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OVG Münster: Artenschutzrechtliche Ausnahme auf dem Vormarsch
Rechtlicher Hintergrund
Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit eines Windenergievorhabens ist die artenschutzrechtliche Zulässigkeit. Das Windenergievorhaben darf nicht gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot in § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen. Dieses Tötungsverbot gilt nicht nur für windenergiesensible Vogelarten wie den Rotmilan, sondern grundsätzlich auch für alle europäischen Vogelarten. Nach den Regelungen im Bundesnaturschutzgesetz führt aber nicht jeder Verstoß gegen das Tötungsverbot dazu, dass ein Vorhaben nicht mehr genehmigungsfähig ist. So sieht § 45 Abs. 7 BNatSchG die Möglichkeit der artenschutzrechtlichen Ausnahme vor.
Bisherige Praxis
Erst kürzlich hat die Entscheidung des VG Gießen die Branche erschüttert. Im Urteil vom 22.01.2020 (Az.: 1 K 6019/18.GI) geht das VG Gießen davon aus, dass die artenschutzrechtlichen Ausnahmevorschriften nicht anwendbar sind: Zum einen wäre der Ausnahmegrund der „zwingenden Gründe“ in § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG nicht auf europäische Vogelarten (wie den Rotmilan) anwendbar. Zum anderen sei der Ausnahmegrund der „öffentlichen Sicherheit“ in § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG in der Regel nicht auf Windenergieanlagen anwendbar.
Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass sich die WEA-Betreiber nicht auf die artenschutzrechtliche Ausnahmemöglichkeit berufen konnten. Verstößt eine Windenergieanlage gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot, z. B. mit Blick auf den Rotmilan, dann war das Vorhaben per se nicht genehmigungsfähig.
Wegweisende Entscheidung des OVG Münster
Dieser Einschätzung des VG Gießen ist das Oberverwaltungsgericht nicht gefolgt:
Das OVG Münster stellt klar, dass der Ausnahmegrund der „zwingenden Gründe“ in § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten auch artenschutzrechtliche Ausnahmen vom Tötungsverbot zum Schutz europäischer Vogelarten gestattet. Konkret nennt das OVG Münster eine Ausnahmemöglichkeit bezüglich der windenergiesensiblen Art Rotmilan.
In diesem Zusammenhang weist das OVG Münster auch darauf hin, dass von der Konzentrationswirkung einer beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 13 BImSchG auch die behördliche Prüfung umfasst ist, ob eine artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG in Betracht kommt.
Folgen der Entscheidung
Nachdem der gesetzgeberische Vorstoß – Windenergieanlagen als Infrastrukturanlagen für die Energieerzeugung unter den Ausnahmegrund der „öffentlichen Sicherheit“ in § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BNatSchG zu fassen – „stecken geblieben“ ist, hat sich durch die Entscheidung des OVG Münster eine andere Ausnahmemöglichkeit aufgetan:
Artenschutzrechtliche Ausnahmen für Windenergievorhaben können auf den Ausnahmetatbestand der „zwingenden Gründe“ in § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG gestützt werden. Da das OVG Münster hervorhebt, dass die artenschutzrechtliche Ausnahme von der Konzentrationswirkung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung umfasst ist, bedarf es keines gesonderten Antrags im Genehmigungsverfahren. Behörden und genauso Gerichte dürfen also die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nicht abbrechen, wenn sie einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot feststellen. Stattdessen müssen sie sich mit der Frage beschäftigen, ob nicht auch eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG erteilt werden kann und das Windenergievorhaben dadurch zulässig ist.
- Quelle:
- prometheus
- Autor:
- Pressestelle
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- prometheus, Energierecht, OBG, Münster, Artenschutz, Ausnahme, Vormarsch, Windenergievorhaben, Planung, Genehmigung, Rotmilan, Zulässigkeit, Naturschutz
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