Meldung von Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)
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Gabriel: "Unternehmen sind in der Lage, die Kosten des Kernenergieausstiegs zu tragen"
Dazu sagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel: "Der Stresstest zeigt: Die betroffenen Unternehmen haben bei der Rückstellungsbildung die Kosten vollständig abgebildet. Sie haben sich dabei an die einschlägigen Regeln gehalten. Die Vermögenswerte der Unternehmen decken in Summe die Finanzierung des Rückbaus der Kernkraftwerke und der Entsorgung der radioaktiven Abfälle ab. Das Kabinett wird, wie am 1. Juli zwischen den Koalitionsspitzen verabredet, in Kürze eine Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs einsetzen und den Entwurf des Gesetzes zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich beschließen. Die Ergebnisse des Stresstests werden der Kommission zur Verfügung gestellt. Aus dem Gutachten ergibt sich darüber hinaus kein neuer Handlungsbedarf. Selbstverständlich müssen die Energieversorgungsunternehmen die Kosten für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung des Atommülls tragen, auch das haben wir am 1. Juli bekräftigt. Die von den Unternehmen gebildeten Rückstellungen von 38,3 Milliarden Euro liegen innerhalb der von den Gutachtern gerechneten Szenarien. Die Szenarien mit den hohen Rückstellungswerten halten wir für unwahrscheinlich, da sie langfristig höhere wirtschaftliche Verluste unterstellen."
Das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten zur Überprüfung der Kernenergie-Rückstellungen in Deutschland wurde am Freitag veröffentlicht. Das Gutachten finden Sie hier.
Erstmalig werden in dem von der Wirtschaftsprüfergesellschaft Warth & Klein Grant Thornton AG erstellten Gutachten für die allgemeine Öffentlichkeit transparent die zu erwartenden Kosten in insgesamt fünf Kategorien (von Rückbau bis Endlagerung) aufgeschlüsselt.
Die von den betroffenen Unternehmen gebildeten Rückstellungen in Höhe von 38,3 Milliarden Euro basieren auf geschätzten Kosten zu aktuellen Preisen in Höhe von rund 47,5 Milliarden Euro. Mit dieser aus Sicht der Prüfer nachvollziehbaren Kostenschätzung, die alle Entsorgungsschritte vollständig abbilden, liegen die Unternehmen über internationalen Vergleichswerten: Die Rückbaukosten werden in Deutschland mit durchschnittlich 857 Millionen Euro je Reaktor geschätzt, während die geschätzten Kosten in anderen Staaten zwischen 205 und 542 Millionen Euro liegen. Das Gutachten legt auch dar, dass bei einem effizienten Rückbau ein Kostensenkungspotenzial von rund 6 Milliarden Euro besteht. Der von den Unternehmen bilanzierte Rückstellungswert von insgesamt 38,3 Milliarden Euro ist nach Auffassung der Wirtschaftsprüfer auf Grundlage der nachvollziehbaren Kostenschätzung der Energieversorgungsunternehmen (EVU) zu Kosten, Kostensteigerungen und Diskontierungszinssätzen korrekt berechnet. Die Gutachter konnten keine Beanstandung an der Bilanzierung der Rückstellungen feststellen.
Als wichtigste Einflussgröße für die Höhe der erforderlichen Rückstellungen erweisen sich zwei Parameter: Die Höhe der Diskontierungszinssätze und die erwartete nuklearspezifischen Kostensteigerung. Die von den Gutachtern auf Basis von unterschiedlichen Annahmen gerechneten Szenarien ergeben erforderliche Rückstellungen in einer Spannbereite von ca. 29 bis 77 Milliarden Euro, wobei insbesondere die Szenarien mit höheren Rückstellungswerten Zinssätze wie bei mündelsicheren Kapitalanlagen unterstellen. Bei Realisierung von zusätzlichen Kostensenkungspotenzialen kommt das Gutachten zu einem minimalen Rückstellungsbetrag von rund 25 Milliarden Euro. Der von den Unternehmen bilanzierte Wert von insgesamt 38,3 Milliarden Euro liegt also innerhalb der vom Gutachter berechneten Spannbreite.
Die von den Gutachtern vorgenommene Betrachtung der Vermögen der EVU zeigt, dass diese - in Summe - in der Lage sind, ihre atomrechtlichen Entsorgungsverpflichtungen zu erfüllen. Den EVU steht vor Abzug der Kernenergie-Rückstellungen ein marktorientiertes Reinvermögen (d. h. alle weiteren Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind bereits abgezogen) von rund 83 Milliarden Euro zur Begleichung der Kosten zur Verfügung. Auch in dem vom Gutachter errechneten Szenario mit den höchsten erforderlichen Rückstellungswerten wären diese also durch das Reinvermögen der EVU insgesamt abgedeckt. Auch bei einer Einnahmen-Ausgaben-Betrachtung kommen die Gutachter zu einem positiven Ergebnis: Die Entsorgungsausgaben können nach Ansicht der Gutachter bis zum Jahr 2099 von den Einnahmen der Unternehmen gedeckt werden. Diese Prognosen unterliegen naturgemäß großen Unsicherheiten.
Die Bundesregierung hat die Sicherung der langfristigen Finanzierung des Kernenergieausstiegs aufgegriffen und wird sie weiterverfolgen. Das Bundeskabinett wird eine Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) einsetzen und das Gesetz zur Nachhaftung für Rückbau- und Entsorgungskosten im Kernenergiebereich beschließen. Mit diesem Gesetz soll eine langfristige Haftung der Muttergesellschaften der Betreiber von Kernkraftwerken für atomrechtliche Rückbau- und Entsorgungsverpflichtungen eingeführt werden. Das Gutachten zum Stresstest wird der Kommission zur Verfügung gestellt werden. Ein unmittelbarer Handlungsbedarf - über das zu beschließende Gesetz zur Nachhaftung und das Einsetzen der Kommission hinaus - ergibt sich aus dem Gutachten nicht.
Es wird darauf hingewiesen, dass Ergebnisse und Feststellungen des Gutachtens die Bundesregierung in keiner Weise präjudizieren im Hinblick auf Schlussfolgerungen und Maßnahmen in politischen, gesetzgeberischen und gerichtlichen Zusammenhängen. Auch macht sich die Bundesregierung keines der dargestellten Szenarien, insbesondere auch die zu Grunde gelegten Zinssätze, zu eigen.
- Quelle:
- BMWi
- Link:
- www.bmwi.de/...