2024-11-05
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Diese Woche: Den Strompreistreibern auf der Spur

Nun haben wir ihn also hinter uns, den mit viel Tamtam bedachten 'Energiegipfel' zwischen der Bundesregierung und den Ländern am vergangenen Donnerstag.

Wie wir bereits letzte Woche in unserem Artikel im Newsletter gemutmaßt haben – und wovon auch die Branche der Erneuerbaren Energien im Vorfeld ausging – ist nicht viel bei der Diskussion herausgekommen. Immerhin – auf einen minimalen Konsens konnten sich die Streithähne in Berlin dann doch einigen: So ruderten Altmaier und Rösler bei der rückwirkenden Kürzung der Einspeisevergütung für bereits bestehende Anlagen der Ökostrombranche zurück und legten diesen Vorschlag vorerst ad acta.

Und auch beim Ausbau der Stromnetze gab es eine Einigung, denn dem Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler folgend, konnten sich die Bundesländer dazu durchringen, die Planung dieser Aufgabe noch vor der parlamentarischen Sommerpause in die Hände der Bundesnetzagentur zu übergeben. Diese Maßnahme soll den Ausbau der neuen Hochspannungsstromtrassen quer durch die Republik von zehn auf vier Jahre verkürzen.

Alles weitere ist dagegen erst einmal vertagt worden – auf die Zeit nach der Bundestagswahl im September. Zwar wird hinter den Kulissen weiter an einer Lösung gearbeitet, aber auch hier ist nicht mit nennenswerten Ergebnissen vor der Wahl zu rechnen. Zudem musste Bundesumweltminister Altmaier die künftigen Verhandlungen an den Chef des Bundeskanzleramts, Roman Pofalla, abgeben, der noch einmal bis Mai Zeit bekommen hat, weitere Ergebnisse vorzulegen.

Was das für die Endverbraucher bedeutet, wird sich dann im Oktober zeigen, wenn endgültig feststeht, wie hoch die EEG-Umlage für das kommende Jahr wird. Die Bundesregierung ging dabei Anfang des Jahres bereits von einem erneuten Anstieg auf 7 Cent/kWh und damit auch einer massiven Erhöhung des Strompreises aus. Besonders ärgerlich, denn es standen beim Gipfel diverse Maßnahmen im Raum, die dies hätten verhindern oder zumindest abmildern können.

Warum ist der Strompreis aber überhaupt so hoch? Immerhin ist alle paar Tage in den Medien zu lesen, dass der Börsenstrompreis, wo Unternehmen bereits heute den Strom für die kommenden Jahre kaufen können, weiter fällt. Nur beim Verbraucher kommt davon nichts an.

Aus diesem Grund wollen wir uns heute einmal näher mit dem Strompreis beschäftigen und einige fatale Wechselwirkungen aufzeigen, die dazu führen, dass auch weiterhin vor allem der Verbraucher die Zeche für die Unfähigkeit der Politik zahlt, in dieser Sache zu einer vernünftigen Entscheidung zu kommen.

 

EEG-Umlage

Wie bereits letzte Woche im ersten Artikel unserer Reihe aufgezeigt, kommt zum normalen Strompreis in Deutschland seit dem Jahr 2000 die EEG-Umlage dazu. Diese wurde damals im Zuge der ökologischen Steuerreform eingeführt, um der Branche der Erneuerbaren Energien den Weg auf den Strommarkt zu erleichtern und dafür zu sorgen, dass mehr Ökostromanlagen gebaut werden. Das EEG beinhaltet einen Einspeisevorrang und einen für die nächsten 20 Jahre garantierten Abnahmepreis für Ökostrom, um die Anlagen unabhängiger von den Schwankungen des Strompreises und damit attraktiver für Investoren zu machen. Die Differenz zwischen diesem Festpreis und den aktuellen Preisen, wie sie an der Strombörse in Leipzig gehandelt werden, sollte nun durch einen geringen Aufschlag, den alle Stromabnehmer zu zahlen haben, ausgeglichen werden. Somit war das geflügelte Wort 'EEG-Umlage' geboren, das heute in aller Munde ist.

