2024-10-07
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Weltrisikobericht: Globale Katastrophen schon in wenigen Jahren sehr wahrscheinlich

Newsletter Hans-Josef Fell: Gier, Egoismus, Gleichgültigkeit und Lügen führen die Welt in Katastrophen

Bild: PixabayBild: Pixabay

Auf dem Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos wurde der globale Weltrisikobericht 2024 vorgestellt.

Er kommt zu sehr erschreckenden, aber wohl auch zutreffenden Einschätzungen.

In einer Befragung von fast 1.500 Fachleuten und Risikoanalysten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hält ein gutes Drittel schon in den kommenden zwei Jahren eine globale Katastrophe für wahrscheinlich. Zwei Drittel erwarten sie im Zeitraum von zehn Jahren.

Es ist die große Gemengelage von Erderhitzung mit der Zunahme von Extremwetterkatastrophen, Nahrungsmangel, sich ausweitenden Kriegen, sozialen Ungerechtigkeiten, Unterdrückungsregimen undemokratischer, autokratischer, korrupter Herrscher. Die größte Ursache, die alle diese schlimmen Entwicklungen weiter vorantreibt, ist die Verbreitung von Lügen und Desinformationen, anstelle von Wahrheiten.

Gerade künstliche Intelligenz (KI) wird immer häufiger eingesetzt, um Falsch- und Desinformationen zu verbreiten und eigene Interessen gegenüber dem Gemeinwohlinteresse durchzusetzen. So findet die Menschheit keinen Ausweg aus dem aktuellen Pfad zur Klimahölle und schlittert immer tiefer in Katastrophen.

Schon lange beobachte auch ich Desinformation, Gleichgültigkeit und Lügen als Hauptprobleme

Längst sind die Probleme bekannt und Lösungsstrategien beschrieben. In tausenden meiner Gespräche stoße ich seit vielen Jahren immer wieder auf großes Unwissen bei vielen Gesprächspartnern. Sie haben zahlreiche Argumente sofort auf Lager, warum eine Umstellung bei ihnen persönlich und in der Gesellschaft nicht möglich sei. Es würde sowieso nichts bringen, sei zu teuer, sogar Umweltprobleme wären damit verbunden, wie beispielsweise bei Windkraft und Vögeln, E-Autos und seltenen Erden, und es gibt tausende weitere Ausreden. Eine Reflexion darüber, dass ihre Erdgasheizung, ihr Erdöltraktor, ihr Kohlestrombezug genau ihren persönlichen Beitrag dazu leisten, den Pfad zur Klimahölle weiter zu beschleunigen, findet nicht statt. Es wird abgewunken, es sei doch alles nicht so schlimm, es würde auch nicht so schlimm kommen, das mit dem Klima sei nur Panikmache oder sogar, es gäbe überhaupt keinen Einfluss der Menschen auf das Klima.

Die Aufheizung der Erde nimmt dramatisch schnell zu: 1,5°C wurden faktisch im Jahr 2023 erreicht

Die jüngste Entwicklung des irdischen Klimas ist dabei äußerst alarmierend. 2015 wurde auf der Weltklimakonferenz in Paris völkerrechtlich verbindlich beschlossen, die Erderhitzung möglichst bei 1,5°C zu stoppen. Der Weltklimarat hatte mehrfach prognostiziert, dass diese Grenze wahrscheinlich irgendwann in den 30er Jahren überschritten würde, wenn die Weltgemeinschaft weiterhin so handelt wie bisher.

Aber nur acht Jahre später, im Jahr 2023, wurde diese Grenze mit 1,48°C faktisch erreicht, und 2023 wurde das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen.

Einen besseren Beleg für das komplette Versagen der Weltgemeinschaft, Regierungen, Unternehmen und gesellschaftlichen Gruppen kann es nicht geben. Jetzt braucht es endlich überall ein Innehalten und eine Neuaufstellung beim Klimaschutz. Mit der bisherigen Agenda, dem beschleunigten Aufheizen der Erde, werden wir in 15 Jahren auch 2°C überschreiten, mit den Folgen, die der Weltrisikobericht 2024 befürchtet: Globale Katastrophen über die gesamte Menschheit, auch bei uns. Daher muss endlich Schluss gemacht werden mit weiteren Emissionen, und die Atmosphäre von überschüssigem Kohlenstoff wieder gereinigt werden.

