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Neues Leben für alte Industriebrachen
Das Kraftwerk Brayton Point in Somerset, Massachusetts, war einst das größte Kohlekraftwerk in Neuengland an der Ostküste der USA. Vor knapp zwei Jahren war allerdings Schluss damit. Das veraltete Kraftwerk wurde geschlossen und sukzessive abgerissen. Nun soll auf dem Gelände neues Leben entstehen – ausgerechnet in einer der Branchen, die mit dafür verantwortlich ist, dass das Kohlekraftwerk unrentabel wurde.
Wie der Besitzer, die Commercial Development Company (CDC), und Netzbetreiber Anbaric diese Woche bekannt gaben, soll an dieser Stelle ein großes Logistikzentrum für Offshore-Windkraft entstehen. Dazu gehören ein Hafen, sowie ein Produktions- und ein Kontrollzentrum, die den Ausbau des Offshore-Sektors in der Region vorantreiben sollen. Kernstück des ‚Renewable Energy Center‘ soll ein 1200 MW Hochspannungs-Gleichstrom-(HGÜ)-Konverter werden, eine Investition, die auf 250 Millionen Dollar geschätzt wird. Darüber hinaus wird Anbaric vor Ort auch mit der Entwicklung eines 400 MW Batteriespeichers beginnen, was zusätzliche Investitionen in Höhe von 400 Millionen US-Dollar mit sich bringen würde.
So soll das Gelände von Brayton Point einmal aussehen, nachdem der Umbau zum Offshore-Hub abgeschlossen ist (Bild: Anbaric)
„Das Renewable Energy Center steht für Anbarics umfassende Vision innerhalb des ‚Massachusetts OceanGrid-Projekts‘: eine leistungsstarke Übertragungsinfrastruktur, um das Potenzial der Offshore-Windenergie in der Region zu maximieren“, führt Edward Krapels, CEO von Anbaric, die Idee näher aus. „Da Massachusetts überlegt, mehr Offshore-Wind zu nutzen, muss die richtige Infrastruktur geplant und in Gang gesetzt werden. Eine HGÜ-Umspannstation ist nicht nur für das Brayton Point Commerce Center, sondern auch für Massachusetts als führenden Bundesstaat im Bereich der Offshore-Windenergie von Bedeutung.“
Massachusetts sieht sich als künftiges Offshore-Windzentrum an der US-Ostküste. Ende vergangenen Jahres wurden dort Gebiete versteigert, in denen künftig Windparks entstehen sollen – erst nach 32 Runden im Bieterwettstreit wurden letztlich die Sieger der Auktion verkündet: Equinor, Vineyard Wind und Mayflower Wind haben nun das Recht, in den Gebieten jeweils bis zu 4,1 Gigawatt Offshore-Windenergie zu erschließen, wie GreenTech Media berichtet.
Vom Erfolg dieser Rekord-Auktion war selbst das Innenministerium der USA überrascht, wie der damalige Innenminister Ryan Zinke zugab und hinterherschob: „Jeden, der bezweifelt hat, dass unsere ehrgeizige Vision der unabhängigen Energieversorgung die erneuerbaren Energien nicht miteinbezieht, bringen wir heute zum Schweigen.“
In Brayton Point ist man sich daher der Symbolik des Ortes durchaus bewusst: „Die Entwicklung eines Offshore-Hubs für 1200 MW Offshore-Wind am Standort eines ehemaligen Kohlekraftwerks stellt physisch und symbolisch die Energiewende von fossilen Brennstoffen hin zum Wind dar", so Krapels. „Während die Südküste des Bundesstaats ein Kohlekraftwerk verloren hat, wird sie schnell zum Knotenpunkt einer neuen sauberen Energiewirtschaft. Das wird eine der großen Energiegeschichten der Welt. Es ist ein Symbol für den bevorstehenden Wandel – und Brayton Point verspricht, ein sehr starker Wirtschaftsmotor in der Region zu werden.“
Von einem neuen Wirtschaftsmotor sind die Kohleabbaugebiete im Westen und Osten Deutschlands noch weit entfernt. Der Kohleausstieg ist noch gar nicht richtig beschlossen, doch es liegen immerhin Pläne für eine weitere Nutzung der Gebiete vor.
Viele ehemalige Tagebauflächen eignen sich hervorragend für den Ökostrom-Ausbau, belegt ein Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums: Die Flächen lassen vergleichsweise geringe Herausforderungen bei Naturschutz und Akzeptanz erwarten. Allerdings muss die Politik bereits jetzt entsprechende Weichen stellen, damit die ehemaligen Tagebauflächen auch tatsächlich für den Ausbau von erneuerbaren Energien genutzt werden, fordert der Ökostromanbieter Greenpeace Energy.
Simulation für die Erschließung der Tagebauflächen für erneuerbare Energien (Bild: Greenpeace Energy)
„Die Bundesregierung hat inzwischen selbst erkannt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden muss, damit Deutschland seine Ziele für den Klimaschutz noch erreichen kann“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy: „Das Potenzial dafür bieten die Braunkohleregionen und das sollte nun rasch genutzt werden. Erneuerbare Energien können in den Braunkohlerevieren neue Jobs und wirtschaftliche Perspektiven schaffen. Damit leisten sie einen wertvollen und nachhaltigen Beitrag, um den ökologischen Strukturwandel auch zum Vorteil der Menschen vor Ort zu gestalten.“
Vor allem, wenn die neuen Wind-und Photovoltaik-Anlagen nicht nur in Form üblicher 'Investor-Modelle' durch ortsfremde Großunternehmen entstehen, sondern als lokal verwurzelte Bürgerenergie, könnte der entsprechende Umbau schnell vonstatten gehen. In diesem Fall dürfte sich gemäß wissenschaftlicher Untersuchungen des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) die Zahl der Arbeitsplätze durch erneuerbare Energien vor Ort sowie die regionale Wertschöpfung sogar noch einmal verdoppeln.
Auch deshalb hat Greenpeace Energy einen Maßnahmenkatalog für die Politik vorgelegt, um den Wandel rechtlich abzusichern. Für Deutschland wäre dieser Schritt sicherlich ein Pluspunkt, um die Energiewende für alle sichtbar zu machen: Von der offenen Kohlegrube hin zu einem Naherholungsgebiet.
So könnten die Flächen im Rheinischen Revier einmal aussehen (Bild: Greenpeace Energy)
- Autor:
- Katrin Radtke
- Email:
- presse@windmesse.de
- Keywords:
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