AG Energiebilanzen: Pandemie schrumpft Energieverbrauch
Der Energieverbrauch in Deutschland wird in diesem Jahr voraussichtlich um 7 und unter ungünstigen Bedingungen bis zu 12 Prozent zurückgehen, prognostiziert die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) auf Grundlage der aktuellen Berechnungen für das erste Halbjahr. Bei einer schnellen und störungsfreien Erholung von den Auswirkungen der Corona-Pandemie rechnet die AG Energiebilanzen für das Gesamtjahr mit einem Verbrauchsrückgang im einstelligen Prozentbereich, bei einem erneuten Lockdown wäre dagegen eine zweistellige Verbrauchsminderung gegenüber dem Vorjahr möglich.
Nach Ablauf der ersten sechs Monate lag der gesamte Energieverbrauch mit 5.961 Petajoule (PJ) beziehungsweise 203,5 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) um 8,8 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Für die rückläufige Verbrauchsentwicklung sind vor allem die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie verantwortlich. Dabei fiel die Veränderungsrate beim Energieverbrauch merklich höher aus als der Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung, der 6,6 Prozent erreichte. Auch die im Vergleich zum Vorjahr vergleichsweise milde Witterung wirkte leicht verbrauchsdämpfend.
Der Rückgang beim Energieverbrauch erstreckt sich auf alle fossilen Energieträger; knapp zwei Drittel des Verbrauchsrückgangs von 575 PJ bzw. 19,6 Mio. t SKE entfielen allerdings auf Kohlen, so dass die AG Energiebilanzen für das erste Halbjahr mit einem kräftigen Rückgang der energiebedingten CO2-Emissionen in einer Größenordnung von mehr als 13 Prozent gegenüber 2019 rechnet. Für das Gesamtjahr erwartet die AG Energiebilanzen einen Rückgang in einer Spanne zwischen 10 und 17 Prozent bei den energiebedingten CO2-Emissionen.
Der Verbrauch von Mineralöl sank im ersten Halbjahr 2020 insgesamt um 6,7 Prozent. Vor allem bei den Kraftstoffen kam es zu kräftigen Absatz- und Verbrauchsrückgängen. Ottokraftstoffe lagen mit 13,5 Prozent im Minus, beim Dieselkraftstoff lag der Rückgang bei 8,6 Prozent. Der drastische Rückgang des Flugverkehrs verminderte den Absatz von Flugkraftstoff um 46 Prozent. Lediglich beim Heizöl kam es zu Absatzsteigerungen in der Größenordnung von 28 Prozent. Die Verbraucher haben vermutlich die günstigen Preise zu einer deutlichen Aufstockung ihrer Vorräte genutzt.
Der Erdgasverbrauch verringerte sich insgesamt um 4,6 Prozent infolge der milderen Witterung in den ersten beiden Monaten sowie einem geringeren Einsatz von Erdgas in verschiedenen Industriezweigen. Im Kraftwerksbereich kam es dagegen zu Absatzsteigerungen.
Der Verbrauch an Steinkohle nahm im ersten Halbjahr 2020 um knapp 25 Prozent ab. Beim Einsatz von Steinkohle in den Kraftwerken zur Strom- und Wärmeerzeugung betrug der Rückgang sogar knapp 30 Prozent. Diese Entwicklung ist vornehmlich auf die deutlich höhere Stromeinspeisung aus Wind- und PV-Anlagen sowie den stärkeren Einsatz von Erdgas zur Stromerzeugung zurückzuführen. Der Einsatz von Koks und Kohle in der Stahlindustrie reduzierte sich konjunkturbedingt um rund 19 Prozent.
Der Verbrauch von Braunkohle verringerte sich in den ersten sechs Monaten 2020 um 35,5 Prozent. Dieser erhebliche Rückgang hat vor allem drei Ursachen: Die stark gestiegene Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, die Überführung weiterer Braunkohlekraftwerksblöcke in die Sicherheitsbereitschaft sowie – insbesondere im zweiten Quartal – die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den nationalen und europäischen Strommarkt.
Bei der Kernenergie kam es infolge der planmäßigen Abschaltung des Kraftwerks Philippsburg zum Jahresende 2019 zu einem Rückgang der Stromproduktion um rund 13 Prozent.
Die erneuerbaren Energien steigerten dagegen ihren Beitrag zum gesamten Energieverbrauch im ersten Halbjahr 2020 um insgesamt 3 Prozent. Bei der Windkraft und Solarenergie gab es aufgrund günstiger Witterungsverhältnisse jeweils ein Plus von 10 Prozent. Bei der Biomasse kam es zu einem Minus von 1 Prozent. Die Wasserkraftwerke lieferten 1 Prozent mehr Strom.
Niedrige Stromverbräuche auch in den Nachbarländern sowie historisch niedrige Erdgaspreise führten zu deutlichen Verschiebungen in der europäischen Stromerzeugungsstruktur. Deutschlands negativer Stromaustauschsaldo mit seinen Nachbarstaaten fiel daher im ersten Halbjahr 2020 wesentlich geringer aus als im Vorjahreshalbjahr. Nicht nur die Strommenge, die aus dem Ausland nach Deutschland floss, nahm deutlich zu, auch die Stromflüsse aus Deutschland in die Nachbarstaaten gingen zurück.
- Quelle:
- AG Energiebilanzen
- Autor:
- Pressestelle
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