2024-04-20
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COP21: Ein Erfolg, aber was bleibt wirklich?

Am Samstagabend war es so weit: Der französische Konferenzpräsident Laurent Fabius, der in den vergangenen zwei Wochen den Klimagipfel geleitet hatte, verkündete der Welt Historisches: Die 196 Delegationen haben sich auf ein Abkommen einigen können. Nun soll gemeinsam versucht werden, die Erderwärmung auf unter zwei Grad, besser noch 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen.

Endspiel

Geschafft! Am vergangenen Samstag hat sich die Welt endlich auf ein neues Klimaabkommen verständigt. Vorausgegangen war diesem Ergebnis etwas, was man wohl am besten mit dem Pokalendspiel beim Fußball vergleichen kann: Nur ein Spiel entscheidet, es geht um alles oder nichts. Während der regulären Spielzeit konnten sich beide Teams nicht auf einen Sieger einigen, man musste in die Verlängerung. Auch hier kam noch kein Ergebnis zustande, sodass letztlich das Elfmeterschießen herhalten musste. Also wurden die entscheidenden Schützen bestimmt und ermittelten letzten Endes den Sieger. Der trägt den Namen Weltgemeinschaft und konnte zwar bisher einige Achtungserfolge verbuchen, aber nie den ultimativen Preis gewinnen.

Sieger wohin man blickt

Kommen wir von dieser bildlichen Beschreibung nun wieder zurück zu den tatsächlichen Ereignissen. Hinterher fühlten sich zumindest viele als Sieger der Verhandlungen. US-Präsident Obama verkündete per Social Media, dass unter amerikanischer Führung endlich ein Abkommen zustande gekommen ist. Die deutschen Medien konzentrierten sich währenddessen auf die Rolle von Bundeskanzlerin Merkel, die das Thema bereits beim G7-Gipfel auf die Agenda gesetzt und ihre Diplomaten im Vorfeld zu den bisher schwierigen Partnern in den Schwellenländern wie Brasilien geschickt hatte. Die Franzosen lobten sich dagegen selbst für ihre diplomatischen Fähigkeiten, denn Konferenzpräsident Fabius griff in den letzten Tagen, als der Gipfel zu scheitern drohte, in die Trickkiste und setzte Diplomaten der Blockierer an die Spitzen von Arbeitsgruppen, die sich so aktiv an einem Ergebnis beteiligen mussten.

Glück gehabt

Letztlich muss man allerdings auch sagen, dass die Weltgemeinschaft Glück gehabt hat. Denn wäre der Gipfel bereits zu Beginn des Jahres ausgetragen worden, wäre eine Einigung wohl wesentlich schwieriger gewesen. So fand in der Zwischenzeit in zwei großen, als Gegner eines Abkommens bekannten Ländern ein Regierungswechsel statt. Kanada und Australien hatten sich in den letzten Jahren immer wieder einen Namen als Opposition in den Verhandlungen gemacht. Beide Länder sind stark abhängig von fossilen Energieträgern und haben erst spät angefangen, sich überhaupt mit erneuerbarer Energie auseinander zu setzen.

Der ehemalige australische Premierminister Tony Abbott gilt zudem als erklärter Gegner von Windenergie, er findet die Turbinen „hässlich“ und sorgte u.a. für einen Investitionsstopp in Windenergie. Der neue Premier Malcolm Turnbull machte diese Politik nun rückgängig: So erklärte das Umweltministerium kürzlich, dass Gelder aus dem 7,2 Milliarden US-Dollar schweren staatlichen 'Clean Energy Finance'-Fond auch wieder in Windenergie investiert werden dürfen. Gleichzeitig möchte sich Australien künftig auf die Entwicklung von Offshore-Windenergie konzentrieren.

Erst im Oktober wurde auch in Kanada ein neues Staatsoberhaupt gewählt: Der liberale Politiker Justin Trudeau legte in seinem Wahlkampf viel Wert auf die Notwendigkeit einer kanadischen Energiewende und konnte mit diesem Thema einen überraschenden Wahlerfolg verbuchen. Diese neue Richtung der kanadischen Politik kam bei den Verhandlungen in Paris zum Tragen. Die Blockadehaltung wurde endlich aufgegeben.

Kein Durchblick

Und während die chinesische Delegation in Paris noch nach einer neuen Position für die Volksrepublik in der weltweiten Umweltpolitik suchte, machten zuhause vor allem Bilder aus dem von Smog geplagten Peking die Runde. Die Regierung musste schließlich sogar zu drastischen Mitteln wie Fabrikschließungen und Sperrstunden greifen, um zumindest akut das Schlimmste von der Bevölkerung abzuhalten. Das Ergebnis von jahrzehntelang verfehlter Umweltpolitik wurde so für die ganze Welt sichtbar und zwang auch China zum Einlenken in Paris.

