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Update: BVerwG bestätigt Rechtsprechung des OVG Münster zur Bekanntmachung eines FNP
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil v. 29.10.2020 (Az.: 4 CN 2.19) die Rechtsprechung des OVG Münster v. 06.12.2017 (OVG 7 D 100/15.NE) zu den Mindestanforderungen an die Bekanntmachung eines Flächennutzungsplans mit Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nunmehr bestätigt.
Bestätigung der Rechtsprechung des OVG Münster
Es erklärte, dass mit den Bekanntmachungen des mit Normkontrollantrag angegriffenen Flächennutzungsplans zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung der erforderliche Hinweiszweck nicht erreicht worden wäre. So müsste der Normadressat durch den Bekanntmachungstext darüber informiert werden, welchen räumlichen und gegenständlichen Regelungsgehalt der Flächennutzungsplan mit Ausschlusswirkung hätte. Hierfür verwies es auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Bekanntmachung „etwa mittels schlagwortartiger Kennzeichnung“ auf den räumlichen Geltungsbereich aufmerksam machen müsste. Das Bundesverwaltungsgericht übertrug hierbei wie bereits in der Vergangenheit die Rechtsprechung zu Bebauungsplänen auf Flächennutzungspläne mit Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB unter Hinweis auf die Normfunktion.
Der Hinweisfunktion ist nicht genüge getan, wenn die Bekanntmachungen Darstellungen enthalten, auf denen nur die auszuweisenden Flächen selber, nicht hingegen der Teil des Außenbereichs erkennbar ist, in welchem nach dem Regelungsgehalt des Flächennutzungsplans die Errichtung von Windenergieanlagen aufgrund der Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB nicht zulässig sein soll. Denn die Wirkung des Flächennutzungsplans betreffe nicht nur die Konzentrationszonen selbst, sondern den gesamten Außenbereich der Gemeinde.
Hierbei lies das Bundesverwaltungsgericht, wie bereits das OVG Münster, zur Erfüllung der Hinweisfunktion über den gegenständlichen Regelungsgehalt des Flächennutzungsplans auch nicht ausreichen, dass die Gemeinde in ihrer Bekanntmachung den Begriff der „Konzentrationszone“ verwendet hatte. Es führte zum Begriff der Konzentrationszone aus: „Der Begriff mag sich in der Rechts- und Planungspraxis etabliert haben, er ist aber weder Teil des allgemeinen Sprachgebrauchs noch verwendet ihn das Gesetz.“
Abkehr von alter Rechtsprechung
Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht noch einen Schritt weiter und erklärt, dass an der Rechtsprechung zur Anstoßfunktion nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB nicht länger festgehalten werde, sollte sich hieraus etwas anderes als die oben dargestellte Rechtsauffassung ergeben. Damals (Urteil v. 17.12.2002, Az.: 4 C 15.01) erklärte der Senat, dass es ausreichend sei, wenn in der Bekanntmachung auf eine „Vorrangzone für Windenergieanlagen“ aufmerksam gemacht werde, da eine solche Grobcharakterisierung für die Erfüllung einer ersten Anstoßfunktion der Bekanntmachung ausreiche. Daran hält das Bundesverwaltungsgericht nach seiner jüngsten Rechtsprechung damit nun ausdrücklich nicht mehr fest.
Die Rechtsfolge eines solchen Bekanntmachungsfehlers hatte bereits das OVG Münster richtig festgestellt: Es handelt sich um einen sog. „Ewigkeitsmangel“, der nicht nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich wird. Das bedeutet, dass eben dieser Mangel auch bei alten Flächennutzungsplänen noch gerügt werden kann. Durch die fehlerhafte Bekanntmachung wird zudem die in § 215 Abs. 1 S. 1 BauGB geregelte Rügefrist für weitere Verfahrensfehler nicht in Gang gesetzt. Damit können auch andere Verfahrensfehler, die ansonsten unbeachtlich werden, noch gerügt werden. Auf solche Fehler kommt es allerdings nicht mehr an, da sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt, dass bereits die fehlerhafte Bekanntmachung gem. § 214 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BauGB dazu führt, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans zur Herbeiführung einer Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB unwirksam sind.
