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Windenergie im Spannungsfeld zwischen Natur- und Klimaschutz
Der amerikanische Offshorewindentwickler Vineyard Wind will vor der Küste von Massachusetts, knapp 20 Kilometer südlich der Insel Martha's Vineyard, in den kommenden Jahren einen 800 MW-Offshore-Windpark bauen. Gleichzeitig versucht das Unternehmen, den stark gefährdeten Atlantische Nordkaper zu retten. Diese Glattwalart zählt zu den am stärksten gefährdeten Walarten der Welt, es leben schätzungsweise nur noch 410 Exemplare in den Gewässern des Nordatlantik.
Genau in dieser Region vor der US-Ostküste soll der Windpark gebaut werden. Deshalb ist Vineyard Wind nun auf der Suche nach Technologieunternehmen oder akademische Institutionen, die verbesserte akustische Überwachungssysteme konstruieren, die das Vorhandensein von Glattwalen erkennen und Informationen in Echtzeit an die Projektmitarbeiter übermitteln. Damit soll ein besserer Schutz der Tiere effektiv und schnell umgesetzt werden.
„Vineyard Wind hat mit dieser Initiative zwei Ziele. Erstens, den besten Schutz für den Glattwal (siehe Bild rechts) zu gewährleisten, während wir den ersten kommerziellen Offshore-Windpark des Landes bauen und betreiben“, erklärt Erich Stephens, Chief Development Officer für Vineyard Wind. „Unser zweites Ziel, das ebenso wichtig ist, ist es, die aufstrebende US-Offshore-Windindustrie auf den richtigen Weg zu bringen, um das beträchtliche Volumen an sauberer, wettbewerbsfähiger Energie zu liefern, das unsere Nation benötigt.“
Die Amerikaner sind sich bewusst, dass beide Ziele nur zu erreichen sind, wenn Industrie und Naturschützer zusammenarbeiten. Deshalb hat der Entwickler zu Jahresbeginn eine historische Vereinbarung zum Schutz des Glattwals mit verschiedenen Naturschutzorganisationen geschlossen.
Eine davon ist die National Wildlife Federation, deren Beauftragte für Offshore-Wind, Catherine Bowes, die Vorteile für die Umweltschützer betont: „Wir sind sehr erfreut über die bahnbrechenden Verpflichtungen, die Vineyard Wind zum Schutz der Glattwale eingegangen ist, und freuen uns darauf, unsere Zusammenarbeit bei dieser und anderen Initiativen fortzusetzen, die notwendig sind, um verantwortungsvoll entwickelte Offshore-Windprojekte im Atlantik voranzutreiben.“
Die Umweltschützer erhoffen sich durch die gesammelten Daten noch mehr Informationen über die Wale zu bekommen. Bislang gelten Kollisionen mit Schiffen und das Hängenbleiben in Netzen als Hauptursache für die Sterblichkeit von Glattwalen. Die Geräte, die nun entwickelt werden, sollen entlang der Transitrouten für das Offshore-Windfeld vor der Küste von Massachusetts eingesetzt werden.
Auch an anderer Stelle in den USA arbeiten Windparkbetreiber und Naturschützer zusammen. Auf Hawaii werden nun alle 30 Turbinen des Kawailoa-Windparks (links, Copyright: NRG Systems) mit dem ‚Bat Deterrent System‘ von NRG Systems zum Schutz der Hawaiianische Fledermaus ausgestattet. Dabei handelt es sich um eine vom Aussterben bedrohte Spezies der Hoary-Fledermaus, die auf den Hawaii-Inseln beheimatet ist und bereits seit 1970 auf der Liste der gefährdeten Tierarten steht.
