich verlangt besondere Aufmerksamkeit bei der sicheren Verschraubung (Quelle: KWE-Ingenieurbüro)
Versuchsaufbau verdeutlicht Problematik beim drehmomentgesteuerten Anziehen
Weder Eurocode 3 noch DIN EN 1090-2 enthalten explizite Hinweise zur Auslegung und Montage von Schraubenverbindungen unter Wasser. Aus der DIN EN 1090-2 lässt sich lediglich ableiten, dass eine Unterwassermontage einige Schwierigkeiten mit sich bringt, da Verunreinigungen der Kontaktflächen nicht ausgeschlossen werden können. Bislang existierte auch noch keine Vorgabe zur Überprüfung der Auswirkung von Wasser auf die Haftreibungszahl der Kontaktflächen. Die dafür notwendigen Versuchsaufbauten wurden im Rahmen des Projekts konzipiert und realisiert. Verschiedene Anziehverfahren und die Nutzung alternativer Scheiben wurden mit unterschiedlichen Zielsetzungen für einen Einsatz unter Wasser erprobt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind im Folgenden zusammengefasst.
- Die werksseitige Schmierung von Garnituren mit Molybdändisulfid (MoS2) scheint für einen Unterwassereinsatz nicht geeignet, da die Schmiereigenschaften von MoS2 unter Einfluss von Wasser erheblich degradieren. Mit der Montage unzureichend geschmierter HV-Garnituren gehen verschiedene Risiken einher:
- Bei drehmomentgesteuertem Anziehen ist eine deutliche Unterschreitung des Vorspannkraftbemessungswertes möglich. Ein selbsttätiges Lösen der Verbindungen kann infolge dessen und insbesondere unter zyklischer Belastung auftreten.
- Die drehmoment-drehwinkelgesteuerte Montage führte zu deutlich höheren Vorspannkräften, birgt jedoch die Gefahr einer Überbeanspruchung der Schraube beim Anziehen.
- Das hydraulische streckgrenzgesteuerte Verfahren (SGA) bietet den Vorteil, Schrauben durch rechtzeitigen Prozessstopp beim Anziehen nicht zu überlasten. Im Rahmen der Versuche führte SGA zu Vorspannkräften oberhalb des Bemessungswertes - trotz unzureichender Reibverhältnisse und teils ungenügender Sicherung gegen Mitdrehen.
Das gilt selbst bei der Verwendung von HV-Garnituren mit kurzer Klemmlänge. Auch diese steiferen Verbindungen, die in der Schraubmontage schwieriger zu realisieren sind, wurden mittels des hydraulischenstreckgrenzgesteuerten Verfahrens im Untersuchungsverlauf problemfrei angezogen.
- Die verdrehsicheren Unterlegscheiben zWasher und BackUp-Washer können zum Schutz gegen Mitdrehen beitragen und außerdem zu höheren Vorspannkräften bei drehmomentbasierter Montage führen als bei Montage von HV-Scheiben erreichbar wären.
Besonders im Wasserwechselbereich unterliegen Flanschverschraubungen widrigen Bedingungen (Quelle: KWE-Ingenieurbüro)
Streckgrenzgesteuertes Anziehen als Maßnahme zur Schraubensicherung
In Anbetracht der unter Wasser unklaren Reibverhältnisse bei Schmierung der Garnituren mit MoS2 ist insbesondere die Einhaltung des Vorspannkraftbemessungswertes bei drehmomentgesteuerter Montage fragwürdig. Die Nutzung des kombinierten Verfahrens könnte hinsichtlich der besseren Ergebnisse unter regulären Bedingungen auch unter Wasser eine Option für eine zuverlässigere Montage sein, da sich die winkelgesteuerte, überelastische Schraubmontage durch einen geringen Reibungseinfluss auf die Höhe der erzeugten Vorspannkraft auszeichnet. Darüber hinaus stellt das streckgrenzgesteuerte Verfahren eine weitere Möglichkeit und im Falle unklarer Reibverhältnisse eine vielversprechende Alternative zum Anziehen der Garnituren dar. Aufgrund der Prozesssteuerung beim hydraulischen streckgrenzgesteuerten Anziehen (SGA) wird die größtmögliche Montagevorspannkraft in der Schraubenverbindung erzeugt. Da eine hohe und definierte Montagevorspannkraft eine Sicherungsmaßnahme gegen Lockern und selbsttätiges Losdrehen darstellt, kann das streckgrenzgesteuerte Anziehen als Maßnahme zur Schraubensicherung herangezogen werden. Auch zeigten die Untersuchungen, dass es mit dem hydraulischen streckgrenzgesteuerten Verfahren möglich ist, optimal auf Flanschimperfektionen zu reagieren, um ein bestmöglichstes Vorspannkraftniveau bei einer gleichzeitig geringen Vorspannkraftstreuung zu erzielen. Extrapolierte Messungen zeigten, dass die zu erreichende Mindestvorspannkraft auch nach 25 Jahren sichergestellt ist, sofern Schraubverbindungen mit dem hydraulischen streckgrenzgesteuerten Verfahren prozesssicher angezogen worden sind.
