2024-11-16
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Windenergie an Land: Beschleunigung durch Beschleunigungsgebiete?

Die Stiftung Umweltenergierecht sieht weiteren Verbesserungsbedarf, um den rechtlichen Anforderungen der EU umfassend gerecht zu werden.

Bild: PixabayBild: Pixabay

Pressemitteilung – 10. Oktober 2024

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf zur Umsetzung der Beschleunigungsgebiete für die Windenergie an Land am 9. September 2024 veröffentlicht. Verglichen mit dem Referentenentwurf aus dem Frühjahr enthält dieser wichtige Korrekturen, Klarstellungen und Konkretisierungen. Dennoch sieht die Stiftung Umweltenergierecht weiteren Verbesserungsbedarf, um den unionsrechtlichen Anforderungen umfassend gerecht zu werden und den Windenergieausbau an Land in dem von der EU beabsichtigen Maß zu beschleunigen.

Der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2413 in den Bereichen Windenergie an Land und Solarenergie vom 9. September 2024 setzt die Beschleunigungsgebiete für die Windenergie an Land aus der geänderten Erneuerbare-Energien-Richtlinie in nationales Recht um. Diese sollen einen Paradigmenwechsel in den Planungs- und Genehmigungsverfahren einführen, unter anderem durch den Wegfall von bestimmten Prüfpflichten.

Die Stiftung Umweltenergierecht hat in ihrem neuesten Würzburger Bericht zum Umweltenergierecht Nr. 58 den Regierungsentwurf näher untersucht und intensiv geprüft. Im Vergleich zum Referentenentwurf vom 2. April 2024 stellen die Autoren wichtige Korrekturen und Konkretisierungen im Sinne der europarechtlich angestrebten Beschleunigung des Windenergieausbaus fest. Doch in etlichen Bereichen besteht weiterhin Nachbesserungsbedarf oder Verbesserungspotenzial.

Verbesserungen auf Planungs- und Genehmigungsebene

Die wichtigsten Neuerungen im Vergleich zum Referentenentwurf: Auf Planungsebene wurden die „sensiblen Gebiete“ als Ausschlussgebiete für Beschleunigungsgebiete konkretisiert. Auch die Vorgaben für Regeln für Minderungsmaßnahmen bei Ausweisung von Beschleunigungsgebieten wurden umfassend überarbeitet und konkretisiert.

Auf Genehmigungsebene sehen die Autoren ebenfalls Besserungen. So gelten die Genehmigungserleichterungen gemäß § 6b WindBG-RegE nun auch für Energiespeicher am selben Standort. Es wurde zudem klargestellt, dass künftig entfallende Prüfpflichten nicht inhaltlich in andere weiterhin durchzuführende Prüfungen verschoben werden dürfen.

„Außerdem werden jetzt ,eindeutige tatsächliche Anhaltspunkte‘ für die Feststellung von Umweltauswirkungen in der Überprüfung verlangt, was eine Verbesserung gegenüber dem Referentenentwurf ist, auch wenn diese weiter hinter den Anforderungen aus der geänderten Erneuerbaren-Richtlinie zurückbleibt“, erklärt Maria Deutinger, Co-Autorin des Berichts. „Auch das angepasste Verständnis von Ausgleichsmaßnahmen in der Entwurfsbegründung sowie das Wahlrecht des Antragstellers zwischen den Verfahren nach § 6 WindBG und § 6b WindBG-RegE sind positiv zu bewerten.“

Strukturelle Neuerungen ohne erforderliches Gewicht

Dennoch haben die Autoren Schwachstellen im Regierungsentwurf identifiziert und empfehlen Nachbesserungen. Grundsätzlich sei der notwendige Regimewechsel zwischen der EU-Notfall-Verordnung und den Beschleunigungsgebieten nach der geänderten Erneuerbare-Energien-Richtlinie nicht vollständig vollzogen worden: „Stattdessen orientiert sich der Entwurf noch stark am bisherigen System, insbesondere an den Regelungen des § 6 WindBG, sodass den strukturellen Neuerungen im System der Beschleunigungsgebiete, wie Planmaßnahmen, Vereinbarkeitsvermutung und Screening, nicht das erforderliche Gewicht beigemessen wurde“, erklärt Co-Autor Frank Sailer.

Darüber hinaus wurden einige Umsetzungsspielräume der Richtlinie nicht ausgeschöpft, wodurch weiteres Potenzial zur Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren ungenutzt bleibt. An anderen Stellen ist zweifelhaft, ob der nationale Gesetzgeber alle Richtlinienvorgaben vollumfänglich umgesetzt hat bzw. ob er sich bei der Umsetzung in nationales Recht noch im Rahmen des mitgliedstaatlichen Umsetzungsspielraumes bewegt. Zudem zeigen sich Widersprüche und Brüche innerhalb des Entwurfs. Die teils unterschiedliche Umsetzung bei der Windenergie auf See wirft zusätzliche Fragen auf.

Vorschläge für Verbesserungen

Das Hauptaugenmerk des Gesetzgebers sollte vor allem auf der Nachbesserung folgender Punkte liegen:

Reduktion des Artenspektrums bei der Festlegung von Minderungsmaßnahmen auf das erforderliche Mindestmaß. Streichung der hohen Anforderungen an die Datengrundlage für die Überprüfung (ausreichende räumliche Genauigkeit, im Genehmigungszeitpunkt nicht älter als fünf Jahre). Rückführung der überschießenden Zahlungspflicht bei unzureichender Datengrundlage auf das richtlinienkonforme Maß. Klarstellung der Prüfungsmaßstäbe in der Überprüfung. Umsetzung der bislang fehlenden Genehmigungsfiktion unter Umweltgesichtspunkten nach Ablauf der Screening-Frist. Vollständige Umsetzung der materiellen Rechtmäßigkeitsvermutung (Vereinbarkeitsvermutung).

Ein gemischtes Fazit

Trotz einiger Verbesserungen, die der Bericht dem Regierungsentwurf bescheinigt, stellen die Autoren in ihrem Fazit klar: „Ob und in welchem Umfang die bezweckte Beschleunigung der Genehmigungsverfahren in den Beschleunigungsgebieten tatsächlich eintreten wird, hängt maßgeblich davon ab, inwieweit an den entscheidenden Stellschrauben noch einmal nachjustiert wird.“

Publikation

Deutinger/Sailer, Beschleunigungsgebiete für die Windenergie an Land – Einordnung des Regierungsentwurfs zur Umsetzung der Vorgaben der geänderten Erneuerbare-Energien-Richtlinie in deutsches Recht, Würzburger Bericht zum Umweltenergierecht Nr. 58 vom 10.10.2024

 

 

 

 

Quelle:
Stiftung Umweltenergierecht
Autor:
Kristian Lozina, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Email:
lozina@stiftung-umweltenergierecht.de
Keywords:
Beschleunigungsgebiete, Onshore, EU, unionsrechtlichen Anforderungen




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