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Flugwindkraftanlagen ziehen ihre Kreise
Neben den konventionellen Turbinen sind in den letzten Monaten zunehmend auch alternative Methoden zur Energiegewinnung in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: die Flugwindkraftanlagen, auch Winddrachen oder Energiedrachen genannt.
Dass es sich dabei durchaus um eine Zukunftstechnologie handelt, wurde bereits im letzten Jahr deutlich, als der amerikanische Internetriese Google das US-Unternehmen Makani Power übernahm. Die Kalifornier arbeiten bereits seit einigen Jahren an der Entwicklung von Flugwindkraftanlagen, aber auch verschiedene deutsche Unternehmen haben sich der Erforschung dieser Methode der Energiegewinnung verschrieben.
Die Argumente der Entwickler ähneln sich dabei: Die Flugwindanlagen bewegen sich in größeren Höhen als konventionelle Windenergieanlagen. Selbst die größten Offshore-Windkraftanlagen erreichen nur Windschichten bis maximal 200m, während die Drachen in Höhen von 200 bis 500m aufsteigen können. Dort oben sind Höhenwinde zugange, die stetiger und kräftiger wehen – und das auch in Regionen, die eigentlich nur als Schwachwindstandorte gelten. Makani Power argumentiert, dass in den USA dadurch zwei Drittel der Landmasse zur ökonomischen Windenergiegewinnung nutzbar wären, mehr als das vierfache des Areals, das Turbinen abdecken könnten.
Bild: EnerKite
Die Amerikaner setzen bei ihren Anlagen auf ein System, das optisch an Segelflugzeuge erinnert. Diese Flieger, die am Boden verankert sind, schrauben sich im Wind in die Höhe, wobei kleine Rotoren angetrieben werden, die wiederum mit Hilfe eines Generators Strom produzieren.
Bild: Makani Power
Das deutsche Unternehmen EnerKite setzt dagegen auf Winddrachen. Erst vor Kurzem konnte man damit einen großen Erfolg verbuchen: In einem europaweit einzigartigen Langzeitflug war die Demonstrationsanlage EK30 im Testbetrieb 74 Stunden lang im Einsatz. Bei schwierigen Witterungsbedingungen mit eisigen Temperaturen und böigem Wind erzeugte der Staudruckdrachen in Pritzwalk (Brandenburg) 170 kWh Energie und erreichte Leistungen bis 25 kW. Mit der jüngst vorgestellten, speziell für künftige Anlagen entwickelten Flügeltechnik kann bei halber Fl?che der 6-fache Ertrag geerntet werden. Damit kann man an windreichen Standorten 65 Haushalte mit Strom versorgen.
Bild: EnerKite - Trainingsflug
Dr. Alexander Bormann erläutert die Möglichkeiten des Drachens: „Wir kommen mit unseren Anlagen auf 5000 Volllaststunden, während ein vergleichbarer EEG-Referenzstandort nur auf 1600 Volllaststunden pro Jahr kommt.“ Auch bei den Stromgestehungskosten gibt es Vorteile gegenüber den konventionellen Windenergieanlagen: „Wir reden hier über halbierte Stromgestehungskosten im Vergleich zu anderen Anlagen mit kleiner Leistung.“
Eine Argumentation, die auch die NTS Energie- und Transportsysteme GmbH ins Feld führt: Das Berliner Unternehmen setzt ebenfalls auf Energiedrachen, allerdings werden diese nicht am Boden verankert, sondern sind jeweils an einem Wagen befestigt. Diese Elektroloks bewegen sich in einem ellipsenförmigen, geschlossenen Schienensystem, das ca. 5 km lang ist und werden von den Drachen gezogen. Die dabei entstehende Energie wird über die Schiene ins Stromnetz eingespeist. Zwischen 4 und 24 Drachen sollen in einem einzigen Schienensystem unterwegs sein können und Strom in Kraftwerksdimensionen produzieren: Die jeweils 120 Quadratmeter abdeckenden Kites sollen pro Jahr bis zu 120 Gigawattstunden Strom produzieren und damit 40.000 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom versorgen können. Dabei sind die Herstellkosten nach eigenen Angaben vergleichbar mit fossilen Brennstoffträgern.
Bild: NTS - Schematische Funktionsweise der X-Wind Technologie
Bei EnerKite denkt man dagegen in anderen Dimensionen: „Wir können klein und wirtschaftlich!“, so Bormann zu den Vorteilen der Kites. „Wir stehen dabei am Anfang einer langen Entwicklung. Wir müssen die Kirche im Dorf lassen, denn wir werden natürlich nicht in Kürze die heutigen Megawatt-Windräder vom Markt fegen.“
Was man den Megawattanlagen dagegen heute schon voraus hat: Die Flugwindkraftanlagen sind mobiler und tragen nicht zur viel zitierten „Verspargelung“ der Landschaft bei. In einer Zeit, in der die Bürger sich zunehmend gegen die Installation von Turbinen vor ihrer Haustür wehren, durchaus ein Argument, das zieht. Zudem ist es möglich, die Flugwindkraftanlagen genau dort zu betreiben, wo sie benötigt werden, etwa auf dem Betriebsgelände eines Unternehmens oder Landwirts. Aber auch ein weltweiter Einsatz nach Naturkatastrophen oder in schwer zugänglichen Regionen ist denkbar.
Die Windenergiebranche zeigt sich derweil von den fliegenden Anlagen angetan. So kommentierte Martin Tschierschke, Geschäftsführer der smart dolphin GmbH, die Vorstellung der EnerKite-Flugwindkraftanlage auf den Windenergietagen Potsdam kürzlich: „Das ist ein interessanter Ansatz, bei dem man verfolgen sollte, wie sich das Projekt entwickelt.“
Zur Weiterentwicklung ist allerdings vor allem eines nötig: Geld. Denn während sich die Amerikaner von Makani seit der Übernahme durch Google keine Sorgen mehr um die Finanzen machen müssen, setzen die beiden deutschen Start-ups auf Beteiligung interessierter Windfreunde: So ist man per Crowfunding auf der Suche nach weiterem Wagniskapital bzw. Wagniskapitalgebern für die Finanzierung von Prototypen und Testanlagen, damit der jeweils angepeilte Starttermin von 2017 gehalten werden kann.
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