Die EEG-Umlage führt mittlerweile zu der paradoxen Situation, dass der Börsenpreis für Strom zwar sinkt, da gerade auch durch den voranschreitenden Ausbau der Erneuerbaren Energien in den letzten Jahren ein immer größeres Angebot an Strom auf dem Markt ist, der Verbraucher aber nicht davon profitiert – ganz im Gegenteil. Seitdem die EEG-Umlage im Jahr 2000 mit 0,20 Cent pro kWh eingeführt wurde, ist sie in den letzten Jahren geradezu explodiert: Betrug sie im Jahr 2008 noch 1,16 Cent/kWh, liegt sie mittlerweile bei saftigen 5,277 Cent – Tendenz: stark steigend. Die Ursache hierfür ist vor allem bei denjenigen zu suchen, die gar nichts zahlen: Für stromintensive Unternehmen wurde nämlich von Anfang an eine Ausnahmeregelung bei der EEG-Umlage erlassen: Betriebe, deren Stromverbrauch über einer bestimmten Anzahl an Kilowattstunden im Jahr liegt, sind von der Umlage teilweise bzw. ganz befreit. Diese Ausnahmeregelungen werden für das Jahr 2013 sogar noch erweitert, sodass sich die Last der EEG-Umlage auf immer weniger Schultern verteilt.

 

Netzentgelte

Auch eine weitere Umlage hat sich in den letzten Jahren zu einem großen Preistreiber auf der deutschen Stromrechnung entwickelt. Das liegt wiederum nicht primär am Ökostrom selbst, sondern erneut an den Unternehmen, die von den Gebühren befreit sind. Denn die Regierung gewährt den besonders stromintensiven Unternehmen neben der Befreiung von der EEG-Umlage zusätzlich auch noch eine Befreiung von den Netzentgelten, damit sie auf dem internationalen Wettbewerb eine Chance gegen billigeren (Atom-)Strom aus dem Ausland haben.

Die Anzahl dieser Ausnahmen hat sich in den letzten Jahren stetig nach oben entwickelt. Als Verbraucher kann man sich manchmal wirklich nur noch am Kopf kratzen kann, wenn man sieht, wer alles von der Zahlung befreit ist: Warum beispielsweise Golfplätze (!), die definitiv nicht in Konkurrenz mit Unternehmen aus dem Ausland stehen, keine Umlage zahlen müssen, erschließt sich dem normalen Strompreiskunden natürlich nicht. Auch Schlachthöfe, Getränkehersteller oder Verkehrsbetriebe finden sich auf der illustren Liste der Ausnahmen wieder – und die Zahl der Unternehmen, die sich befreien lassen, steigt jährlich. Im Jahr 2012 liegt die Summe der Einsparungen der 202 befreiten Betriebe bereits bei 400 Millionen Euro, für das nächste Jahr sind laut Prognose von n-tv Befreiungen von 800 Millionen Euro zu erwarten – auch hier Tendenz steigend, denn immer mehr Betriebe stellen einen Antrag auf Befreiung.

Wie bei der EEG-Umlage wird die zu zahlende Last von immer weniger Verbrauchern getragen. Hinzu kommen durch den Netzausbau noch steigende Netzentgelte. An sich eine Entwicklung, die nicht mit dem Boom der Ökostrombranche zusammenhängt – hätten die Energieproduzenten in den letzten Jahrzehnten den Netzausbau nicht zugunsten ihrer Gewinnbilanzen sträflich vernachlässigt. So machte Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck letztens in der FAZ (28.02.2013, Online-Ausgabe) deutlich, dass die Infrastruktur des Stromnetzes in Deutschland noch aus Zeiten von Helmut Schmidt (380-Kilovolt-Netz) bzw. gar Ludwig Erhard und Konrad Adenauer (220-Kilovolt-Netz) stammt! Und da die Politik in den vergangenen Jahren versäumt hat, hier ordentlich Druck auszuüben, muss nun wieder einmal der Verbraucher die Zeche zahlen. Zusätzlich wird ihm weisgemacht, dass der derzeit forcierte Netzausbau allein den Anforderungen des schwankenden Ökostroms geschuldet ist.

Anstatt jetzt aber hier endlich einmal anzusetzen und die Ausnahmeregelungen konsequent nur noch auf Unternehmen anzuwenden, die auch tatsächlich die internationale Konkurrenz zu fürchten haben, kuscht die Regierung vor der Wirtschaft und schreckt vor der Beschneidung bzw. konsequenten Anwendung der Ausnahmeregelungen zurück. Vor allem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler kann auf seine Stammwähler nicht verzichten und knickt regelmäßig vor der energieintensiven Industrie ein, wenn die Forderung nach einem Ausnahmestopp aufkommt. In den vergangenen Gesprächen war dies vor allem der Ansatz der rot-grün geführten Bundesländer, die hier stärker durchgreifen wollten, was letztlich aber am vergangenen Donnerstag erneut verhindert worden ist.

