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Im Windmesse.de Interview: JUWI Geschäftsführer Christian Arnold
Die aktuelle Energiekrise hat die Akzeptanz von erneuerbaren Energien noch einmal in die Höhe schnellen lassen. Merken Sie davon schon etwas?
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat schonungslos offengelegt, dass Deutschland den Ausbau erneuerbarer Energien in den vergangenen fast anderthalb Dekaden verschlafen hat. Umso schneller muss es uns nun gelingen, den Hebel umzulegen und den Ausbau massiv zu beschleunigen. Das sieht zum Glück nicht nur die Regierungskoalition so, sondern auch die überwiegende Zahl der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. Die gestiegene Zustimmung spüren wir auch auf Projektebene. Hier ist vieles in Bewegung geraten, was mich positiv auf die kommenden Jahre blicken lässt. Was bleibt sind die nach wie vor zu langen Genehmigungszeiten. Aber da ist die Politik am Zug.
Die deutsche Regierung hat in den vergangenen Monaten verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Ausbauprozess zu beschleunigen. Sind die Maßnahmen ausreichend? Oder wünschen Sie sich noch mehr Impulse?
Vieles, was von der Politik angestoßen wurde und auch noch auf den Weg gebracht wird geht in die richtige Richtung. Sehr bedauerlich ist allerdings, dass der Gesetzentwurf zur Strompreisbremse nicht mehr die Anhebung der Höchstwerte für Wind an Land und die PV-Freiflächen-Projekte für die EEG-Ausschreibungen im Jahr 2023 vorsieht. Dieser Passus wurde leider wieder gelöscht, obwohl die Anhebung dringlicher denn je wäre: Viele Wind-an-Land-Projekte haben an den letzten Ausschreibungsrunden gar nicht mehr teilgenommen, obwohl entsprechende Genehmigungen für diese Projekte vorlagen. Die naheliegendste Erklärung, die wir auch aus unseren eigenen Betrachtungen bestätigen können ist, dass die aktuellen Höchstwerte aufgrund der massiv gestiegenen Preise für Windenergieanlagen (größer 30%), gestiegene Zinsen (von 1% auf 4%) und auch deutlich gestiegenen Betriebskosten, u.a. für die Vermarktung, nicht mehr auskömmlich sind, um die Projekte umzusetzen. Der Gesetzgeber muss hier dringend handeln und auf Basis der in Kürze von der Deutschen WindGuard im Auftrag des BMWK erstellten Kostenerhebung die Höchstwerte sachgerecht anheben. Ansonsten droht uns eine veritable Ausbaubremse für 2023 - dem Jahr, in dem der Ausbau mit mehr als 12.000 MW ausgeschriebener Leistung eigentlich wieder richtig an Fahrt aufnehmen sollte.
JUWI ist in den vergangenen Jahren vermehrt im Ausland tätig geworden. Woran liegt das?
Die Versorgung mit erneuerbaren Energien ist kein deutscher Sonderweg, wie aus einigen politischen Ecken gerne nach wie vor behauptet wird, sondern längst zum globalen Wachstumsmotor geworden, da Strom aus erneuerbaren Energien absolut wettbewerbsfähig ist. Vor allem die Stromgestehungskosten aus der Photovoltaik sind in vielen Regionen dieser Welt schlicht unschlagbar im Preis. In diesen Märkten sind wir präsent und wollen mit unseren Auslandsniederlassungen weiter partizipieren und wachsen, wie zum Beispiel in Italien, wo wir erst kürzlich einen kleineren Projektentwickler übernommen haben oder in den USA, Südafrika und Südostasien, wo wir unsere Projektpipeline in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut haben. Für JUWI sind diese Auslandsmärkte immer ein wichtiges Standbein gewesen und werden es auch weiterhin bleiben.
Ihr Unternehmen vermeldet in letzter Zeit zunehmend den Bau von Hybridanlagen, u.a. um damit Minen auszustatten. Ist das eine neue Spezialisierung von JUWI? Sind solche Anlagen auch für Deutschland lohnenswert?
Der Bau großer Hybridanlagen, also die Integration von Wind- und Solarenergie samt Batteriespeicher in einen bestehende Kraftwerkspark von energieintensiven und netzfernen Industrien wie zum Beispiel der Bergbauindustrie ist ein Feld, in dem wir uns bei großen und mittleren Minengesellschaften einen exzellenten Ruf als erfahrener Projektpartner erarbeitet haben. Darauf sind wir stolz. Schließlich ist die Rohstoffindustrie, an der unser aller Wohlstand hängt, einer der größten Emittenten von Treibhausgasemissionen. Es freut mich sehr, dass wir mit unseren Lösungen entscheidend dazu beitragen können, Emissionen signifikant zu senken und perspektivisch gegen null zu fahren.
Die Situation in Deutschland ist mit den Gegebenheiten in Australien oder Afrika aber nicht vergleichbar. Denn bei uns beziehen auch die Tagebaue ihre Energie in der Regel aus dem Netz. Insellösungen wir etwa in Ägypten, wo wir das derzeit weltweit größte Hybridprojekt realisiert haben, sind hier selten. Aber natürlich hilft auch hier jedes einzelne unserer Wind- und Solarprojekte dabei, den Netzstrom grüner und nachhaltiger zu gestalten, um auch hier die Transformation im Rohstoffsektor mitzugestalten.
Das neue EEG lässt ab dem kommenden Jahr erstmalig die direkte Zahlung von Windparkbetreibern an Gemeinden zu. Ist das für JUWI eine Option, um die Akzeptanz zu erhöhen?
Neben der neuen energiepolitischen Realität sorgt die Paragraf-sechs-Regelung des EEG sicherlich für die sehr hohen Zustimmungswerte für die erneuerbaren Energien. Gerade die ländlichen Regionen haben hierdurch einen echten finanziellen Mehrwert, den wir in unseren Projekten selbstverständlich an die Standortkommune weitergeben. Das sorgt für mehr Akzeptanz. Sie ist aber nicht die Pauschallösung zur Steigerung der Zustimmung vor Ort. Hier sind vielmehr neben einer transparenten Projektkommunikation weitere Beteiligungsformen gefragt: von vergünstigten Ökostromtarifen über klassische Windsparbriefe bis hin zum Betrieb einer Mühle in Bürgerhand. Wo diese gewünscht und realisierbar sind bieten wir dieses Spektrum auch an.
- Quelle:
- JUWI
- Keywords:
- juwi, Christian Arnold, erneuerbare Energien, Hybridanlage, Energiekrise, Ausbau, Windenergie, Solar
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- MW, Ausschreibungen