2024-04-29
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Meldung von MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


Photovoltaik – Wegweisendes Urteil im Denkmalschutzrecht

Das VG Braunschweig sieht in einer PV-Anlage auf dem Dach eines Denkmals nur einen geringfügigen Eingriff. Das Urteil eröffnet die Möglichkeit, bereits vor Genehmigungserteilung PV-Anlagen auf Dach zu installieren.

Bild: PixabayBild: Pixabay

Bereits in unserem Beitrag vom 11. August 2022 berichteten wir, wie Denkmalschutzbehörden regelmäßig die Realisierung von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen blockieren. In Niedersachsen hat diese ablehnende Haltung gegenüber PV-Anlagen (auf Dach) zu einem weiteren wegweisenden Urteil geführt – zugunsten der Photovoltaik.

Der Hintergrund: Ein Einzeldenkmal und UNESCO-Weltkulturstätte

Auf einem denkmalgeschützten Einzeldenkmal errichtete der Eigentümer – ohne zuvor eine Genehmigung der Denkmalschutzbehörde einzuholen – eine PV-Anlage, woraufhin die Behörde den Rückbau verlangte. Die Anlage sei weder denkmalverträglich noch genehmigungsfähig, weil sie das Haus und die umliegende als UNESCO-Weltkulturerbe geschützte Altstadt als ein Fremdkörper beeinträchtige. Der Rückbau wurde von der Behörde für sofort vollziehbar erklärt. Hiergegen erhob der Denkmaleigentümer Klage auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Das Urteil: Hoher Maßstab für Rückbauverpflichtung

Diesen Antrag sah das VG Braunschweig mit Urteil vom 27.01.2023 (2 B 290/22) als begründet an. Es entschied, dass die Anordnung des sofortigen Rückbaus einer PV-Anlage (Aufdach-Montage) – trotz formeller Illegalität (!) der PV-Anlage wegen Fehlens der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung – im verhandelten Fall unverhältnismäßig sei. Denn ein rechtmäßiger Zustand könne auch durch die nachträgliche Erteilung der Genehmigung geschaffen werden. Im gegenständlichen Fall sei jedes andere Ergebnis als die Bejahung der Genehmigungsfähigkeit nicht nur falsch, sondern schlechthin unvertretbar, weil der Kläger einen Anspruch auf Erteilung der denkmalrechtlichen Genehmigung habe.

Den Anspruch auf Erteilung der denkmalrechtlichen Genehmigung bejahte das VG Braunschweig, weil

  • gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 NDSchG das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von Erneuerbaren Energien das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiege und
  • der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild des Denkmals bei einer PV-Anlage (Aufdach-Montage) reversibel sei und die Substanz des Daches nur durch Verschraubungen beeinträchtigt werde.

Damit hat das Gericht den Maßstab für Behörden, den sofortigen Rückbau von PV-Anlagen (Aufdach-Montage) anzuordnen, erheblich erhöht – auch bei formeller Illegalität des Photovoltaik-Vorhabens.

§ 7 NDSchG zeigt, wie moderner Denkmalschutz geht

Dabei kommt die Entscheidung des VG Braunschweig nicht von ungefähr:

Denn erst am 28.06.2022 wurde § 7 des niedersächsisches Denkmalschutzgesetzes (NDSchG) dahingehend geändert, dass gemäß Absatz 2 Satz 2 in der Regel „das öffentliche Interesse an der Errichtung von Anlagen zur Nutzung von erneuerbaren Energien überwiegt […], wenn der Eingriff in das äußere Erscheinungsbild reversibel ist und in die denkmalwerte Substanz nur geringfügig eingegriffen wird.“ Die energetische Instandsetzung eines Denkmals dient nach der Auffassung des Gesetzgebers nicht nur der Reduzierung von CO2-Emissionen, sondern auch dem langfristigen Erhalt des historischen Bauwerks für künftige Generationen, indem die Immobilie mit möglichst geringem Energieeinsatz beheizbar und damit nutzbar gemacht wird.

Einzelfallentscheidung: Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entscheidend

Bei der Entscheidung, ob eine PV-Anlage nur geringfügig in die denkmalwerte Substanz eingreift, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Gründe, die dagegensprechen könnten, seien ein sehr altes fragiles Dach oder eine unsachgemäße Installation. Ebenso ist zu berücksichtigen, ob die PV-Anlage auf der besonders denkmalwerten Frontseite liegt und inwiefern die Anlage von öffentlich-wichtigen Blickwinkeln durch Bebauung oder Bewuchs einsehbar ist. Zuletzt ist auch die Gesamtstruktur der Umgebung als Konglomerat historischer und moderner Baudelemente zu beachten.

Ausblick: Freifahrtschein für die Errichtung ohne denkmalschutzrechtliche Genehmigung?

Das Urteil des VG Braunschweig ist wegweisend. Denn die Schwelle für den ermessensfehlerfreien Erlass einer Rückbauanordnung von Photovoltaikanlagen (auf Dach) wird aufgrund der aktuellen Gesetzesänderungen – wie z.B. § 7 Abs. 2 Nr. 3 NDschG – immer höher. Dies hat auch das Gericht erkannt und die Gefahr erkannt, „dass Denkmaleigentümer ungenehmigte Photovolatikanlagen auf ihren Dächern installieren.“ Der damit einhergehende Mehraufwand für die Behörden, die die Verstöße gegen die Genehmigungspflicht von PV-Anlagen eigenständig ermitteln müssen, sei jedoch „im Interesse der Förderung erneuerbarer Energien in Kauf zu nehmen.“

Dem Urteil ist nicht viel hinzuzufügen. Bei vergleichbaren Sachverhalten dürfte zumindest in Niedersachsen das Pendel im Konflikt Photovoltaik vs. Denkmalschutz selten deutlicher zugunsten der Photovoltaik ausgeschlagen haben. Denkmalschutzeigentümer:innen und Projektierer:innen sollten dies unbedingt ausnutzen!

Quelle:
Maslaton
Autor:
Pressestelle
Link:
www.maslaton.de/...
Keywords:
Maslaton, Energierecht, Kanzlei, Photovoltaik, Solar, Denkmalschutz, Dach, Genehmigung, VG, Urteil, UNESCO, Eigentümer



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