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Energiewende: Steigt Bayern aus? im Windmesse-Newsletter
...die Leistung des 1966 (!) in Betrieb gegangenen AKW Gundremmingen bis zur geplanten Stilllegung 2017 bzw. 2021 um jeweils 20 Megawatt pro Meiler zu erhöhen. Der Ausbau der Windenergie dagegen kommt zum Erliegen.
Der öffentliche Aufschrei nach Bundesumweltminister Altmaiers Vorschlag zur Strompreisbremse war laut. Von allen Seiten hagelte es Anfang des Jahres Kritik, dass mit dieser Maßnahme die Energiewende in Deutschland gefährdet sei. Letztlich konnten er und Angela Merkel nicht anders, als das Thema in die nächste Legislaturperiode zu verschieben – ein zu heißes Eisen für den Wahlkampf zur anstehenden Bundestagswahl.
Mittlerweile hat sich die öffentliche Stimmung rund um den Energiemarkt beruhigt. Zwar wird noch immer darüber gestritten, wo – und ob überhaupt – in Deutschland ein Atommüllendlager gebaut wird, aber woher der Strom aus deutschen Steckdosen kommt, interessiert die meisten Menschen dieser Tage recht wenig.
Diese Stimmung des Desinteresses nutzt derweil die bayrische Landesregierung, um die Energiewende im Freistaat klammheimlich auszuhebeln. Anstatt in Erneuerbare Energien zu investieren wird in Bayern derzeit ein Antrag von RWE unterstützt, der dem Atomkraftwerk Gundremmingen erlauben würde, seine Leistung bis zum Ende der gesetzlichen Laufzeit auf 1364 MW zu erhöhen, um noch mehr Atomstrom zu verkaufen.
Gundremmingen ist eines der ältesten Atomkraftwerke in Deutschland und gleichzeitig das erste Großkernkraftwerk des Landes gewesen. Traurige Berühmtheit erlangte es 1975, als bei einem Unfall die ersten Menschen in Deutschland verstrahlt wurden und zu Tode kamen. Block A wurde zudem 1977 bei einem schweren Unfall zerstört, es entstand ein Totalschaden. Block B und C, die beiden letzten noch laufenden Siedewasserreaktoren in Deutschland, produzieren noch bis maximal 2017 bzw. 2021 Strom. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima wurden in der Bundesrepublik alle weiteren Siedewasserreaktoren abgeschaltet.
Bereits 1999 stellte der Betreiber RWE einen Antrag an das bayrische Umweltministerium, um die Leistung des AKW Gundremmingen zu steigern. Dies soll allerdings nicht durch einen Umbau der Reaktoren erfolgen, sondern ausschließlich durch eine schärfere Reaktorfahrweise, sprich: Das AKW soll schlichtweg seine Betriebsleistung erhöhen. Das bedeutet im Umkehrschluss auch: Mehr Geld für RWE, mehr Atomstrom, aber auch mehr Strahlung, mehr nuklearer Abfall, weniger Sicherheit.
RWE und das bayrische Ministerium hielten diesen Antrag geheim, erst Umweltschützer haben ihn öffentlich gemacht. Eine Bürgerinitiative namens „FORUM Gemeinsam gegen das Zwischenlager
und für eine verantwortbare Energiepolitik e.V.“ wurde gegründet und verfolgt seitdem aufmerksam die weiteren Entwicklungen.
Mittlerweile wurde der ursprüngliche Antrag von RWE zurückgezogen und durch einen neuen ersetzt, der eine Steigerung der Leistung in zwei Schritten vorsieht. So soll die Leistung der beiden Blöcke um jeweils ca. 20 MW auf gut 1364 MW gesteigert werden. Schon 2007 wurde die Genehmigung dazu vom Bundesland Bayern erteilt, aber seit nunmehr knapp 14 Jahren wird der Antrag stets aufgrund von Sicherheitsbedenken durch die jeweilige Bundesregierung aus Berlin blockiert.
Doch es mehren sich laut ARD-Magazin 'Kontraste' die Anzeichen, dass sich dies nun ändern könnte. Und auch das Forum befürchtet, dass noch vor der Bundestagswahl im Oktober eine Entscheidung zugunsten der Leistungserhöhung fallen könnte. Aus diesem Grund wurde Anfang Juni eine Petition gestartet, um der bayrischen Landesregierung und dem Stromkonzern zu zeigen, dass die Bürger der Umgebung genug von dem gefährlichen Atomstrom haben.
Mehr als 6000 Unterschriften kamen dabei innerhalb weniger Tage zusammen, die mittlerweile der Landesregierung übergeben wurden. Ministerpräsident Horst Seehofer zeigte sich laut 'Augsburger Allgemeine' „interessiert“. Allerdings kommt ihm als bayrischem Ministerpräsidenten eine prominente Rolle innerhalb des Genehmigungsverfahrens zu.
Ohnehin ist Seehofers Position zum Thema Energie sehr flexibel, wie 'Kontraste' in seinem Beitrag aufzeigt: Vor der Atomkatastrophe von Fukushima galt Seehofer als großer Unterstützer der Atomindustrie. Nachdem die schwarz-gelbe Bundesregierung vor knapp zwei Jahren den Ausstieg aus dem Atomstrom beschloss, änderte er seine Meinung um 180 Grad und schwang sich verbal zu einem Vorreiter für die Erneuerbaren Energien auf. Er wolle dafür sorgen, dass in seinem Bundesland Bayern entsprechend viel für den Ausbau der Erneuerbaren Energien getan werde.
Alles Makulatur, wie sich mittlerweile herausstellte. So soll laut 'Kontraste' die bayrische Landesregierung bereits im letzten Jahr bei der Bundesregierung angeregt haben, endlich zügig die Genehmigung für die Leistungssteigerung zu erteilen. RWE käme als Betreiber von Gundremmingen so auf Mehreinnahmen von ca. 90 Millionen Euro bis Ende der Laufzeit.
Da wundert es nicht, dass die SPD-Opposition in Bayern der Regierung vorwirft, die Energiewende zu verschleppen. Laut 'BundesPressePortal' unterstellt der energiepolitische Sprechers der SPD, Ludwig Wörner, der Landesregierung, bewusst gegen den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorzugehen und so insgeheim eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten in Kauf zu nehmen. Da passt es ins Bild, dass Seehofer eine neue WKA-Abstandsregelung für Bayern plant, die dafür sorgen würde, dass nur noch 0,05 Prozent der Gesamtfläche des Bundeslandes für Windkraftanlagen geeignet wären.
Die Folgen: Der Ausbau der Windkraft ist in Bayern fast ebenso vollständig zum Erliegen gekommen wie der Ausbau der Photovoltaik, die ebenfalls durch überzogene Gesetzesmaßnahmen behindert wird. Das bundesweite Hickhack um die Strompreisbremse hat den Markt ohnehin schon verunsichert, sodass eine gefährliche Gemengelage entsteht. Eine Genehmigung der Leistungssteigerung eines AKW würde in dieser Situation ein fatales Signal aussenden: Gegen die Energiewende, vor allem in Bayern!
Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie auf der Homepage des Forums: http://www.atommuell-lager.de/index.php
'Kontraste': http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste_vom_13_06/energiewende_auf_bayerisch.html
- Quelle:
- Windmesse Online-Redaktion
- Autor:
- Katrin Radtke
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