Achselzucken und Desinteresse über diese schlimmsten und anderen Nachrichten der Welt

Doch in den großen Medien war diese Hiobsmeldung eher eine Randnotiz. Die wenigsten Menschen bekommen das mit, die meisten interessieren sich kaum dafür und gehen über zum Tagesgeschäft mit dem täglichen Verbrennen fossiler Rohstoffe in Autos, Traktoren, Stromerzeugung, Industrie, Müllverbrennung. Ja, schlimmer noch: Bauern protestieren an den gleichen Tagen, an denen diese Meldung eigentlich wachrütteln sollte, mit Traktorblockaden und Gewaltandrohungen, weil sie weiter steuervergünstigten Diesel verbrennen und damit das Klima weiter massiv aufheizen wollen. Nicht zu verstehen ist, dass über 60 Prozent der BundesbürgerInnen die Bauernproteste auch noch für richtig halten.

Dabei droht noch ein ganz anderes Katastrophen- und Kriegsszenario: Die vom Iran unterstützte Terrororganisation Huthi beschießt immer mehr Schiffe auf der wichtigsten Schiffsroute durch das Rote Meer, und der Iran hat gerade einen Öltanker unweit der Straße von Hormus gekapert.

Wir kennen das Szenario bereits aus der Ölkrise 1972, als die arabisch dominierte OPEC wegen dem damaligen israelisch-palästinensischen Krieg der Welt den Ölhahn zudrehte. Alles spricht dafür, dass sich die Lage im Nahen Osten weiter zuspitzt. Wenn der Iran die Straße von Hormus sperren würde, würden etwa 30 Prozent der Weltöl- und Erdgaslieferungen gestoppt. Dann schießt der Rohölpreis vermutlich um das Doppelte oder mehr nach oben, und mit ihm würde sich auch ein steuerbefreiter Liter Agrardiesel im Preis verdoppeln. Ob dann wohl Bauernverbandspräsident Ruckwied seine Bauern auffordern wird, in Teheran die Straßen zu blockieren? Oder sieht er dann wenigstens ein, dass Pflanzenöl vom eigenen Acker des Bauern ein billiger, sicherer Treibstoff und bei naturgemäßem Anbau auch noch klimaschützend wäre?

Seit Jahren wird die Entwicklung immer schlimmer: Statt mit wahrheitsgemäßer, wissenschaftlich fundierter Analyse einen Ausweg aus den immer schlimmer werdenden katastrophalen Entwicklungen zu suchen, greifen immer mehr Partikularinteressen von machtbesessenen Gruppen aus Politik, Militär, Terrorgruppen, Medien zur Desinformation und zu Lügen, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Ein großer Teil der Bevölkerung fällt darauf herein und befördert noch die Aktivitäten dieser Zerstörung, ohne zu merken, dass sie selbst damit in den Abgrund gerissen werden.

Das Wachsen der klimawandel-leugnenden Partei AfD in Deutschland ist ein Alarmzeichen dafür. Auch die immer stärker um sich greifenden autokratischen Regierungen von Russland über viele afrikanische Staaten, Myanmar, Bangladesch, den Iran und sogar in Europa mit Slowakei, Ungarn, Serbien u.v.a.m. kümmern sich nicht um Klimaschutz, sondern suchen nur neue Einnahmen aus dem fossilen Energiegeschäft.

Fossile Wirtschaft verhindert Klimaschutz durch gezielte Kampagnen, Desinformationen, bis hin zur Korruption

Hauptverantwortlich für die Verhinderung von Klimaschutzmaßnahmen ist die fossile Wirtschaft. Sie setzt alles daran, ihre Geschäftsinteressen vor dem Anstieg der klimafreundlichen erneuerbaren Energien zu schützen. Die wissenschaftliche Forschung hat längst aufgezeigt, in welchem Ausmaß durch milliardenschwere Kampagnen das Leugnen des Klimawandels und die Blockierung wirksamer Klimapolitik vorangetrieben werden.

Das globale Forschungsnetzwerk CSSN beleuchtet Akteure und Organisationen, die an der Verhinderung von Klimaschutz beteiligt sind. Es analysiert ihre Eigenschaften, Motivationen, Finanzierung und Taktiken. Die Forschung schreitet voran, indem sie untersucht, wie sich diese Aktivitäten auf Medien und das öffentliche Verständnis des Klimawandels auswirken und welche Auswirkungen sie auf die Klimapolitik haben. Die Erkenntnisse über das Ausmaß dieser Anti-Klimaschutz-Aktivitäten sind erschreckend.

Die meisten Menschen haben noch nicht begriffen, welche Herausforderungen auf sie und die Weltgemeinschaft zukommen

Große Teile der Gesellschaft sind sich gerade wegen den Desinformationskampagnen der fossilen Wirtschaft den enormen Veränderungen, die ein sich erwärmender Planet mit sich bringen wird, nicht bewusst. Sie glauben, sie könnten einfach so weitermachen wie bisher. Ja, es wird vielleicht ein paar heiße Tage mehr geben als zuvor, aber dafür gibt es ja doch eine Klimaanlage. Erhöhen wir den Thermostat um ein oder zwei Grad und alles wird gut. Und wenn wir im Winter weniger Heizkosten haben, wäre das doch auch gut. Solche Gedanken sind in der Bevölkerung weit verbreitet, bei einfachen BürgerInnen genauso, wie bei politischen Mandatsträgern, Journalisten oder hochbezahlten Managern.