Bedeutung für die Zukunft
Allerdings sollten nicht nur kommunale Planungsträger in Zukunft einen Kontrollblick auf den Bekanntmachungstext werfen. Denn die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfte auch für Bekanntmachung von Regionalplänen und damit auch für die Träger der Regionalplanung von Relevanz sein, da davon auszugehen ist, dass mit dem schlichten Hinweis auf die Ausweisung von Vorranggebieten auch auf Regionalplanebene der erforderlichen Hinweisfunktion nicht genüge getragen wird.
Meldung vom 28.03.2019
Die Bekanntmachung eines Flächennutzungsplans erfolgt nach § 6 Abs.5 BauGB. Hiernach wird der Flächennutzungsplan grundsätzlich mit ortsüblicher Bekanntmachung seiner Genehmigung wirksam. Das Baugesetzbuch selbst stellt dabei keine besonderen Anforderungen an die Bekanntmachung.
Etwas Anderes gilt nach der jüngsten oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allerdings dann, wenn mit dem Flächennutzungsplan eine Konzentrations- und Ausschlusswirkung nach § 35 Abs.3 S.3 BauGB einhergeht. In solchen Fällen muss die Bekanntmachung besonderen Anforderungen genügen. Anderenfalls kann der Flächennutzungsplan auch noch nach Jahren gerichtlich überprüft werden:
Erhöhte Anforderungen an die Bekanntmachung eines Flächennutzungsplans mit Ausschlusswirkung
Bereits mit Urteil vom 06.12.2017 (Az.: 7 D 100/15.NE) brachte das OVG Münster zum Ausdruck, dass an die Schlussbekanntmachung von Flächennutzungsplänen mit Ausschlusswirkung nach § 35 Abs.3 S.3 BauGB zur Steuerung der Windenergienutzung erhöhte Anforderungen zu stellen sind.
So stellte das OVG Münster zunächst klar, dass nach Auffassung des Senats die Darstellung eines Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs.3 S.3 BauGB die Qualität einer Rechtsvorschrift besäße. Die Flächennutzungspläne seien der Öffentlichkeit in der Weise bekanntzumachen, dass sich der Betroffene in zumutbarer Weise von ihren Inhalten verlässliche Kenntnis verschaffen könne. Hierzu sei es zunächst erforderlich, dass der räumliche Geltungsbereich der Darstellungen, die Rechtsnormqualität aufweisen, hinreichend deutlich gemacht werde. Dies sei bei Darstellungen nach § 35 Abs.3 S.3 BauGB grundsätzlich der gesamte Außenbereich der Gemeinde.
Das OVG Münster verwies in der oben genannten Entscheidung in einem Nebensatz zudem darauf, dass auch der Rechtscharakter der Darstellungen aus der Bekanntmachung deutlich werden müsse. Ob der Senat damit eine Erläuterung der Rechtswirkungen des § 35 Abs.3 S.3 BauGB in der Bekanntmachung fordert, ergibt sich allerdings nicht direkt.
Bestätigung durch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg
Auch das OVG Lüneburg bestätigte mit Urteil v. 05.03.2018 (Az.: 12 KN 144/17), dass der Hinweiszweck eines Bauleitplans nur dann erreicht werden würde, wenn der Geltungsbereich zumindest schlagwortartig aus der Bekanntmachung deutlich werde. Bei Flächennutzungsplänen mit „Ausschlusswirkung“ nach § 35 Abs.3 S.3 BauGB bedarf es daher eines Hinweises, dass diese für das gesamte Gemeindegebiet gelte, auch wenn diese sich nur im Außenbereich auswirke.
