2024-11-21
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Kampf gegen Windmühlen

Es ist ein Kampf gegen Windmühlen – im wahrsten Sinne des Wortes: Die EU-Kommission hat ihren Plan zur künftigen Taxonomie-Verordnung vorgelegt. Demnach sollen Atomenergie und Erdgas als nachhaltig deklariert werden – der Protest folgte prompt.

Eigentlich ist die Taxonomie-Verordnung der EU als Instrument gedacht, um Anleger*innen Orientierung zu geben und Kapital in den Umbau von Energieproduktion und Wirtschaft zu lenken. So sollen auch private Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte einen Beitrag zum europäischen Grünen Deal leisten können.

Nun ist über die noch nicht verabschiedete Ordnung der erwartete Streit ausgebrochen. Ausgerechnet in der Silvesternacht veröffentlichte die EU-Kommission die lang erwarteten Empfehlungen – und deklarierte darin Atomenergie und Erdgas als grüne Energien für den Übergang. Sie werden also als nahezu ebenso zukunftsträchtig eingeschätzt wie Sonnen- und Windkraft.

Den Protest vor allem aus Deutschland konnte die EU damit allerdings trotzdem nicht verhindern. Der neue Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister und Vorsitzende der Grünen Robert Habeck kritisiert: „Die Vorschläge der EU-Kommission verwässern das gute Label für Nachhaltigkeit. Es hätte aus unserer Sicht diese Ergänzung der Taxonomie-Regeln nicht gebraucht. Eine Zustimmung zu den neuen Vorschlägen der EU-Kommission sehen wir nicht.“ Er spricht von „Greenwashing“ und hofft, dass die Regeln keine Akzeptanz auf dem Finanzmarkt finden werden.

Dabei ist das Problem hausgemacht, wie die Zeit betont: „Die Bundesregierung muss nun einen schwierigen Spagat vollziehen: Öffentlich spricht sie sich gegen die Kategorisierung von Atomkraft als grüne Energie aus, bei den EU-Verhandlungen des vergangenen Jahres stimmte Deutschland dem Deal – Erdgas gegen Atomkraft – aber zu. Denn allen Beteuerungen zum Trotz war die alte Bundesregierung federführend in den Verhandlungen dank ihrer Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dank ihres traditionell großen Einflusses in Brüssel. Auch der damalige Finanzminister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz war an dem Deal beteiligt, gegen den sich sein neuer grüner Koalitionspartner auflehnt.“

Der Plan der EU war, mit der Taxonomie-Verordnung weltweit ein grünes Vorbild zu sein. Das ist nun gründlich schief gegangen. (Bild: Pixabay)

Während sich in den Verhandlungen der EU Frankreich für die Aufnahme von Atomkraft einsetzte, forderte Deutschland – noch vertreten durch die Große Koalition – eine Aufnahme von Erdgas in die Verordnung. Das fällt der neuen Regierung nun auf die Füße. Schon in den Koalitionsverhandlungen konnten sich die drei Regierungsparteien der Ampel offenbar nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Nun droht bei der Abstimmung in der EU ein fauler Kompromiss: Wie Reuters berichtet, vereinbarte man letztlich hinter verschlossenen Türen, einen Kampf gegen den Kompromissvorschlag der Europäischen Kommission zu vermeiden und sich bei der Abstimmung zu enthalten, wenn die EU-Staats- und Regierungschefs auf einem Gipfeltreffen später in diesem Jahr das letzte Wort haben werden, sagten zwei mit der Entscheidung vertraute Personen unter der Bedingung der Anonymität.

Den offenen Kampf gegen die Verordnung überlässt die größte Volkswirtschaft Europas damit anderen, kleineren Ländern. So hat Österreich bereits mit einer Klage gedroht: „Die EU-Kommission hat gestern in einer Nacht- und Nebelaktion einen Schritt in Richtung Greenwashing von Atomkraft und fossilem Gas gemacht“, kritisiert die österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler laut Tagesschau. „Alleine der Zeitpunkt der Veröffentlichung zeigt schon, dass offensichtlich auch die EU-Kommission selbst nicht überzeugt von ihrer Entscheidung ist. Für Österreich ist aber ganz klar: Weder die Atomkraft noch das Verbrennen von fossilem Erdgas haben in der Taxonomie etwas verloren.“ Die Alpenrepublik hat bereits vor einigen Monaten ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kommt, dass zumindest Atomenergie nichts auf der Liste der nachhaltigen Technologien zu suchen hat. Derzeit prüft das Land, ob eine Klage gegen die EU-Verordnung Aussicht auf Erfolg haben könnte.

Hilft das nicht, bleibt nur auf die Selbstregulierung des Finanzmarktes zu hoffen, auch künftig vor allem in erneuerbare Energien zu investieren. Es wird ein Kampf gegen Windmühlen – so oder so.

Autor:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
EU, Taxonomie, Investition, Bank, Investore, Anleger, Atomenergie, Erdgas, Deutschland, Frankreich, Klimaschutz, nachhaltig, grün, erneuerbare Energie



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