Hilfe könnte nun allerdings von der Justiz kommen: Bisher hieß es stets, dass die Befreiung von den Netzentgelten aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gerechtfertigt wäre. Nun aber hat das Oberlandesgericht in Düsseldorf in einem Urteil vom 6. März 2013 diese Befreiung für nichtig erklärt – eine gesetzliche Grundlage sei durch das EEG eben gerade nicht gegeben.

Fast parallel dazu hat auch die EU-Kommission ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet, in dem ebenfalls genau diese Ausnahmeregelung in den Fokus geraten ist. So unterstellt die Kommission der Bundesregierung unerlaubte staatliche Beihilfe, auf gut deutsch Wettbewerbsverzerrung, da eine Benachteiligung der internationalen Mitbewerber vorliegt. Experten erwarten laut IWR innerhalb der nächsten acht Monate ein Urteil. Sollte die Kommission Beihilfe feststellen, müssten die entsprechenden Unternehmen die Gebühren nachzahlen – keine rosige Aussichten in Zeiten ohnehin schwacher Wirtschaft.

 

Stromsteuer

Aber EEG-Umlage und Netzentgelte sind nicht die einzige Preistreiber, auch wenn es von der Regierung gern so dargestellt wird. Auf der Stromrechnung versteckt zwischen anderen Abgaben findet sich zum Beispiel der Part, von dem die Regierung selbst ebenfalls kräftig durch die hohen Strompreise profitiert: Die Stromsteuer. Ebenfalls eingeführt im Zuge der ökologischen Steuerreform war die eigentliche Intention dieser Steuer, die Strompreise künstlich in die Höhe zu treiben, um die Verbraucher dazu zu veranlassen, weniger Strom zu verbrauchen. Die Einnahmen aus dieser Steuer wiederum fließen in die Rentenkasse, was eigentlich dazu dienen sollte, die Lohnnebenkosten zu senken und Arbeit billiger zu machen. Die Stromsteuer, seit ihrer Einführung immerhin konstant bei 2,05 Cent/kWh, ist auch der Ansatz der rot-grünen Bundesländer, um den Strompreis zu senken, plädierten sie doch für eine Senkung dieser Steuer auf 1,5 Cent/kWh. Mit diesem Vorschlag war allerdings kein Vorbeikommen an Finanzminister Schäuble, der eine Senkung der Stromsteuer kategorisch ablehnt. Kein Wunder, kann er es sich doch keinesfalls leisten, demnächst vor die Presse treten und neue Löcher in der Rentenkasse erklären zu müssen.

 

Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer

Zu guter Letzt kommt zusätzlich zu dem Abgabenberg noch ein Posten dazu, der in der öffentlichen Diskussion immer wieder unter den Tisch gekehrt wird: Die Umsatz- bzw. Mehrwertsteuer in Höhe von 19 Prozent. Und je höher der Grundbetrag, desto mehr Steuern müssen abgeführt werden. Als die EEG-Umlage eingeführt wurde, lag der Mehrwertsteuersatz übrigens noch bei 16 Prozent, was wieder einmal deutlich macht, dass die Regierung doppelt und dreifach an den Stromkunden verdient.

Sollten sich die Prognosen einer erneuten Steigerung der EEG-Umlage gegen Ende des Jahres auch noch bestätigen, winken der Bundesregierung also weitere saftige Zusatzeinnahmen auf Kosten der Stromkunden, weshalb nicht nur das (Stromkosten-)Vergleichsportal Verivox bei Focus.de eine Aussetzung der Mehrwertsteuer auf die Stromkosten vorschlug (21.03.2013). Andere Stimmen sprachen zumindest von einer Senkung der Umsatzsteuer auf den niedrigeren Satz von 7 Prozent, aber auch hier stellte sich die Regierung quer.

 

Fazit

Schaut man sich seine Stromrechnung etwas genauer an, findet man allein aufgrund der Vielfalt an Umlagen und Steuern diverse Möglichkeiten, die Kosten zu senken. Allein: Die Politik ist sich nicht darüber einig, welcher Weg einzuschlagen ist, da vor allem die Interessen potenter Lobbys im Vordergrund stehen. Stromkunden gehören nicht zu diesen Lobbys.

Mit Vorschlägen zur Lösung dieses Problems werden wir uns in einer der nächsten Ausgaben unserer kleinen Artikelserie beschäftigen, denn sie sind ebenso vielfältig wie zahlreich.

 

Quelle:
Windmesse Online Redaktion
Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Link:
www.windmesse.de/...
Windenergie Wiki:
Bundesnetzagentur



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