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Offshore-Wind: Auf dem Weg zum Erfolg?
Europa – und dann lange nichts
Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist die Offshore-Windenergie in Europa auf dem besten Weg, sich zu einer Erfolgsgeschichte zu entwickeln. Immer mehr Parks werden ans Netz angeschlossen und nehmen ihren Betrieb auf. Gerade Großbritannien und Dänemark gelten als Vorreiter. In Deutschland hinkt man zwar dem Zeitplan hinterher, aber auch hier arbeiten mittlerweile die ersten Parks. Bis heute haben die EU-Länder gemeinsam Turbinen mit einer Kapazität von mehr als 6.040 MW installiert.
Wirft man einen Blick auf die anderen Kontinente, werden die Probleme der Branche deutlich. In Asien steckt die Offshore-Branche noch in den Kinderschuhen, die einzigen, die erste Projekte am Laufen haben, sind Japaner und Chinesen. In Japan wurden nun Pläne bekannt, dass direkt vor der Atomruine von Fukushima ein schwimmender Offshore-Park errichtet werden soll. Von dieser erdbebensicheren Variante verspricht man sich in dem von Naturkatastrophen heimgesuchten Land eine Menge. Die Chinesen arbeiten derweil daran, neue Weltrekorde in Turbinen- und Rotorblattgröße aufzustellen, haben aber erst wenige Parks installiert.
Schattendasein in den USA
Doch selbst dies ist noch kein Vergleich zu den USA. Dort hat fristet die Offshore-Branche bisher ein Schattendasein gefristet. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat im Sommer die erste Offshore-Turbine ihren Betrieb aufgenommen. Wohlgemerkt, die erste Turbine, nicht der erste Windpark. Dabei handelt es sich auch nicht um eine der gigantischen Offshore-Turbinen, die man aus Europa kennt, sondern um eine Kleinanlage: Auf einem 18 Meter hohen schwimmenden Turm prangt eine 20 KW-Turbine, die gerade genug Strom für ein paar Haushalte liefern kann.
Dabei hat auch in den USA in den letzten Jahren ein Umdenken eingesetzt. Das Land hat erkannt, dass langfristig auf erneuerbare Energien umgestellt werden muss. Vor allem die Onshore-Windenergie konnte daher in den letzten Jahren enorme Erfolge erzielen: So wurden laut 'Yale Environment 360' mittlerweile onshore Windkraftanlagen mit mehr als 60.000 MW installiert. Aber eben nur diese eine Offshore-Turbine. Man kann also durchaus sagen, dass die USA den Trend verschlafen haben.
Vielfältige Probleme behindern Vorankommen
Dabei sollten eigentlich auch schon seit mehr als zehn Jahren Windräder vor der Küste der USA ihre Arbeit verrichten. Bereits 2001 reichte Jim Gordon seine Pläne für einen Offshore-Park namens 'Cape Wind' bei den Behörden zur Genehmigung ein. Mittlerweile steht der Name des Projekts allerdings vor allem für eine jahrelange Gerichtsposse, die erst in diesem Jahr durch die endgültige Niederlage der Windkraftgegner ihr Ende fand. Nun soll nächstes Jahr endlich mit dem Bau des 130 Turbinen fassenden Parks begonnen werden (Zur ausführlichen Geschichte dieses Projekts siehe folgenden Artikel).
Ohne PTC kein Offshore
Das größte Hemmnis des Offshore-Ausbaus in den USA stellen jedoch nicht die Windkraftgegner dar, sondern die politische Unsicherheit. Da der Production Tax Credit (PTC), der Projekten in der Windbranche Steuererleichterungen und günstige Kredite gewährt, häufig nur für ein Jahr verlängert wird, schreckt die Industrie davor zurück, in langfristige Offshore-Bauprojekte zu investieren. Auch dieses Jahr bleibt offen, ob der PTC über den Jahreswechsel hinaus noch zum Einsatz kommen darf – Schwierig für die sehr kostspieligen Offshore-Windparks. Die derzeitige Hängepartie dürfte wiederum einige Projekte zum Scheitern verurteilen, so steht unter anderem der Windpark vor Atlantik City in New Jersey vor dem Aus, da sich die Behörden des Bundesstaats nicht für ein Projekt engagieren wollen, deren finanzielle Zukunft auf wackeligen Füßen steht. Näheres zum Atlantic City-Projekt hier.
Fehlende Klimaschutzziele behindern Ausbau
Ein weiteres Problem besteht in den USA darin, dass das Land noch immer keine einheitlichen Klimaschutzziele formuliert hat. Einzelne Bundesstaaten sind hier zwar mittlerweile in Eigenregie tätig geworden, aber gerade der gemeinsame Plan in Europa hat der Offshore-Industrie massiv geholfen. Der Plan sieht vor, dass die EU bis 2020 20 Prozent ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen deckt, bis 2030 sogar zu 40 Prozent. Allein 2014 sollen so fast 2 Gigawatt Offshore-Kapazitäten zugebaut werden, die genug Elektrizität erzeugen, um damit 1 Million Haushalte zu versorgen.
Nach den jahrelangen Verzögerungen wird zwar die Bundesrepublik ihr Ziel von 10.000 MW bis 2020 verfehlen, aber wie Nico Nolte vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) vor Kurzem gegenüber dem 'Hamburger Abendblatt' sagte, sind bis zu 8.000 MW noch im Bereich des Möglichen. Das entspricht nach derzeitigem Entwicklungsstand etwa 1500 Turbinen. „Die Voraussetzungen sind da, um die zweite Runde von Nordsee-Windparks zu starten, die von 2015 bis 2017 gebaut werden könnten“, so Nolte weiter.
