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Umweltschutzmaßnahmen zahlen sich aus - Offshore-Wind stellt keine Gefahr für den Schweinswal dar
Schweinswale stehen immer wieder im Fokus, wenn es um Offshore-Windparks geht. Die empfindlichen Tiere kommunizieren untereinander mit verschieden Klick- und Pfeiftönen und setzen zur Jagd Ultraschall zur Echoortung ein, weshalb sie zum Überleben auf ihr feines Gehör angewiesen sind. Bei einer erfolgreichen Jagd kann ein Schweinswal über 500 Fische in einer Stunde fangen – mit einer Erfolgsquote von über 90 Prozent, wie Biologen kürzlich festgestellt haben. Umso wichtiger ist es daher, dass das empfindliche Gehör des Tieres nicht geschädigt wird.
Vor allem der Mensch hat in den vergangenen Jahrzehnten durch Tourismus, Schifffahrt, Fischerei (Beifang), durch Waljagd, Wilderei und insbesondere durch Umweltverschmutzung dafür gesorgt, dass die Population des Schweinswals immer weiter zurückgegangen und die Art akut bedroht ist. Seit einigen Jahren kommen nun auch noch die Rammarbeiten beim Bau von Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee dazu – ein zusätzlicher Stressfaktor für die Tiere.
In Deutschland haben sich Umweltschützer und das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) als zuständige Behörde bereits früh darüber Gedanken darüber gemacht, wie man Industrie und Naturschutz unter einen Hut bekommt, weshalb in deutschen Gewässern eine Lärmobergrenze während der Arbeiten festgelegt wurde. Zusätzlich dürfen zu bestimmten, für den Schweinswal kritischen Jahreszeiten in vielen Gebieten gar keine Arbeiten durchgeführt werden.
Aber auch die Industrie hat bereits ihren Beitrag zum Artenschutz geleistet: So wurden im Lauf der Zeit immer aufwändigere Maßnahmen eingeführt, um Flora und Fauna des Ozeans zu schützen: Blasenschleier und andere Lärmschutzmaßnahmen sind mittlerweile Standard bei den Rammarbeiten in den Gewässern. Des Weiteren wird an alternativen Fundament-Strukturen gearbeitet, wie das Suction Bucket-Jacket von DONG Energy unter Beweis stellt (s. rechts, (c) DONG Energy).
Nun belegen erstmals zwei Studien, dass diese Maßnahmen tatsächlich Wirkung zeigen. So hat das Offshore-Forum Windenergie (OFW) schon vor zwei Jahren den Auftrag an drei Forschungsunternehmen und -institute (BioConsult SH, IBL Umweltplanung und IfAÖ) erteilt, um die Störungsauswirkungen von Rammschall auf Schweinswale in der deutschen AWZ der Nordsee zu untersuchen. Verschiedene Windparkbetreiber und -entwickler, die im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 acht Offshore-Windparks mit insgesamt 400 Fundamenten in der Deutschen Bucht gebaut haben bzw. derzeit weitere Windparks planen, stellten dazu ihre Untersuchungsdetails zur Errichtung der Windparks zur Verfügung. Ergänzt wurden diese Informationen von Schweinswalzählungen sieben weiterer Projekte, die sich damals noch in der Planungsphase befanden.
Basis der Untersuchungen waren neben Details zur Fundamentinstallation die Daten aus Hydroschall-Messungen sowie C-POD- und flugzeugbasierte Erfassungen der Schweinswalvorkommen. Damit wurde erstmals ein Großteil der für die Deutsche Bucht vorhandenen Erkenntnissen einzelner Windpark-Projekte zusammengefügt und in eine gemeinsame Datenbasis überführt. Dieser umfangreiche und weltweit einmalige Datensatz wurde in einer zweijährigen Projektlaufzeit ausgewertet und in einer umfassenden Studie zusammengefasst.