Im Boatlanding-Bereich wären versagende Schraubverbindungen ein Risiko für Leib und Leben (Quelle: KWE-Ingenieurbüro)
Überlegenheit des streckgrenzgesteuerten Anziehens wissenschaftlich belegt
Bereits im Jahr 2016 hat die Hochschule Offenburg im Rahmen eines ZIM-Forschungsprojekts herausgefunden, dass mit Hilfe des hydraulischen streckgrenzgesteuerten Verfahrens selbst lackierte Bauteile prozesssicher verschraubt werden können. Denn auch hier wird eine Vorspannkraft in ausreichender Höhe prozesssicher erzeugt. Es entsteht ein Kraftfluss in der lackierten Verbindung und ein mögliches Gleiten in der Trennfuge wird von vornherein durch den erzeugten Reibschluss vermieden.
In Kooperation mit Siemens und unter Beteiligung von Spezialisten der internationalen Klassifikationsgesellschaft DNV GL hat HYTORC Versuchsreihen beim Hamburger Element Werkstofflabor initiiert, um die überlegene Sicherheit des SGA wissenschaftlich zu beweisen. Die überzeugenden Testergebnisse führten im Frühjahr 2019 zur Freigabe des SGA durch den DNV GL für alle Anwendungen im Schiffbau. Aufgrund dieser Freigabe lässt sich das SGA auch bei der Montage von On- und Offshore-Windenergieanlagen einsetzen. Die hervorragende Eignung des Verfahrens für kritische Schraubverbindungen unter Wasser bestätigen nun die Forschungsergebnisse des Fraunhofer IGP und der Technischen Universität Dresden.
„Wir plädieren seit Jahren dafür, dass sicherheitsrelevante Schraubverbindungen unter schwierigen Bedingungen ausschließlich streckgrenzgesteuert angezogen werden sollten. Die wissenschaftlichen Untersuchungen untermauern mit objektiven Daten unsere Argumentation. HYTORC hat frühzeitig den Nutzen dieses Verfahrens erkannt. Wir haben einfach bedienbare, hochpräzise und zuverlässige Werkzeuge und Schraubprozesssteuerungen entwickelt und dem streckgrenzgesteuerten Anziehen den Weg zur massenhaften Anwendung geebnet“, so Junkers.
Das vom 01.09.2017 bis 29.02.2020 durchgeführte Forschungsvorhaben (IGF 19.675 B, DVS V4.015) „Qualifizierung eines Verfahrens zur Montage und vorspannkrafterhaltenden Sicherung von Schraubenverbindungen im Unterwasserbereich“ der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren des DVS e. V. wurde über die Allianz der Forschungsvereinigung AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (Grafik rechts: BMWi). Als Forschungseinrichtungen beteiligt waren die Fraunhofer-Gesellschaft e.V., Fraunhofer-Einrichtung für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP sowie die Technische Universität Dresden, Institut für Fertigungstechnik, Professur für Fügetechnik und Montage.
- Quelle:
- Hytorc
- Autor:
- Pressestelle
- Link:
- www.hytorc.de /...
- Keywords:
- Hytorc, unter Wasser, Verschrauben, hydraulisch, Montage, streckgrenzgesteuert, Schraubenverbindung, Prüfung, Sicherheit, offshore, Windindustrie, Meer, Bedingungen, Service
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