Erste Versteigerungen zeugen von steigendem Interesse
Das Interesse an Offshore steigt nun aber auch in den USA. So kam es im Sommer zu den ersten beiden Versteigerungen von Parzellen vor der Ostküste, da sich mehrere Bewerber dafür gemeldet hatten. Das amerikanische Unternehmen Deepwater Wind erhielt bei der ersten Auktion den Zuschlag: Mit einem Gebot von 3,8 Millionen US-Dollar hat man sich dadurch eine Fläche von knapp 67.000 Hektar vor der Küste von Rhode Island und Massachusetts gesichert. Eine Kapazität von bis zu 1000 MW soll in dem Gebiet stecken, bis zu 200 Turbinen können errichtet werden, die 400.000 Haushalte mit Strom versorgen sollen. Deepwater äußerte sich im Anschluss entsprechend erfreut: „Dieser Ort ist die beste Stelle in den USA für einen Offshore-Windpark“, so CEO Jeffrey Grybowski gegenüber den Medien.
Eine zweite Versteigerung durch das 'Bureau of Ocean Energy Management' (BOEM) fand Anfang September statt. Dort wurde eine Parzelle von knapp 46.000 Hektar vor der Küste von Virginia mit einer potenziellen Kapazität von 2000 MW vergeben. Weitere Versteigerungen von Parzellen vor Maryland, New Jersey und Massachusetts werden laut BOEM noch in diesem Jahr folgen.
„Saudi-Arabien des Offshore-Winds“
„Die Ostküste ist das Saudi-Arabien des Offshore-Winds. Dort gibt es genug Energie, um die gesamten USA mit Strom zu versorgen, wenn das Potenzial voll ausgeschöpft wird.“ Diese Aussage stammt von Matt Huelsenbeck, einem Offshore-Windexperten und ist mittlerweile zum geflügelten Wort geworden. Da der Wind vor der Ostküste mit konstant hoher Geschwindigkeit weht, gilt die Region als besonders geeignet für Offshore-Parks. Kein Wunder, dass die Staaten im Nordosten, namentlich Massachusetts, Rhode Island, Maryland und New Jersey, als besonders harte Verfechter für erneuerbare Energien gelten. Glaubt man verschiedenen Studien, könnte sich das Potenzial für Windenergie in den USA (on- und offshore) bei 4.140 GW bewegen. Das ist vier Mal so viel Energie, wie das Land derzeit verbraucht.
Erste Projekte laufen an
Bis dieses Potenzial auch nur ansatzweise ausgeschöpft wird, braucht es noch eine Weile. Derzeit liefern sich erst mal mehrere Offshore-Projekte ein Rennen um den Titel 'Erster Offshore-Park der USA'. Beste Aussichten dürfte der Block Island-Windpark haben, der vor einer Insel vor Rhode Island von Deepwater Wind errichtet werden soll.
Unterstützung bekommt die Offshore-Industrie momentan unter anderem von Google. Das Internet-Unternehmen hat in der Vergangenheit bereits verstärkt in erneuerbare Energien investiert, bezieht seinen Strom unter anderem von mehreren Windparks in Texas. Nun ist der Konzern am Bau eines gigantischen Unterwasserkabels beteiligt, das vor der Ostküste verlegt werden soll. Die 'Atlantic Wind Connection' soll dafür sorgen, dass die Energie der nach und nach entstehenden Offshore-Parks an Land transportiert und in die Netze eingespeist werden kann – ein Arbeitsschritt, der in Europa immer wieder für Verzögerungen sorgt. So kann der deutsche Riffgat-Park noch immer keinen Strom liefern, weil auf der Verbindungstrasse Munition aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurde, die erst aufwendig geborgen werden muss. Ist die Atlantic Wind Connection dagegen einmal verlegt, sollen sich alle Windparks dort einklinken können. Mehr zur AWC findet sich hier.
Hohe Kosten als Hindernis
Was den Ausbau selbst in Europa lange Zeit stark verzögert hat, sind die hohen Kosten für Offshore-Projekte. Diese lassen sich am Schnellsten senken, wenn mehr Anlagen installiert werden. Das wurde auch kürzlich durch eine Studie von Prognos/Fichtner belegt, die von der 'Stiftung Offshore Windenergie' veröffentlicht wurde. Aus diesem Grund gibt es weiterhin politische Unterstützung der einzelnen Landesregierungen in der EU, so werden Forschungsgelder intensiv investiert, um technische Innovationen zur Kostenersparnis voran zu bringen, wie Lewis Milford in der 'Huffington Post' schreibt. Auch die großen Offshore-Unternehmen wie Siemens setzen ihre Gelder gezielt dazu ein, etwa die Fundamente und Gründungen günstiger zu gestalten.
Industrie in Warteposition
Die europäischen Industrieunternehmen warten auf positive Signale aus den USA – eine Verlängerung des PTC würde dafür sorgen, dass mehr Konzerne den Sprung auf den amerikanischen Markt wagen würden. „Stability is the message“, wie Milford betont. Lukrative Investitionsmöglichkeiten würden sich so eröffnen und auch die USA einen Schritt weiter auf dem Weg zu mehr erneuerbaren Energien bringen. Mittelfristig gesehen wäre es dann auch möglich, die Lücke im Offshore-Sektor zu Europa zu verkleinern.
- Quelle:
- Windmesse Online-Redaktion
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