Daraus geht hervor, dass die Tiere während der unmittelbaren Rammarbeiten eine kurzfristige Meidereaktion zeigen, die sich für alle Rammereignisse mit und ohne Schallschutz ab einem Wert von 143 Dezibel auf einer Distanz von bis zu 17 km beobachten lässt. Bei ausschließlicher Betrachtung von Rammereignissen mit Schallschutzmaßnahmen mieden die Tiere das Gebiet sogar nur bis zu einer Distanz von bis zu 14 km. Aber auch im Nahbereich mit Schallpegeln von mehr 155 Dezibel verließen längst nicht alle Tiere das Gebiet. „Die Studie zeigt, dass Offshore-Windparks keine negativen Folgen für die Schweinswalpopulation haben“, kommentiert Ursula Prall, Vorstandsvorsitzende des OFW, das Ergebnis. Der Schweinswalbestand blieb trotz stetig ansteigender Gründungsarbeiten konstant und das, obwohl die Entwicklung und der Einsatz von Schallschutzmaßnahmen während des Untersuchungszeitraums noch in den Anfängen war.
3D-Illustration des Großen Blasenschleiers, um Unterwasserlärm abzuschwächen (Wikipedia Commons)
Sicherlich kann man dem OFW in gewisser Weise Parteilichkeit unterstellen, denn hinter dem Forum verbirgt sich ein Zusammenschluss von verschiedenen Unternehmen aus der Offshore-Branche, u.a. Dong Energy, EnBW, E.ON, Iberdrola Renovable, innogy, Tennet oder Vattenfall.
Unterstützung bekommt die Industrie nun allerdings von ungewohnter Seite: In Großbritannien wiederum hat sich die Naturschutzorganisation WWF des Themas angenommen und in diesen Tagen ebenfalls die Ergebnisse einer eigenen Studie veröffentlicht. Mit fast dem gleichen Ergebnis: Werden Lärmschutzregelungen sowie weitere Schutzmaßnahmen eingehalten, haben die Arbeiten in der Nordsee keine negativen Auswirkungen auf den Schweinswal.
Zwar hat Großbritannien keine Lärmobergrenze wie Deutschland, stattdessen gibt es dort aner Schutzzonen, in denen menschliche Aktivitäten stark eingeschränkt sind. Einige der ausgewiesenen Gebiete für Offshore-Parks überschneiden sich wiederum mit diesen Schutzzonen, sodass die Regierung den Betreibern der Parks individuelle Regelungen auferlegt hat: DONG Energy darf beispielsweise den mit 1.8 Gigawatt weltgrößten Offshore-Park Hornsea Project Two nur unter Einhaltung von speziellen Schutzmaßnahmen für die Schweinswale bauen. Dazu gehört u.a. eine Einhaltung von Ruhezeiten, in denen die Tiere besonders gefährdet sind.
Umso wichtiger ist aus Sicht der Umweltschützer jedoch die Erkenntnis – für Wissenschaft und Industrie gleichermaßen –, welch konkrete Auswirkungen die teuren Lärmschutzmaßnahmen tatsächlich haben. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass schon eine Reduzierung von 8 dB bei allen Baumaßnahmen in der Nordsee dafür sorgt, dass die Wahrscheinlichkeit eines jährlichen Rückgangs der Population von 1 Prozent um 92 Prozent reduziert wird. Auch auf die Regelungen in anderen Ländern kommt die Studie zu sprechen, so wird unter anderem Deutschland als Beispiel mit strengeren Schutzvorkehrungen gelobt und darauf gehofft wird, dass auch in Großbritannien entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht werden.
Schweinswal im Wasser (Bild: OFW)
Letztlich kommen beide Studien zu dem Schluss, dass Industrie und Umweltschutz nicht konträr zueinander stehen müssen. Hält sich die Industrie auch zukünftig an einige Regeln, dann ist das Zusammenleben und -arbeiten von Mensch und Tier in der Nordsee weiterhin problemlos möglich.
- Autor:
- Katrin Radtke
- Email:
- kr@windmesse.de
- Keywords:
- offshore, WWF, OFW, Studie, Umweltschutz, Lärmschutz, Tierschutz, Schweinswal, Meesressäuger
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