Renewables sind 'trendy'

Der starke Druck von großen Konzernen aus der Wirtschaft dürfte ebenfalls zum Erfolg in Paris beigetragen haben. Die massiv Strom fressende IT-Branche entdeckte bereits in den letzten Monaten verstärkt die erneuerbare Energie und so verkündeten die Unternehmen fast im Wochenrhythmus neue Verträge zur Abnahme von Grünstrom. Bill Gates, Mark Zuckerberg und Co. warfen zu guter Letzt auch ihre eigenen Namen (und ihr Vermögen) mit in den Topf, um wirklich allen Menschen zu zeigen, dass Erneuerbare einfach 'trendy' sind. Da müssen dann selbst große Industrienationen ein Augenmerk auf diesen Trend werfen, schließlich will man ja seine größten Steuerzahler nicht vergraulen.

Auch deutsche Unternehmen sehen sich dem Klimaschutz verpflichtet und schmiedeten flugs eine Allianz, zu der unter anderem Adidas, Puma, die Commerzbank, Aldi Süd und REWE gehören. Laut Spiegel Online steht neben einer Selbstverpflichtung zu mehr Klimaschutz auch die Forderung an die Bundesregierung im Raum, härtere Gesetze zu beschließen.

Wohin geht die Reise?

Denn wie viel das Abkommen von Paris tatsächlich wert ist, muss sich nun in der Umsetzung zeigen. Zwar ist das Zustandekommen an sich bereits als historischer Erfolg zu werten, allerdings müssen jetzt die einzelnen Länder ihre Umwelt- und Energiepolitik entsprechend anpassen und korrigieren. Auch Deutschland leistet derzeit noch viel zu wenig, um das sichere Gelingen des Abkommens zu ermöglichen.

Und so dominierten in den vergangenen Tagen vor allem mahnende Worte die Medien. Zwar zeigten sich die meisten Umweltorganisationen zunächst einmal zufrieden mit dem Zustandekommen, warben allerdings auch gleich für härtere Maßnahmen in Deutschland. Unter anderem steht der Kohleausstieg auf der Agenda, der möglichst zügig umgesetzt werden muss. „Die Aufgabe des Jahres 2016 ist es, einen „Klimaschutzaktionsplan 2030“ zu beschließen. Dieser Plan muss die Dekarbonisierung Deutschlands konkret durchbuchstabieren. Wichtige Bestandteile davon sind ein Kohlekonsens zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung[…]“, kommentiert Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende, das Klimaschutzabkommen von Paris. „Auch Deutschland muss durch einen schnelleren Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas bei den eigenen Klimazielen nachschärfen“, fordert Olaf Tschimpke vom NABU.

Schweigen im Walde

Aber während sich viele deutsche Großunternehmen offenbar ihrer Macht bewusst sind und entsprechende Forderungen stellen, kommt aus der 'Branche der Betroffenen' viel zu wenig! In den vergangenen Tagen äußerte sich gefühlt Gott und die Welt zu dem Thema, aber diejenigen, die bereits seit Langem an der Umsetzung der Energiewende arbeiten, schwiegen sich kollektiv aus.

An der Börse konnte zwar das ein oder andere Unternehmen aus der Regenerativ-Branche zulegen (so stiegen die Aktien von Turbinenherstellern wie Vestas und Nordex steil), aber es wurde die Gelegenheit verpasst, sich jetzt in den Medien entsprechend laut Gehör zu verschaffen und sich für zukünftige Verhandlungen über eine Straffung der deutsche Klimaschutzziele in Position zu bringen. Stattdessen überließ die Branche der Erneuerbaren einmal mehr den Schwarzsehern das Feld. So verwundert es nicht, dass kurz nach dem ersten Jubel über das Abkommen, bereits wieder Berichte über die negativen Folgen die Medienlandschaft dominierten. Wer soll das denn nur alles bezahlen? Sicherlich wieder der kleine Stromendabnehmer, dem jetzt noch viel mehr aufgebürdet wird etc. pp.

Die Regenerativ-Branche hat so die vielleicht einmalige Chance verpasst, auch den letzten Zweiflern in der Bevölkerung mit positiver Berichterstattung zu zeigen, dass die Energiewende eine Erfolgsgeschichte ist – und auch in Zukunft bleiben wird. Hier muss schleunigst ein Umdenken her. Paris hat gezeigt, dass Offensive Trumpf ist! Vielleicht ein guter Vorsatz für nächstes Jahr?

Autor:
Katrin Radtke
Email:
kr@windmesse.de
Windenergie Wiki:
Turbine, Trump, Offshore, Energiewende, Dekarbonisierung



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