Meldung von Erneuerbare Energien Hamburg Clusteragentur GmbH
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100-Tage-Bilanz der Bundesregierung: Norddeutsche Energieunternehmer kritisieren Energiepolitik
100 Tage nach Antritt der neuen Bundesregierung in Berlin stellen Energieunternehmen aus der Metropolregion Hamburg der Großen Koalition in Bezug auf ihre Energie- und Klimapolitik schlechte Noten aus. Einem aktuellen Stimmungsbild unter den rund 200 Mitgliedsunternehmen des Erneuerbare Energien Clusters Hamburg (EEHH) zufolge haben die Unternehmer starke Zweifel, dass die im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Ziele für das Gelingen der Energiewende erreicht werden. Sie fordern eine Vielzahl von Maßnahmen, die ihrer Meinung nach von der Bundesregierung nicht ausreichend in Betracht gezogen werden. Besonders der Ausbau der Sektorenkopplung sollte nach Meinung der Experten deutlich stärker in den Fokus rücken.
Besonders stark zeigen sich die Zweifel der Energieunternehmen in Hinblick auf das von der Bundesregierung geplante Ausbauziel von 65 Prozent erneuerbarer Energie im Stromsektor bis 2030. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen (69 Prozent) sehen das Erreichen dieses Ziels kritisch und halten es für unwahrscheinlich oder gar sehr unwahrscheinlich, dass die Umsetzung gelingt. Nur knapp jeder Zehnte (9 Prozent) glaubt, dass das Erreichen dieses Ziels wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich ist.
Bepreisung von Kohlendioxid-Emissionen darf nicht fehlen
Auf die Frage, was zu tun ist, um den Ausbau der erneuerbaren Energien im vorgegebenen Rahmen umzusetzen, äußern die Mitglieder des EEHH-Clusters klare Forderungen an die Bundesregierung: 84 Prozent der Befragten halten eine Bepreisung des Klimagases Kohlendioxid (CO2) für das richtige Mittel. Sie fordern, einen Mindestpreis für CO2 im europäischen Emissionshandel festzulegen oder eine CO2-Steuer einzuführen. Zwei Drittel (67 Prozent) halten einen beschleunigten Ausbau des Übertragungsnetzes von Nord nach Süd für essenziell, um grünen Strom in vollem Umfang einspeisen zu können.
Darüber hinaus sind sechs von zehn Befragten davon überzeugt, dass auch die angekündigten Sonderausschreibungen für Windenergie die Branche nicht stabilisieren werden. Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer schlägt Markterschließungsprogramme vor, um die Sektorenkopplung voranzubringen. Weitere Nennungen waren der Ausbau der Photovoltaik und eine Reform der bestehenden Abgaberegularien für Strom. Viele Teilnehmer vermissten generell einen klaren politischen Willen zur Umsetzung der Energiewende.
Energieunternehmer erkennen kein Konzept
Auch die Unklarheit im Hinblick auf die Frage, wie die Bundesregierung in Zukunft mit den konventionellen, fossilen Energiequellen verfahren will, die für die Versorgungsicherheit weiterhin eine Rolle spielen, sorgt für Kritik. Einige Unternehmen glauben nach diesem Stimmungsbild sogar, die Bundesregierung habe zu diesem Thema kein klares Konzept.
Negativ bewerten die Befragten die Maßnahmen der Regierungspartner im Koalitionsvertrag, um Kapazitätsengpässe im Übertragungsnetz in den Jahren 2020 bis 2030 zu vermeiden: 42 Prozent der Umfrageteilnehmer sagen, die Maßnahmen reichen nicht aus; 20 Prozent vergeben sogar die schlechteste Note. Nur jeder Sechste (14 Prozent) vergibt die Note „gut“ beziehungsweise „sehr gut“.
Eigenverbrauchslösungen gefordert
72 Prozent der EEHH-Umfrageteilnehmer fordern in dieser Meinungsabfrage von der Bundesregierung die Einführung von Eigenverbrauchslösungen in Quartieren und in zusammenhängenden Industrieflächen, um den Vor-Ort-Verbrauch von dezentral erzeugter Energie zu fördern. Auch die Sektorenkopplung, also die Nutzung von Strom für Mobilität und Wärmeversorgung, bietet das Potenzial, grünen Strom zu speichern und zu verbrauchen, ohne ihn dafür über weite Strecken transportieren zu müssen.
Die Mitgliedsunternehmen des Energie-Clusters der Metropolregion Hamburg, das bereits Vorreiter im Bereich Sektorkopplung ist, halten darüber hinaus eine Neu- und Umformulierung von Gesetzen, die den Ausbau der Sektorenkopplung bis dato behindern, für notwendig. Die Hälfte der Experten schlägt beispielsweise vor, die EEG-Umlage im Strombereich bei Netzengpasssituationen zu streichen, um so die (regionale) Stromnutzung attraktiver zu machen. 21 Prozent sehen aber auch in einer Reduzierung der EEG-Vergütung, wenn Wind- oder Solarparks nicht einspeisen können, einen Anreiz für die Energiewende.
Akzeptanz für den Netzausbau muss gestärkt werden
„Die Mitgliedsunternehmen des Erneuerbare Energien Cluster Hamburg stellen der Bundesregierung nach den ersten 100 Tagen Amt in puncto Energiepolitik kein gutes Zeugnis aus. Der Ausbau der Übertragungsnetze kommt deutlich langsamer voran als geplant. Ein Grund unter vielen ist die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung. Die Umfrage zeigt, dass in den Augen der Cluster-Mitglieder deutlich mehr unternommen werden muss, um die Bevölkerung für dieses Großprojekt zu gewinnen und den Ausbau mit deutlich mehr Elan anzugehen“, sagt EEHH-Geschäftsführer Jan Rispens. „Öffentlichkeitsarbeit ist daher eine sehr wichtige Aufgabe unserer Arbeit im Cluster.“
Etliche Mitglieder empfehlen folgerichtig eine Informationskampagne, die den Fokus auf den Bedarf einer gesteigerten Flexibilität im System sowie der Netzoptimierung und des Netzausbaus legt. Die Unternehmen schlagen auch vor, der Bevölkerung Möglichkeiten einer (indirekten) wirtschaftlichen Beteiligung beim Ausbau der Netze zu geben: Entschädigungen, beispielsweise in Form einer Teilrückerstattung der Netzentgelte für Gemeinden, die durch den Netzausbau vor Ort betroffen sind, können die Akzeptanz für den Ausbau erhöhen. Eine verstärkte Nutzung von Erdkabeln und eine Reduktion der Stromsteuer werden ebenfalls als sinnvoll erachtet.
- Quelle:
- EEHH
- Autor:
- Pressestelle
- Link:
- www.eehh.de/...
- Keywords:
- EEHH, Cluster, Norddeutschland, 100 Tage, GroKo, Umfrage, Energiepolitik, CO2, Klimaschutz
- Windenergie Wiki:
- Sektorkopplung, Hamburg, Energiewende