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Schwächer als ein Beben in Alaska
In einem Webinar am 18. November 2020 wurden zentrale Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsvorhabens TremAc vorgestellt, welches vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert worden war.
Im Rahmen des TremAc-Projekts wurden die Windenergieanlage in Ingersheim und der Windpark Wilstedt untersucht, letzterer zum dritten Mal. Vorgestellt wurden die Ergebnisse der seismischen und tieffrequenten akustischen Messungen einschließlich Infraschall in der Nähe der Windenergieanlagen (WEA) und in Gebäuden. Auch wurden die Ergebnisse umfangreicher Befragungen der Anwohnenden zur Stresswirkung der WEA-Geräusche und Akzeptanz des Windparks über den Verlauf (2012, 2014, 2018) präsentiert. Das Besondere der Studie ist die Verknüpfung von Mess- und Befragungsdaten, um herauszufinden, warum Personen durch WEA stark belästigt sein können.
Die Messungen vor Ort wurden vom Geophysikalischen Institut (GPI) sowie dem Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik (IBF), beide vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und dem Lehrstuhl für Windenergie der Universität Stuttgart (SWE) durchgeführt. Zu den Wirkungen der WEA haben die Arbeitsgruppe Gesundheits- und Umweltpsychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) sowie die Arbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld (UBI) Anwohnende befragt. Die wpd windmanager GmbH & Co. KG unterstützte als Betreiberin das Projekt.
Im Fokus der Forschung standen vor allem Schallemissionen im tief- und niederfrequenten Bereich. Vergleichbar mit Erschütterungen durch Erdbeben breiten sich die elastischen Wellen von WEA aus. In drei Messkampagnen konnten keine spürbaren Auswirkungen auf den Menschen nachgewiesen werden. Selbst ein Erdbeben in Alaska sei 25-mal stärker nachweisbar als das durch WEA bedingte seismische Geschehen in Wilstedt. Tieffrequente Schallanteile blieben unterhalb der menschlichen Hörschwelle, waren mess- aber nicht spürbar.
Die umweltmedizinischen und -psychologischen Ergebnisse bestätigen ebenfalls, dass es keinen Zusammenhang zwischen seismischen sowie tieffrequenten Messparametern und dem Erleben gibt. Eine Minderheit war durch hörbare WEA-Geräusche stark belästigt, gaben also neben einer Belästigung auch körperliche und psychische Symptome an (2012: 9.9 %, 2014: 6.8 %, 2018: 4.6 %). Stark belästigte Anwohnende sind häufiger Gegner des Windparks und haben eine negative Einstellung gegenüber der Windenergie allgemein. Sie fühlen sich belästigter durch das veränderte Landschaftsbild und ungerechter behandelt in der Planungsphase des Windparks. Sie sind geräuschempfindlicher und bewältigen WEA-Geräusche kognitiv ungünstiger.
Für die Gesamtschau der Ergebnisse wesentlich: die Partizipation im Planungsprozess ist bedeutender denn je. Gelingt ein respektvoller Austausch mit den ortsansässigen Menschen, lassen sich Beschwerden leichter prüfen und ggf. technische Maßnahmen zur Minderung finden. Zum Beispiel wurden 2017 die WEA des Windparks Wilstedt mit Flügelhinterkantenprofilen (Serrations) nachgerüstet. Je nach den lokalen Bedingungen gibt es mehr als nur ein Erklärungsmuster für empfundene Belästigungen durch Schallimmissionen: das besondere Schallphänomen, die sog. Amplitudenmodulation erwies sich z. B. 2012 als ein Lästigkeitsfaktor.
Insgesamt verdichten sich mit der TremAc-Studie jedoch die Erkenntnisse dahingehend, dass es bislang keine empirische Evidenz für eine gesundheitsschädliche Wirkung von WEA-Infraschall gibt.
Weiterführende Informationen:
- Blumendeller, E., Kimmig, I., Huber, G., Rettler, P. & Cheng, P. W. (2020). Investigations on low frequency noises on on-shore wind turbines. Acoustics, 2, 343–367.
- Zusammenfassender Schlussbericht zum Gesamtvorhaben
- Schlussbericht zu den Teilvorhaben: Wellenausbreitung und dynamische Baugrund-Bauwerks-Interaktion; Akquisition, Analyse und Interpretation von Körperschallemissionen und Bodenbewegungen; Einfluss der Tragstruktur
- Tremac Abschlussbericht zu den Teilvorhaben: Aerodynamische und aeroakustische Simulation von Lasten und Schallquellen; Akustische Untersuchung einer Windenergieanlage mittels Mehrkörpersimulation und Schallmessung
- Schlussbericht zu den Teilvorhaben: Umweltpsychologische Analyse der Windenergie-Immissionswirkungen auf Akzeptanz und Wohlbefinden der Anwohner; Umweltmedizinische Analyse der Wirkung von Windenergieanlagen auf Gesundheit und Wohlbefinden von Anwohnern/innen
- Abschlussbericht im Teilprojekt: Einfluss der Triebstrangdynamik auf die Emission von Erschütterungen und Infraschall
- Quelle:
- Fachagentur Windenergie an Land
- Autor:
- Pressestelle
- Link:
- www.fachagentur-windenergie.de/...
- Keywords:
- Fachagentur Windenergie an Land, Studie, TremAc, Infraschall, Erdbeben, Auswirkung, Messung, Windpark, onshore, Gegner, Einstellung
- Windenergie Wiki:
- WEA, Turbine