2024-11-05
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Mit der Axt im Walde…

Der Blick in die Nachrichtenspalten kann einen dieser Tage verzweifeln lassen. Der Ton in der Politik ist spürbar rauer geworden, das große Vorbild sitzt derzeit in den USA auf dem Thron. Aber auch anderswo wird die Axt angesetzt, wenn es um Klimawandel geht.

758 Projekte aus dem Bereich der erneuerbaren Energien sollen in der kanadischen Provinz Ontario gestrichen werden. Die neue Provinzregierung löst damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen ein. Angeblich geschieht dies nur zum Wohl der Bürger, denn durch diese Maßnahmen sollen die Strom- und Wasserkosten sinken. Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, darf allerdings bezweifelt werden.

Die Projekte hätten allesamt noch keinen „Meilenstein erreicht“ und befänden sich noch „in der Frühphase“, erklärt Greg Rickford, der neue Energieminister in einer Mitteilung. "Wir haben klar versprochen, dass wir diese unnötigen und verschwenderischen Energieprojekte als Teil unseres Plans zur Senkung der Wassertarife um 12 Prozent für Familien, Landwirte und kleine Unternehmen streichen werden. In den letzten Wochen haben wir wichtige Schritte unternommen, um dieses Versprechen einzuhalten."

Dazu gehört auch, einen Windpark von wpd Canada, der sich schon im Bau befindet, zu streichen. Experten sind alarmiert und betonen, dass die Kosten für den Abbruch dieses Projekts höher sind, als wenn der Park einfach zu Ende gebaut wird.

Auch andere betroffene Projektentwickler sind entsetzt und haben Gegenmaßnahmen angekündigt. Es liegen immerhin Verträge für die Projekte vor und eine einseitige Kündigung dürfte auch für die Provinzregierung vor Gericht schwer durchzuboxen sein. Allerdings ziehen die Verfahren bedeutende Verzögerungen bei der Umsetzung der Ziele zum Klimaschutz nach sich – und den Verlust des Vertrauens bei Investoren, wie der kanadische Windenergieverband deutlich macht.

Ein Weiterbau wäre günstiger...

Wie viel Einfluss restriktive oder inkonsequente Politikerentscheidungen auf Investoren haben, zeigen unterdessen gerade veröffentlichte Zahlen der Internationalen Energieagentur IEA: Nach mehreren Jahren des Wachstums gingen die Investitionen in erneuerbare Energien, die zwei Drittel der Stromerzeugungsausgaben ausmachten, im Jahr 2017 um insgesamt 7 Prozent zurück. Jüngste politische Veränderungen in China, wo die Förderung von Solaranlagen massiv zurück geschraubt werden soll, erhöhen unterdessen das Risiko einer Verlangsamung der Investitionen in diesem Jahr weiter.

"Ein solcher Rückgang der weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz ist besorgniserregend", erklärt Dr. Fatih Birol, Geschäftsführer der IEA. "Dies könnte den Ausbau von sauberer Energie gefährden, die zur Erreichung der Ziele in den Bereichen Energiesicherheit, Klima und Luftreinhaltung erforderlich ist. Auch wenn diese Investitionen rasch steigen müssten, ist es enttäuschend, dass sie in diesem Jahr zurückgehen könnten."

Und noch weitere Maßnahmen könnten dazu beitragen, dass sich die Situation in den kommenden Jahren stärker verschärft. Vor allem aus den USA kommen mittlerweile fast wöchentlich neue verheerende politische Signale: So hat der mittlerweile zurückgetretene Scott Pruitt, bis vor Kurzem Leiter der amerikanischen Umweltschutzbehörde EPA, eine Richtlinie eingebracht, die im Falle ihrer Verabschiedung einem EPA-Administrator erlauben würde, Studienergebnisse bei Entscheidungen über Schadstoffe und andere Gesundheitsrisiken zurückzuhalten und nicht zu veröffentlichen. Vordergründig steht dabei die Privatsphäre von beteiligten Patienten im Raum, allerdings vermuten Umweltorganisationen, dass so die Forschung mundtot gemacht werden soll, wenn sie nicht im Sinn der Behörde agiert.

„Das hat nichts mit Transparenz zu tun“, sagte der demokratische Vertreter Paul Tonko aus New York bei der Anhörung im EPA-Hauptquartier laut Guardian. „Es ist eine kaum verschleierte Kampagne zur Einschränkung der Forschung, die kritische regulatorische Maßnahmen unterstützt.“

Luftverschmutzung? Fake News!

Auch in anderen Ländern verändert sich derzeit die Einstellung zu erneuerbaren Energien. So ändern immer mehr westliche Industrieländer ihre Fördersysteme und steigen auf Ausschreibungen um, wie Deutschland oder Großbritannien. Die umweltfreundliche Art der Energiegewinnung sei mittlerweile so kostengünstig möglich, dass eine Unterstützung durch Subventionen sich erledigt habe, ist dabei die Argumentation der Regierungen. Der Markt möge sich selbst regeln, wie anderwo auch.

In der Tat sind die Preise für Erneuerbare in den letzten Jahren signifikant gefallen, vor allem Solar und Wind sind längst auf einem Niveau mit fossilen Energieträger, teilweise preislich sogar darunter. Aber das marktwirtschaftliche System hat auch seine Nachteile, wie GreenBiz berichtet: Der Übergang gestaltet sich in vielen Ländern holprig.

Ein aggressiver Wettbewerb bei Ausschreibungen kann zu unrealistisch niedrigen Geboten führen, die sich nicht in konkrete Projekte umsetzen lassen – dies wird sich aber erst in einigen Jahren wirklich zeigen, wie das Beispiel Deutschland verdeutlicht: Die Bürgerwindenergieprojekte, die die ersten Ausschreibungsrunden dominierten, haben bis zu fünf Jahre Zeit, ihr Projekt umzusetzen – länger als dies professionellen Entwicklern zugestanden wird. Kommt es dann nicht zu einer Umsetzung entsteht eine Lücke, die nicht spontan geschlossen werden kann. Die Auftragsflaute wirkt sich in der Zwischenzeit auf die Lieferkette aus und sorgt für den Verlust von Arbeitsplätzen. Der Wettbewerb verschärft sich.

Solar und Wind spielen längst auf dem selben Preisniveau wie fossile Energieträger

Hoffnung machen derweil Initiativen von Industrieunternehmen wie Apple, das bei seinen Zulieferern in China künftig darauf achten will, dass mehr auf Erneuerbare gesetzt wird. Dazu wurde zunächst ein Fond eingerichtet, der in den kommenden vier Jahren 300 Millionen Dollar in Projekte aus dem Bereich der Erneuerbaren investieren will.

Auch einzelne Staaten scheren aus dem Konsens aus: So hat die irische Regierung angekündigt, das Geld aus dem Staatsfond in Zukunft nicht mehr in Projekte aus der fossilen Energiegewinnung zu investieren. Frei nach dem Motto: Geld regiert die Welt und haste nix, biste nix! Die einzige Möglichkeit, den fossilen Energieproduzenten langfristig den Geldhahn zuzudrehen.

Author:
Katrin Radtke
Email:
presse@windmesse.de
Keywords:
USA, Kanada, Irland, Fonds, Investition, erneuerbare Energie, Geld, Investor, Regierung, Politik, Studie, Windpark



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