2024-12-22
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Wie die kanadischen Innu um einen Windpark kämpfen

Seit die Europäer den amerikanischen Kontinent vor mehreren Jahrhunderten betreten haben, ist der indigenen Bevölkerung viel Leid zugefügt worden. Auch heute leben viele von ihnen abgeschoben in Reservaten, wo die Arbeitslosigkeit hoch und die Aufstiegschancen gering sind. Seit einiger Zeit ändert sich daran jedoch etwas: Immer mehr Ureinwohner sind an der Stromproduktion mit erneuerbaren Energien beteiligt.

Eine im letzten Jahr in Kanada veröffentlichte Studie macht den Anstieg der letzten zehn Jahre deutlich: Mittlerweile ist ein Fünftel der indigenen Bevölkerung in Kanada aus den sogenannten First Nations an Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien beteiligt. Dadurch sind allein für diese Bevölkerungsgruppe 15.300 Arbeitsplätze direkt in der Stromproduktion entstanden, die auf ein Einkommen von 842 Millionen Dollar in den letzten acht Jahren kommen.

„Das ist eine riesige Zahl, denn wenn man einen Job hat, trägt man zur Wirtschaft bei, und es ist ein echter Job, es ist ehrliche Arbeit", erklärte Chris Henderson, Autor der Studie, gegenüber CBC News. „Die Anzahl der geschaffenen Arbeitsplätze erzählt auch die Geschichte, wie sich unser Land verändert und wie die indigene Bevölkerung Teil einer sauberen Energiezukunft wird.“

Der größte Teil dieser Projekte arbeitet mit Wasserkraft, bei etwa 25 Prozent handelt es sich um Windenergieprojekte. Eines der größten davon ist der Windpark Henry Inlet, der über eine Leistung von 300 MW verfügen wird, wenn er fertiggestellt ist. Der Projektierer Pattern Development ist sich dessen Bedeutung bewusst, die über reine Stromproduktion hinausgeht. „Dieses bahnbrechende Projekt ist an vielen Fronten einzigartig: das größte Windprojekt in Ontario, die höchsten Nabenhöhen in Nordamerika und das erste, das ein First Nation Environmental Stewardship Regime nach dem First Nations Lands Management Act entwickelt hat“, erklärte der CEO Mike Garland bei Vertragsabschluss.

Das Reservat an der kanadischen Westküste, auf dessen Land der Windpark aktuell errichtet wird, war allerdings kürzlich von einem Waldbrand betroffen – wie es auf der Homepage des Parks heißt, konnten die Bauarbeiten aber mittlerweile wieder aufgenommen werden. Der Windpark wurde dabei nicht beschädigt.

Flagge der Innu (Grafik: TaraTaylorDesign [CC0], from Wikimedia Commons)

An der Ostküste Kanadas in Sept-Îles wäre die indigene Bevölkerungsgruppe der Innu auch gerne schon so weit. Dort liegen die Pläne für den Bau des Apuiat-Windparks bereits fertig in der Schublade – ob das 200 MW-Projekt, an dem drei Gruppen der Innu in Zusammenarbeit mit dem Projektierer Boralex beteiligt sind, allerdings gebaut wird, ist derzeit unklar. Der Grund: In der Provinz Québec stehen am 1. Oktober Wahlen an und es hat sich bereits eine Opposition aus Lokalpolitikern zusammen getan, die gegen das Projekt sind. Ob der Park gebaut wird, hängt also vom Ausgang der Wahl ab.

Unterdessen ist ein Streit um die Kosten für den Windpark entstanden. In einem kürzlich in der Öffentlichkeit aufgetauchten Brief behauptete der Präsident des lokalen Energieversorger Hydro Québec, dass sich die Kosten für den Energieversorger zwischen 1,5 und 2 Milliarden Dollar über 25 Jahre belaufen würden. Viel zu teuer nennen das die Gegner des Windparks. Die Befürworter fordern unterdessen die Offenlegung aller Zahlen, die das Projekt betreffen, da sie die Kosten für unglaubwürdig halten. Hydro Québec lehnt dies bislang aber ab.

Nun hat sich der amtierende Premierminister der Provinz, Philippe Couillard von der Liberalen Partei, eingemischt und sich gegenüber der Montreal Gazette für den Bau stark gemacht: „Wie definiert man Gewinn? Der Gewinn ist die friedliche Entwicklung von Nord-Québec zusammen mit den Ureinwohnern", erklärte Couillard vorige Woche nach einem Treffen mit den Führern der Innu-Stämme. „Wir haben hier eine strategische Entscheidung zu treffen. Auf der einen Seite können wir versuchen, Projekte zu entwickeln, die in ständigem Gegensatz zu den First Nations stehen und Konflikte verursachen, dann wird es aber keine Projekte geben. Oder wir können diese Gelegenheit nutzen, um sie zu echten Partnern in den Projekten zu machen. Die Wahl ist sehr einfach: Dauerhafter Konflikt oder eine friedliche und harmonische Entwicklung.“ Zudem forderte Couillard eine neue Berechnung der Kosten seitens des Energieversorgers.

Der Saint Lawrence River fließt quer durch die Provinz Québec (Bild: Pixabay)

Sollte Couillards Herausforderer Jean-François Lisée von der Parti Québécois gewinnen, dann wird das Projekt wohl auf Eis gelegt. Was das für die Zukunft der Region bedeuten würde, macht einer der Anführer der Innu-Stämme, Ghislain Picard, in der Montreal Gazette deutlich. Für ihn ist der Windpark eine Chance, einen Teil der Schäden zu beheben, die durch Staudämme in den Jagdgründen der Innu entstanden sind. „Sie haben so viel von unserem Land zerstört, ohne uns einen Cent als Entschädigung zu zahlen. Ich möchte in die Zukunft blicken – denn das müssen wir –, aber es ist wichtig zu erkennen, dass es hier eine Geschichte gibt. Warum also nicht die Chance nutzen, saubere Energie zu erzeugen? Ein Projekt, das uns auf dem Weg zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit helfen kann, ohne unsere Flüsse zu zerstören."

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
Kanada, Québec, Innu, indigene Bevölkerung, Ureinwohner, Windpark, Projektierer, Boralex, Pattern
Windenergie Wiki:
Nabe, MW



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