Bislang hat der Parkbetreiber die Anlagen bei niedrigen Windgeschwindigkeiten in der Nacht abgeschaltet, wenn Fledermäuse am aktivsten sind. Durch das neue Überwachungssystem hofft man nun, die Zahl der toten Fledermäuse weiter zu minimieren. Brogan Morton, Senior Product Manager bei NRG Systems, verspricht sich viel von dieser Maßnahme: „Wir haben mehrere Versuche mit unserem Bat Deterrent System durchgeführt, darunter Tests in Texas und Illinois, und wir haben bei diesen Fledermäusen sehr gute Ergebnisse verzeichnet. In Texas sahen wir eine 78%ige Abnahme der Kollisionen und in Illinois erreichten wir eine 71%ige Abnahme. Basierend auf dieser Leistung sind wir zuversichtlich, dass unsere Technologie eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung des Kawailoa-Wind-Teams und der Unterstützung von Hawaii bei der Erreichung seiner Ziele im Bereich der sauberen Energie spielen wird.“
In Deutschland zeichnet sich unterdessen ein ganz anderes Bild. So wandte sich zuletzt Johannes Lackmann, Geschäftsführer von WestfalenWIND (rechts, Copyright: WestfalenWIND), in einem offenen Brief an den BMWi-Staatssekretär Jochen Flasbarth und wies darauf hin, dass zwischen Windenergieunternehmen und vielen Akteuren im Naturschutz mittlerweile eine durchgängige Konfliktlinie existiert.
„Die Windbranche hat in den letzten 20 Jahren im Rahmen ihrer Kompensationsverpflichtungen etwa 1,5 Mrd. € in Naturschutz investiert und viele Biotope, die heute neuen Windenergieprojekten entgegengehalten werden, erst selbst geschaffen. Inzwischen wird der notwendige Ausbau ausgebremst und die größten Bremser sind der NABU und die vom NABU personell durchsetzten Naturschutzbehörden mit ihren Vetorechten in jedem BImSchG-Verfahren“, kritisiert Lackmann.
Auch auf die Unterschiede zwischen den verschiedenen Ländern weist er hin: „Im EU-Ausland sind längst technische Systeme zur Vogelerkennung und Vergrämung oder Abschaltung der WEA üblich. Mit neuen Kamerasystemen und KI können wir Vogelarten, ihren Abstand und ihre Flugrichtung sicher erkennen. Wir führen jetzt selbst solche Systeme hier ein und lassen sie auf eigene Kosten wissenschaftlich untersuchen. Da das BfN [Bundesamt für Naturschutz] die Windkraft generell kritisch sieht, fördert es nicht nur nicht die Entwicklung solcher Systeme, sondern es lehnt den technischen Artenschutz einfach ab.“
Wirft man einen Blick in die deutschen Gazetten, vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendwo eine Meldung auftaucht, dass ein neuer Gerichtsbeschluss den Bau eines Windprojekts verhindert oder zumindest verzögert. Die Auswirkungen sind bereits deutlich zu spüren: Mit der Umstellung auf das Ausschreibungsverfahren in Deutschland nahm die Anzahl der genehmigten Projekte immer weiter ab. Der vorläufige Tiefpunkt wurde zu Beginn des Jahres erreicht: Mit nur 41 Windenergieanlagen und einer Gesamtleistung von 134 Megawatt ist der Zubau im ersten Quartal 2019 um knapp 90 Prozent im Vergleich zum jeweils ersten Quartal der drei Vorgängerjahre eingebrochen, wie eine Analyse der FA Wind zeigt. Zudem sind die letzten Ausschreibungsrunden für Windenergie an Land regelmäßig deutlich unterzeichnet.
Windkraft-Flaute in Deutschland (Bild: Pixabay)
Lackmann erläutert: „Formal beklagt werden die Genehmigungsbehörden, diese verändern in Folge radikal ihre Genehmigungspraxis, erfinden immer neue Artenschutzprüfungen. (Nachdem alle Vogelarten einzeln abgeprüft sind, werden inzwischen Gutachten zu der Frage verlangt, welche Auswirkungen WEA auf das Vorkommen von Moosen haben). Dadurch werden BImSchG-Verfahren immer aufwändiger und immer länger. Wenn dann die Genehmigung nach Jahren vorliegt, ist der beantragte Maschinentyp technisch veraltet. Auf die Genehmigung folgt dann sofort der Änderungsantrag nach BImSchG für einen neuen Maschinentyp und das Spiel beginnt von vorn.“
Unterdessen verpasst Deutschland immer wieder seine Klimaschutzziele und verliert in Europa immer mehr den Anschluss. Das kann auch nicht im Sinne der Umweltschützer sein, zumal die Alternativen zu erneuerbaren Energien zur Zeit arg begrenzt sind.
- Author:
- Katrin Radtke
- Email:
- presse@windmesse.de
- Keywords:
- Windenergie, Umweltschutz, Naturschutz, Artenschutz, Wal, Fledermaus, Klage, Genehmigung, Technologie, USA, Deutschland, Windpark