OVG Münster: Verwendung des Begriffs „Konzentrationszonen“ nicht ausreichend
Das OVG Münster hat in seinem jüngsten Urteil vom 21.01.2019 (Az.: 10 D 23/17.NE) diese Rechtsprechung noch einmal bekräftigt. So stellt es klar, dass bei der Darstellung von Konzentrationszonen für die Windenergienutzung wegen der Rechtswirkung des § 35 Abs.3 S.3 BauGB der gesamte Außenbereich der Gemeinde zum räumlichen Geltungsbereich des Flächennutzungsplans gehöre. Dies müsse – aus rechtsstaatlichen Gründen – aus der Bekanntmachung deutlich werden.
Zugleich reiche es nicht aus, wenn die Bekanntmachung von „Konzentrationszonen“ spreche, diesen Begriff allerdings nicht weiter erläutere. Der Begriff der Konzentrationszonen, so das OVG, werde nicht im Gesetz verwendet. Er habe sich lediglich in der Rechts- und Planungspraxis etabliert. Er sei daher nicht geeignet, „aus sich heraus eine hinreichende Information der Normadressaten über den Rechtscharakter und den Geltungsbereich der fraglichen Darstellungen des Teilflächennutzungsplans sicherzustellen.“.
Rechtsfolge: Frist des § 215 Abs.1 S.1 Nr.1 BauGB nicht in Lauf gesetzt
Rechtsfolge einer fehlerhaften Bekanntmachung ist, dass die Rügefrist des § 215 Abs.1 S.1 Nr.1 BauGB nicht in Gang gesetzt würde. Denn für den Fristablauf bedürfe es, so das OVG Münster in seinem Urteil vom 06.12.2017, einer rechtlich einwandfreien Bekanntmachung.
Diese Rügefrist ist dabei jedenfalls für die Verfahrensfehler relevant, die normalerweise unbeachtlich werden, wenn sie nicht innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung des Flächennutzungsplans gerügt wurden, § 215 Abs. 1 BauGB. Durch eine fehlerhafte Bekanntmachung wird diese einjährige Rügefrist allerdings nicht in Gang gesetzt. So können Verstöße gegen Verfahrens- und Formvorschriften und Abwägungsmängel des Flächennutzungsplans auch noch Jahre nach der Bekanntmachung gerügt werden.
Allerdings: Keine Relevanz für die Normenkontrollfrist des § 47 Abs. 2 VwGO
Hierbei bedarf es allerdings zwingend einer Unterscheidung:
Zwar können bei einer fehlerhaften Bekanntmachung weiterhin Fehler des Flächennutzungsplans gerügt werden. Durch eine fehlerhafte Bekanntmachung verlängert sich allerdings gerade nicht die Frist für ein Normkontrollverfahren gegen den Flächennutzungsplan. Diese wird auch durch eine fehlerhafte Bekanntmachung weiterhin in Gang gesetzt. Dies wurde mit jüngsten Beschluss des OVG Münster vom 07.03.2019 mit Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts noch einmal bestätigt.
Mit anderen Worten: Ist die Antragsfrist für ein Normkontrollverfahren nach § 47 Abs.2 S.1 VwGO abgelaufen, ändert hieran auch eine fehlerhafte Bekanntmachung nichts. Etwas Anderes gilt allerdings für die gerichtliche Inzidentkontrolle eines Flächennutzungsplans, wenn ein alter Flächennutzungsplan der Genehmigungserteilung entgegensteht.
Konsequenzen für die Praxis
In der Praxis bietet die Rechtsprechung des OVG Münster Chancen für die Genehmigung von Windenergieanlagen, denen ein Flächennutzungsplan mit Ausschlusswirkung zum jetzigen Zeitpunkt entgegensteht. Denn:
Sollte die damalige Bekanntmachung der Flächennutzungspläne fehlerhaft erfolgt sein, können vor allem Abwägungsmängel (u.a. die fehlerhafte Zuordnung harter und weicher Tabukriterien) weiterhin gerügt werden. Damit können auch alte Flächennutzungspläne Gegenstand einer umfassenden gerichtlichen Überprüfung gemacht werden. Dies bietet zudem auch die Chance für Projektierer, die Ausweisungen weiterer Flächen für die Windenergienutzung im Planungsgebiet der Gemeinden „anzuregen“.
- Quelle:
- prometheus
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- Pressestelle
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