David gegen Goliath bei Availon
Fehlermeldung: Großkomponente defekt
Seit der Errichtung der Windenergieanlage (WEA) mit einem Mobilkran sind schon einige Jahre vergangen und bis dahin produzierte die Anlage, bis auf ein paar kleine Störungen, einwandfrei. Die regelmäßige halbjährliche Wartung erledigt ein Service-Team mit Servicefahrzeug. Auch für Arbeiten an den Rotorblättern wird an der Anlage eine Arbeitsbühne auf einem Anhänger gebraucht. Doch auf einmal sieht die Welt anders aus. Nachdem die Servicetechniker die WEA nach einer Fehlermeldung untersucht haben heißt die Diagnose: Großkomponente defekt.
Ab jetzt beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Jeder Tag des Stillstands beeinträchtigt die Anlagenverfügbarkeit und der Produktionszähler steht still.
Bei einem Serviceunternehmen wie Availon stellt sich der Fall wie folgt dar:
Fällt ein Generator oder Transformator in einer Anlage aus, meldet sich zunächst der Kunde, um ein Angebot für den Austausch zu erhalten. Ein Disponent prüft in diesem Zusammenhang sofort, ob die entsprechende Großkomponente verfügbar ist.
Ist das der Fall muss er klären, in welcher Nabenhöhe die Arbeiten durchgeführt werden sollen, denn davon ist die Wahl des Schwerlastkrans abhängig. Anschließend werden Informationen zur Verfügbarkeit entsprechender Kräne sowie Angebote von Kranunternehmen eingeholt. Diese wollen natürlich zunächst wissen, ob die Zuwegung zur defekten Anlage überhaupt für das Gewicht und die Dimensionen eines spezifischen Schwerlastkrans sowie des Transporters mit den Krangewichten ausgelegt ist.
Im ungünstigsten Fall muss die Zuwegung eigens hierfür befestigt werden. Akzeptiert der Kunde unser Angebot, kümmert sich das Kranunternehmen um die weitere Logistik, wobei u.a. die Fahrtstrecke des Schwerlastkrans unter Einhaltung sämtlicher Vorschriften und Bestimmungen festzulegen ist. Während dieser gesamten Prozedur steht die betroffene Anlage still.
Wertvolle Zeit geht aber nicht nur bei der Planung eines solchen Einsatzes verloren. Auch für die Aufstellung des Schwerlastkrans können je nach Anlagenstandort und Nabenhöhe bis zu zwei Tage ins Land gehen. Und selbst dann sind noch weitere ungeplante Verzögerungen durch schlechte Witterungsverhältnisse oder ungünstige Windbedingungen vor Ort möglich. Besonders weil die Dachfläche angehoben werden muss, kann das nur bis zu mittleren Windgeschwindigkeiten passieren, da es sich um eine große Fläche mit einem geringen Gewicht handelt. Ist das Dach erst vom Maschinenhaus entfernt, sind alle Komponenten ungeschützt der Witterung ausgesetzt.
Hier ist besonders der Mittelspannungstransformator im hinteren Teil der Anlage betroffen, da dieser mit der Schutzklasse IP00 weder Schutz vor Feuchtigkeit noch vor Berührung hat.
Großkomponenten bis zu acht Tonnen bewegen
Mit einem neuen, von Availon entwickelten internen Kransystem lassen sich nun Großkomponenten in Anlagen vom Typ Vestas® V80 VCS®, V90 2.0 MW und V66 Anlagen auf sehr elegante und kostenbewusste Weise austauschen. Und das ohne Einsatz eines Schwerlastkrans! Der markenübergreifende Serviceanbieter nutzt hierzu die bereits in Vestas®-Anlagen vorhandene Kranbahn sowie die für ein Gewicht von rund acht Tonnen ausgelegte Laufkatze. In diese Laufkatze wird eine Winde montiert und hieran eine spezielle Traverse befestigt, so dass sich Großkomponenten bis zu einem Gewicht von acht Tonnen anheben lassen. Die Traverse selbst ist zur Aufnahme verschieden großer Komponenten und somit auch unterschiedlicher Generatortypen variabel einstellbar. Ein zusätzlicher Vorteil des internen Krans liegt darin, dass die Komponente nun über den geöffneten Boden auf das Fundament abgelassen wird. Durch diesen Zugang entfällt die aufwendige Demontage des Maschinenhausdaches und das Maschineninnere bleibt vor Witterungseinflüssen geschützt.
Der interne Kran mit seinen 200 Kilogramm ist ein Leichtgewicht im Vergleich zu einem Schwerlastkran, der bis zu 200 Tonnen wiegen kann. Um einen Schwelastkran an seinen Einsatzort zu bringen sind etliche Fahrzeuge notwendig, weil das hohe Gewicht auf mehre Fahrzeuge verteilt werden muss. Die Kolonne besteht dann aus dem Schwerlastkran selbst, sowie den LKW mit den Gegengewichten und dem Ausleger. Auf der Baustelle wird noch ein zweiter Mobilkran benötigt, um die Anbauteile an den Schwerlastkran zu montieren. Um den Kran einsatzbereit zu machen werden in der Regel zwei Tage lang acht Arbeitskräfte benötigt.
Bisher war der interne Kran für die Großkomponenten Generator, Wärmetauscher und Transformator ausgelegt. Nun kommt in Form des Getriebes noch eine Weitere dazu.
Gesetzt den Fall eine Anlage mit defektem Getriebe steht in einem ehemaligen Tagebaugebiet, indem die Tagebaufläche im Zuge der Renaturierung wieder aufgefüllt und verdichtet wurde. Nach einiger Zeit ist es zu Erdbrüchen gekommen und das Befahren mit schwerem Gerät, zum Beispiel einem Schwerlastkran, ist nicht mehr möglich. Diese denkbar ungünstige Situation einer defekten Großkomponente ohne Möglichkeit des Zugangs für ein Schwerlastgerät wird durch die Neuentwicklung einer Spezialtraverse für den internen Kran komplett entschärft. Mit Hilfe der Traverse wird die defekte Stirnradstufe in der Anlage ausgetauscht. Die WEA geht nach kurzer Zeit wieder in Betrieb.
Der von Availon entwickelte interne Kran ist somit eine kostengünstige Innovation für effektiven Großkomponententausch.
Das Windmesse Technik-Symposium 2013 findet am 16. Mai 2013 im Hotel Hafen Hamburg statt: Zum Programm.
- Quelle:
- Availon United Wind Service
- Autor:
- Lorenz-Theo Feddersen
- Windenergie Wiki:
- WEA, Nabe, MW, Hamburg