2024-11-21
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Deutschlands Energiepolitik auf dem Prüfstand

Wie geht es weiter mit der Energiepolitik in Europas größter Wirtschaftsmacht Deutschland? Seit Wladimir Putin vor 14 Tagen die Ukraine mit Krieg überzog, gibt es unzählige 'Expert*innen' und Meinungen für den besten Ausweg aus der Abhängigkeit von russischen Rohstoffen. Doch nicht alle Ideen sind durchdacht oder umsetzbar.

Zwar gab es in der Vergangenheit immer wieder Stimmen, die vor einer zu großen Abhängigkeit von russischen Rohstoffen warnten, aber diese wurden geflissentlich überhört. „Das ist keine neue Geschichte – vom Iran über Saudi-Arabien bis hin zum Irak und Venezuela haben Diktatoren ihre Stärke aus den fossilen Ressourcen innerhalb ihrer Grenzen bezogen und ihre Macht aufgrund ihrer Kontrolle über eine endliche Ressource, die nur deshalb wertvoll ist, weil wir von ihr abhängig sind, ausgeübt. Ein Großteil der Weltgeschichte wurde von den Besitzenden und den Besitzlosen in Sachen Energie bestimmt. Das ukrainische Volk ist das jüngste Opfer der übermäßigen Abhängigkeit der Welt von fossilen Brennstoffen, einfach aufgrund seiner geografischen Lage, die Russland von einem bequemen Gaskunden in Europa trennt.“ So fasst es Admiral Dennis V. McGinn im amerikanischen Politik-Medium The Hill zusammen.

Vor allem Europas größte Wirtschaftsmacht Deutschland hängt am Tropf der russischen Rohstoffe: der Anteil russischen Öls liegt derzeit bei etwa 32 Prozent, der von russischer Steinkohle bei fast 50 Prozent und beim Gas sind es sogar 55 Prozent. Wie kann Deutschland diese Abhängigkeit möglichst schnell verringern?

Längere Laufzeiten für die verbliebenen AKW? Nein, entschieden die zuständigen Ministerien letztlich. (Bild: Pixabay)

In den ersten Tagen nach Kriegsausbruch schienen dabei alle Wege möglich, sogar ein Ausstieg aus dem Atomausstieg war plötzlich auf dem Tisch. Dabei laufen in Deutschland aktuell nur noch drei Reaktoren: Emsland (Niedersachsen), Isar 2 (Bayern) und Neckarwestheim 2 (Baden-Württemberg), die Ende des Jahres abgeschaltet werden sollen.

Während man in Baden-Württemberg "offen" für Überlegungen war, setzte sich vor allem der bayerische Ministerpräsident Markus Söder lautstark für eine Laufzeitverlängerung ein: „Natürlich wäre eine Verlängerung rein technisch möglich. Es ist die Frage, ob man es politisch will“, sagte er im ZDF Morgenmagazin.

In Niedersachsen, wo der Reaktor Emsland steht, sieht man das anders. "Wir sind aus der Kernenergie ausgestiegen mit einem mehrfachen Wechsel – das wiederholen wir nicht noch mal", erklärt Umweltminister Olaf Lies gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ). Die Abschalt-Planungen seien viel zu weit gediehen und „... es ist ja auch nicht so, dass man da ins Lager geht und mal eben einen neuen Brennstab holt.“ Dies bestätigt eine Sprecherin von PreussenElektra, Betreiberin des bayerischen AKW Isar 2 gegenüber der Rheinischen Post: „Nach einer ersten Abschätzung gehen wir davon aus, dass frische Brennelemente in gut 1,5 Jahren zur Verfügung stehen könnten“.

Viel zu lange, weshalb Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministerium diesem Gedanken nun endgültig einen Riegel vorschieben: „Beide Ministerien kommen zu dem Ergebnis, dass eine Verlängerung der Laufzeiten nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken.“

Die Abhängigkeit vom Erdgas steht auch bei der Leopoldina im Mittelpunkt der Überlegungen: „Als kurzfristige Maßnahme (kommende Wochen und Monate) diskutiert die Ad-hoc-Stellungnahme zum Beispiel Flüssiggasimporte, Einsparungen beim Erdgas und das Füllen von Gasspeichern als Puffer für den Winter. Um die Erdgasnachfrage zu reduzieren, könnte zudem auf eine stärkere Kohleverstromung gesetzt werden.“

Die Nationale Akademie der Wissenschaften betont aber gleichzeitig die Bedeutung der Beibehaltung des Kohleausstiegs bis 2030 – auch angesichts der Tatsache von neuen Rekordemissionen im vergangenen Jahr, wie die Internationale Energieagentur IEA am Dienstag mitteilte – und die vor allem auf die stark gestiegene Nachfrage nach Kohle zurückzuführen sind. Letztlich kann die Lösung daher nur im stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien liegen, wie auch EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen betont: „Je schneller wir auf erneuerbare Energien und Wasserstoff umsteigen, kombiniert mit mehr Energieeffizienz, desto schneller werden wir wirklich unabhängig sein und unser Energiesystem beherrschen.“

Angesichts der ständig steigenden CO2-Emissionen kann die Lösung nur im Ausbau der Erneuerbaren liegen - sonst wird der Krieg direkt von der Klimakatastrophe abgelöst (Bild: Pixabay)

Und auch WindEurope CEO Giles Dickson betont in einem eindringlichen Appell an die europäischen Länder: „Mehr denn je muss Europa jetzt seine enormen Windenergieressourcen nutzen. Die Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie ist von zentraler Bedeutung für die Energiesicherheit. Und wir müssen dies mit europäischer Technologie tun. Europa muss alles tun, um unsere weltweit führende Lieferkette für Windenergie zu erhalten. Beschleunigen Sie die Genehmigungsverfahren. Wir müssen intelligentere Windauktionen durchführen, die den Beitrag der Windenergie zu einer robusten, widerstandsfähigen und kreislauforientierten Wirtschaft berücksichtigen. Und wir müssen Forschung und Entwicklung fördern.“

Da hat er Recht, oder?

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
Deutschland, Wirtschaft, Russland, Abhängigkeit, Rohstoffe, Import, Öl, Gas, Kohle, Atomkraft, Leopoldina, Wind, Ausbau, erneuerbare Energie, Europa
Windenergie Wiki:
Giles Dickson



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