Solche Gedanken sind erschreckend, weil sie einfach nicht die Realität abbilden. Die Realität mit Extremwetterereignissen ist in einigen Weltregionen heute schon so schlimm, dass Hausbesitzer oder Unternehmen gar keine Versicherung gegen solche Schäden mehr abschließen können. Im Schadensfall gibt es also keine Hilfe mehr, da auch staatliche Hilfen immer mehr an die Grenzen der Finanzierung stoßen. Und wenn dann erst mal die Existenz zerstört ist, dann ist es eben zu spät.

Wir alle sind nicht nur Opfer, sondern auch Täter

Richard Stiegler beleuchtet in seinem Buch „Warum uns der Klimawandel an innere Grenzen bringt“ die psychologische Seite des Phänomens, der großen Ignoranz und des Unwissens.

Sein Zitat von Gus Speth im Kapitel: Die tieferen Ursachen des Klimawandels, bringt vieles auf den Punkt:

„Ich dachte immer, dass die Hauptprobleme unserer Umwelt der Verlust der Artenvielfalt, der Kollaps unseres Ökosystems und der Klimawandel seien. Ich dachte, dass wir diese Probleme bewältigen können, wenn wir innerhalb von 30 Jahren wissenschaftlich nur gut vorankämen.

Aber ich habe mich getäuscht.

Unsere größten Umweltprobleme liegen in der Gier und unserer Gleichgültigkeit ... und um damit umzugehen brauchen wir einen spirituellen und kulturellen Wandel - und wie wir diesen Wandel anstoßen und vollziehen können, das wissen wir Wissenschaftler nicht.“

Solange wir, sei es als persönliche Entscheidungsträger oder als normale Bürgerinnen und Bürger, nicht bereit sind, unser Verhalten gemäß den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ändern, wird selbst eine noch so kostengünstige Solaranlage nicht installiert und die Gärten werden weiterhin mit Steinen verunstaltet, wodurch Blumen und Schmetterlingen der Lebensraum genommen wird. Wie diese spirituelle und kulturelle Veränderung erfolgen soll, werden uns Psychologinnen und Psychologen noch ausführlich erklären und entsprechende Konzepte entwerfen müssen.

Selbst aktiv werden

Es ist entscheidend, dass wir, diejenigen, die bereits die richtigen Schritte unternehmen, aktiver werden und so immer mehr Menschen überzeugen - natürlich auch durch das eigene Vorbild beim Bau von Solaranlagen und der Gründung von Bürgerenergiegemeinschaften. Ebenso wichtig ist das aktive Engagement in der Politik, beispielsweise als KandidatInnen bei Wahlen, um zu verhindern, dass die ewig Gestrigen endgültig die Mehrheiten erobern. Es ist auch von großer Bedeutung, die Vorstände in Unternehmen zu ermutigen, endlich den Schutz der Menschen vor der Klimakatastrophe zu berücksichtigen. Besonders wichtig ist es, mutig gegen die Desinformation in vielen Medien anzugehen, die sich nicht nur in der Bildzeitung gegen praktisch alle Klimaschutzmaßnahmen richtet. Ebenso wichtig ist es, sich mutig den Hetzern und Klimawandelleugnern entgegenzustellen, die aus dem rechtsradikalen Spektrum an verschiedenen Stellen in unserer Gesellschaft Oberwasser bekommen.

Eine kleine, aber besonders gute Aktion ist die Petition an den Bundestag und die Bundesregierung sowie der Antrag beim Bundesverfassungsgericht auf Grundrechtsverwirkung nach Artikel 18 GG gegen den Faschisten Björn Höcke. Dieser steht seit Jahren an der Spitze des AFD-Landesverbandes und agiert gegen die demokratisch verfasste Ordnung. Darüber hinaus leugnet er vielfach den menschengemachten Klimawandel. Faschisten wie er sollten ihre Grundrechte, wie beispielsweise das aktive und passive Wahlrecht, verlieren, dass sie in ihrer Wirkung stark blockiert werden. Vielleicht haben dann Wahrheiten wieder eine Chance mehr Gehör in der Gesellschaft zu finden.
 

Hammelburg, 16.01.24

Ihr Hans-Josef Fell

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998-2013 MdB für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 2000.
 
 

Quelle:
Hans-Josef Fell
Autor:
Hans-Josef Fell - Präsident der Energy Watch Group
Email:
sekretariat@hans-josef-fell.de
Link:
hans-josef-fell.de/...







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